Optionen für Toll Collect

Seit Antritt der neuen Amtsleitung im vergangenen Dezember gibt es im Bundesverkehrsministerium eine einheitliche Sprachregelung zum heiklen Thema Toll Collect. Und so überrascht es nicht, wenn Staatssekretärin Katherina Reiche im Gespräch mit der VerkehrsRundschau davon spricht, dass "derzeit alle Optionen ergebnisoffen, die der Betreibervertrag für den Zeitraum nach dem Ende der regulären Vertragslaufzeit bietet", geprüft werden. Ähnlich hatte es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kürzlich während der Haushaltsdebatte im Bundestag formuliert. Eine Entscheidung solle "im Laufe dieses Jahres fallen", hatte der CSU-Politiker gesagt, um sich zeitlichen Spielraum zu verschaffen. Drei mögliche Optionen hat der Bund: Die Verstaatlichung von Toll Collect, eine Vertragsverlängerung oder eine Neuausschreibung des Systems. Dass die Opposition von Hinhaltetaktik spricht, kann Dobrindt verschmerzen. Der Haushaltsexperte der Linksfraktion, Roland Claus, hatte angesichts des im August 2015 auslaufenden Vertrags mit Toll Collect eine zügige Entscheidung des Ministers angemahnt. Die SPD übt sich (noch) in koalitionspolitischer Zurückhaltung und spricht das heikle Thema lieber außerhalb des Parlaments an. "Nur dann, wenn wir selbst Eigentümer sind, werden wir in der Lage sein, die LKW-Maut in absehbarer Zeit auf allen Bundesstraßen zu erheben", warnte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Eine Verlängerung des Vertrags mit Toll Collect scheide aus, weil dieser in der bestehenden Form die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Ausweitung auf alle Bundesstraßen nicht vorsehe. Im Übrigen reiche die Zeit für eine Neuausschreibung nicht mehr aus. Stattdessen könne der Bund die sogenannte Call-Option ziehen, die eine zeitweise Übernahme von Toll Collect ermögliche, argumentiert Bartol. "Die Zeit drängt. Das weiß auch der Minister", formulierte es der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD), im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. In einer soeben veröffentlichten Antwort der Regierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen heißt es, dass der Bund Toll Collect ab 1. September jederzeit übernehmen kann. Alternativ könne der Betreibervertrag auch bis zu drei Mal um jeweils ein Jahr verlängert werden. Schiedsverfahren noch offen Doch die Anfrage enthält auch für die Verkehrspolitik wenig Erfreuliches über das Mautschiedsverfahren, in dem der Bund wegen des verzögerten Starts von den Betreibern Telekom und Daimler sieben Milliarden Euro Schadensersatz fordert. Das seit nunmehr zehn Jahren dauernde Verfahren sei noch nicht beendet, heißt es. Für Mai ist die erste mündliche Verhandlung unter dem neuen Schiedsrichter geplant. Im September/Oktober soll die Gegenklage von Toll Collect verhandelt werden. Vieles spricht dafür, dass das Schiedsverfahren und die Zukunft der Betreibergesellschaft nicht getrennt voneinander gesehen werden können. "Das Schiedsverfahren dient im Moment vor allem dazu, dass einige Anwälte in diesem Land richtig viel Geld verdienen", gibt Bartol die Meinung dazu nicht nur in der SPD wieder. Toll Collect Das ist der Stand heute Seit dem 1. Januar 2005 hat die Mautbetreibergesellschaft Toll Collect inzwischen rund 35 Milliarden Euro für die Bundeskasse eingenommen. Knapp 159.000 Spediteure mit gut einer Million LKW sind mittlerweile registriert, mehr als die Hälfte kommt aus dem Ausland. Der Vertrag läuft bis zum 31. August 2015. Für den Folgezeitraum hat der Bund drei Möglichkeiten: Vertragsverlängerung um maximal drei Jahre, Übernahme von Toll Collect (Call-Option) und die europaweite Neuausschreibung des Systems. jök