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Polen Fuhrbetriebe fahren den Bahnen davon Die LKW-Unternehmen in Polen verzeichnen im laufenden Jahr entgegen dem Markttrend ein Wachstum. Ein Grund sind ihre konkurrenzfähigen und preisgünstigen Angebote. Allerdings verschlechtern sich die Prognosen zunehmend. Die polnischen LKW-Unternehmen machen mobil – der Krise in Europa zum Trotz. Nach den ersten acht Monaten 2012 haben die Firmen ihre Volumina um 9,6 Prozent auf 110,1 Millionen Tonnen gesteigert. Der größte Konkurrent hingegen – die Bahn – musste Einbußen in Höhe von neun Prozent hinnehmen und beförderte 150 Millionen Tonnen. Ebenso verzeichnete der dritte Mitbewerber, der Seetransport über die polnischen Ostseehäfen, Verluste, und zwar in Höhe von 1,4 Prozent auf 4,8 Millionen Tonnen. Insgesamt wurden in Polen damit 301,4 Millionen Tonnen befördert. Moderner Fuhrpark „Im internationalen Vergleich sind die polnischen Firmen faktisch schon konkurrenzfähig“, freut sich Tadeusz Wilk, Direktor bei der polnischen Straßengüterverkehrsvereinigung ZMPD im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Die Unternehmen verfügen seinen Aussagen zufolge über einen verbesserten Fuhrpark, der technologisch immer höherwertiger werde und immer weniger die Umwelt belaste. „Sie haben eine große Erfahrung“, unterstreicht der Funktionär und macht weiter Werbung für seinen Berufsstand: „Außerdem wird das Niveau ihrer Arbeit immer besser.“ Die polnischen Fuhrbetriebe haben dabei davon profitiert, dass die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Land bisher noch intakt gewesen sind. Die Prognosen der internationalen Volkswirte liegen zwischen 2,5 und 3 Prozent, womit das Land zur Spitzengruppe in Europa gehört. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hat Ende Oktober jedoch ihre Prognosen zurückgeschraubt. So soll das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr nur noch 2,5 Prozent statt wie bisher angenommen 2,9 Prozent zulegen. Der Einzelhandel und die öffentlichen Investitionen haben sich trotz der Fußball-Europameisterschaft (EM) schwächer als erwartet entwickelt. Da jedoch ein Zuwachs im Außenhandel zu verzeichnen war, wirkte sich die Verlangsamung der Gesamtwirtschaft bisher nicht so stark auf die polnischen Transportmärkte aus. Konkurrenzfähigkeit der Bahnen leidet „Zusätzlich sind die polnischen Firmen im internationalen Vergleich nicht die teuersten“, findet Wilk eine weitere Erklärung für den Aufwärtstrend der Branche. „Deswegen haben sie immer mehr Aufträge an sich gebunden“, so der ZMPD-Direktor. Besonders wichtig ist, dass die Straßentransporteure ihrem direkten Konkurrenten, der Bahn, Marktanteile abgejagt haben. Die ausbleibende Modernisierung des Schienennetzes und die größere Flexibilität der Fuhrbetriebe bei der Auftragsannahme sind zwei mögliche Ursachen. „Auch wir wachsen vor allem im internationalen Landverkehr sehr erfreulich“, erklärt der Geschäftsführer von Kühne + Nagel in Polen, Tobias Jerschke, im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Sein Unternehmen gewinne Marktanteile dank des breiten Produktportfolios sowie verstärkter Verkaufsaktivitäten. „Vor allem bei kleineren Spot-Geschäften ist der Preiswettbewerb nach wie vor sehr intensiv“, sagt der Manager. Unklar ist, inwieweit den Polen in Zukunft die Anbieter aus den osteuropäischen Ländern zur Konkurrenz werden können. „Auch diese Firmen entwickeln sich sehr dynamisch“, sagt ZMPD-Direktor Wilk. Sie modernisieren seinen Aussagen zufolge ebenso ihren Fuhrpark. Jerschke schätzt die Lage hingegen anders ein: „Im Landtransport ist kurzfristig nicht von großer Konkurrenz aus anderen osteuropäischen Ländern auszugehen.