ÖPP - die nächste Generation

Trotz Kritik des Bundesrechnungshofs (BRH) und Bedenken des Koalitionspartners SPD treibt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt seine Pläne für den privat finanzierten Autobahnausbau voran. "Wir bringen in dieser Wahlperiode eine ,Neue Generation' von ÖPP-Projekten im Umfang von mehreren Milliarden Euro auf den Weg", kündigte der CSU-Minister an. Aus einem der VerkehrsRundschau vorliegenden Papier geht hervor, dass etwa Versicherungen oder Rentenfonds und nicht nur wie bisher Baukonzerne in großem Stil neue Teilabschnitte von Autobahnen finanzieren und später instand halten sollen. Dadurch würden "neue Spielräume zum Erhalt und Ausbau leistungsfähiger Verkehrswege" geschaffen, heißt es. "Dafür können jetzt auch neuartige Finanzierungsinstrumente wie Projektanleihen genutzt werden." Dobrindt hatte seine Präferenz für ÖPP stets erkennen lassen. Unter "Vorteile von ÖPP" führt er auf, dass Strecken dem Personenund Güterverkehr früher und leistungsfähiger zur Verfügung stünden. "Stau- und Unfallgefahr werden gemindert." In der neuen Projektliste finden sich zum Beispiel in Bayern der Ausbau der A 3 zwischen Biebelried und Erlangen, in Nordrhein-Westfalen die A 57 zwischen Köln und Moers oder in Niedersachsen die A 26. In Baden-Württemberg wird die A 6 aufgeführt, im Norden von Berlin die A 10 und die A 24. Die Kosten dafür liegen je nach Strecke zwischen 400 Millionen und 1,25 Milliarden Euro. Ausdrücklich heißt es: "Die Liste ist nicht abschließend und wird aktuell mit zusätzlichen Projekten weiterentwickelt." Das Bundesverkehrsministerium will die Projekte über das "Verfügbarkeitsmodell" (V-Modell) abwickeln. Die Vergütung des privaten Betreibers hängt vom Umfang und der Qualität der Verfügbarkeit der Strecke ab. Die Rendite der Investoren richtet sich also danach, wie schnell eine Strecke fertig wird und ob sie im Laufe der Vertragsdauer von 30 Jahren möglichst ohne Baustellen ist. Bei Einschränkungen werden Vergütungen reduziert. Ministerium verteidigt eigene Rechnung Das Ministerium weist die Kritik des BRH zurück, wonach fünf von bisher sechs vergebenen Projekten teurer als bei herkömmlicher Finanzierung gewesen seien. Kürzlich war auch im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages auf die Differenzen zwischen Bundesverkehrsminister und BRH in der Bewertung von ÖPP im Bundesfernstraßenbau hingewiesen worden. Das Ministerium macht eine andere Rechnung auf. Projektkosten dürften nicht isoliert betrachtet werden, heißt es in dem Papier. "Maßstab ist die Lebenszyklusbetrachtung (Kosten für Bau, Betrieb, Erhaltung und anteiliger Finanzierung, Risikobetrachtung, Projektnutzen)." Kaum war das Dokument bekannt geworden, warnte die SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann vor zu viel Euphorie. "ÖPP ist definitiv eins nicht: Bauen ohne öffentliches Geld. Die Beteiligung privater Investoren bei Bau und Betrieb ist nur dann sinnvoll, wenn es für den Steuerzahler günstiger wird." Lühmann verlangte Transparenz der Projekte, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) warnte: Der Staat dürfe sich seine Verantwortung für die Infrastruktur "nicht abkaufen lassen." "Den Steuerzahler kommen solche Geschenke an Bau- und Versicherungskonzerne teuer zu stehen", mahnte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer auf Bundesebene. Die ÖPP-Modelle Für ÖPP sind bisher drei Finanzierungsmodelle entwickelt worden:- Verfügbarkeitsmodell (V-Modell):Der private Partner baut, betreibt und unterhält den Autobahnabschnitt über einen vereinbarten Zeitraum. Die Vergütung richtet sich danach, wie gut die Strecke für den Verkehr verfügbar ist.- Ausbaumodell (A-Modell):Der Staat gibt die LKW-Mauteinnahmen für den privat finanzierten Abschnitt an den Betreiber weiter.- Betreibermodell (F-Modell):Benannt nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz aus den Neunzigerjahren; war beschränkt auf Sonderbauten wie Tunnel und Brücken; Betreiber erhebt die Maut selbst, auch für PKW. jök

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