Berlin. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) hat sich erneut gegen den Einsatz von Oberleitungs-Lkw in Deutschland ausgesprochen. Die Bundesregierung muss sich nach Auffassung der im NEE organisierten Deutsche-Bahn-Konkurrenten davon verabschieden, Tausende Kilometer elektrischer Oberleitungen für schwere Lkw über Autobahnen zu bauen. Das Konzept sei aus Klimaschutzgründen mindestens unnötig, denn schwere Ferntransporte könnten größtenteils auf die Schiene verlagert werden, hieß es jetzt in einer Mitteilung.
Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE, sagte am Ostermontag gegenüber der Presse in Berlin: „Die Bundesregierung muss bei der Beratung des Klimaschutzgesetzes Farbe bekennen. Die Schiene kann liefern, benötigt dafür aber nach langer Vernachlässigung ein verlässliches Engagement des Bundes.“ Die diskutierte Größenordnung von Oberleitungen über 2500 Kilometern könnte wissenschaftlichen Schätzungen zufolge Ausgaben des Bundes in Höhe von 12 Milliarden Euro verursachen. Für den deutschlandweiten Schienenausbau stehen derzeit jährlich nur 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung, kritisierte Westenberger.
NEE sieht keinen Markt für Oberleitungs-Lkw
Oberleitungs-Lkw seien auch aus anderen Gründen eine klimapolitische Fata Morgana, so der NEE-Geschäftsführer. Zum Beispiel, weil sei für Teilstrecken ohne Oberleitung entweder einen zusätzlichen Verbrennungsmotor oder einen schweren Energiespeicher benötigten. Das führe zu höheren Kaufpreisen und einer geringeren Nutzlast. „Ohne gleichzeitige Elektrifizierung der Autobahnen im restlichen Europa ist die Technik für einen Großteil der heutigen Transporte irrelevant, denn Umladen an der Grenze ist weder eine logistische Option noch eine umweltfreundliche Alternative zur durchgehenden Beförderung auf der Schiene.“, ergänzte er. Deshalb könnten die Transportwirtschaft sie lange verschmähen.
Selbst eine vollständige Umstellung der Oberleitungs-Lkw auf CO2-frei erzeugten Strom könne deren Energieverbrauch nicht annähernd in die Nähe des Schienengüterverkehrs bringen. „Im Vergleich zum Lkw liegt heute der spezifische Energieverbrauch des schon zu 95 Prozent elektrisch erbrachten Eisenbahngüterverkehrs bei nur einem Viertel“, betonte Westenberger. „Bei rein elektrischen Antrieben würde sich der höhere Energiebedarf elektrischer Lkw sehr konkret in zusätzlich zu errichtenden Quadratkilometern Photovoltaikfläche, Windparks und Hochspannungsleitungen ausdrücken lassen.“ (ag)