“ Mit ihrem guten Know-how und Qualitätsniveau seien die polnischen Transportunternehmen gut aufgestellt, und zwar besonders international. „Mittelfristig – das heißt erst in fünf Jahren – ist aber mit einem Markteintritt russischer, ukrainischer und weißrussischer Transportunternehmen zu rechnen“, sagt der Manager. Preisentwicklung uneinheitlich Anders sieht es seinen Aussagen zufolge im Bereich der Kontraktlogistik aus. „Hier steht beispielsweise die Region Schlesien in Süd-Polen mit Bratislava, Brünn, Ostrava und zum Teil auch mit Wien und Budapest im Wettbewerb“, analysiert Jerschke. Die Kunden erwarten seiner Beobachtung zufolge nationale und regionale Distributionsdienste mit Laufzeiten von maximal 48 Stunden. „Durch das eigene Netzwerk mit Logistikzentren und Stückgutterminals bieten wir flächendeckende Angebote an“, erklärt der Geschäftsmann. Ebenso eine unbekannte Größe ist die Entwicklung der Preise. „Zuletzt sind sie bei den Ost-Transporten gefallen“, erklärt Wilk. Aus seiner Sicht hängt dies damit zusammen, dass Russland die Zahl der Transportgenehmigungen für die polnischen Unternehmen erhöht hat. Polen hatte dem großen Nachbarn in zähen Verhandlungen so viele Zugeständnisse abgetrotzt wie noch nie zuvor. „Allerdings haben sich die Preise innerhalb der EU kaum verändert“, macht der ZMPD-Mann klar. „Und dort spüren wir die Krise schon“, sagt er. Denn es kommt seiner Beobachtung zufolge zu einem Zahlungsverzug bei den westlichen Kunden, der bei manchen polnischen Anbietern finanzielle Engpässe verursacht. Außerdem stehen zuhause bereits gewichtige Probleme an: Die Baubranche, ein wichtiger Kunde der Logistikindustrie, steht kurz vor dem Kollaps. Viele Firmen haben sich beim Preiskampf um die angeblich so lukrativen Aufträge für den EM-Stadienbau und die notwendige Infrastruktur für dieses Großereignis massiv übernommen. Sie mussten schließlich Insolvenz anmelden. Darunter befinden sich mit Hydrobudowa Polska und PBG auch zwei der größten Baukonzerne Polens. Da diese Branche neun bis zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet, befürchten Experten, dass die Zahlungsprobleme dieser Industrie auch auf andere Wirtschaftssektoren übergreift. „Wenn die Gesamtwirtschaft in eine Krise kommt, dann spürt die Transportindustrie dies natürlich auch“, gibt auch Wilk von der ZMPD zu. Die Branche merkt dies seinen Aussagen zufolge bereits jetzt. „Wir beobachten einen Rückgang bei der Zahl der Transportbestellungen“, so der Direktor. Die Auftraggeber seien bei den Verhandlungen sehr genau und versuchten, die Preise massiv nach unten zu drücken. „Darüber hinaus werden die Zahlungstermine für die Dienstleistungen immer weniger eingehalten“, so der Logistikfachmann. Die Eigentümer der Transportunternehmen würden immer pessimistischer. Es sieht so aus, als könnte es mit der bisherigen soliden Entwicklung der Branche schon bald vorbei sein. ❙❚■ Sebastian Becker, VR-Korrespondent Warschau In Polen ist das bisherige Jahr für LKW-Betriebe überraschend gut verlaufen – die Güterbahnen hingegen befinden sich im roten Bereich Fotolia/Aldorado; Archiv; Montage: VR/Alexander Wallnöfer Zahlen und Fakten zum polnischen Straßengüterverkehrsgewerbe 2011 Transportleistung: 207 Milliarden (Mrd.) Tonnenkilometer (+2,6 % zum Vorjahr) Gesamtumsatz: 63,5 Mrd. Zloty = 15,3 Mrd. Euro (+6,2 %) Anzahl der Firmen, die international tätig sind: 26.400 (+6 Prozent) Anzahl der Fahrzeuge im internationalen Verkehr: 148.000 (+8 Prozent) bec Quellen: ZMPD, statistisches Hauptamt GUS, polnisches Infrastrukturministerium, Eurostat Polen

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