Paris. Aus der am Atlantik gelegenen französischen Küstenregion Bretagne kommen derzeit nicht nur Negativnachrichten über die in Bedrängnis geratene Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie. Ein in Brest ansässiges Unternehmen mit Namen Trans Oceanic Wind Transport (TOWT) bemüht sich dort angesichts der schwindenden Weltvorräte an fossilen Brennstoffen und aus ökologischen Gründen um die Wiederbelebung der Seefracht. Auf dem umgerüsteten alten Thunfischfänger-Segler Le Biche, Baujahr 1936, hat TOWT kürzlich 30 Tonnen Fracht von Nantes über Brest nach Roscoff befördert, darunter 15. 000 Flaschen Wein von der Rhône, aus der Bourgogne und dem Loiretal, sowie Meersalz, ein Frachtvolumen von zwei Zwanzig-Fuß-Containern. Der Wein ist für das derzeit als weltbestes bezeichnete Restaurant „Noma“ in Kopenhagen bestimmt. Auf der Fahrt dorthin nimmt der Segler eine Ladung roter Zwiebeln von den Feldern um Roscoff mit, eine der Spezialitäten der Region, und dazu noch diverse aus Algen gewonnene Erzeugnisse.
Unterstützt wird das Unternehmen vom Conseil Régional der Bretagne und der bretonischen Vereinigung zur Förderung nachhaltigen Handels Ingalan Bro Brest. Die Ziele sind ehrgeizig: TOWT will den maritimen Gütertransport per motorlosen Segelschiffen vervielfachen und damit die Energiewende antizipieren, die Lebensfähigkeit dieses ökologischen Transportverfahrens unter Beweis stellen und ein Label für sauberen Seetransport entwickeln, um so den Weg zu ebnen für den Bau moderner Frachtensegler.
Die kleine Segler-Reederei ist nicht die erste in der Bretagne, die sich der Renaissance dieses traditionellen Transportwegs verschrieben hat. Schon vor fünf Jahren hat Frédéric Albert die Compagnie de Transport Maritime à la Voile (CTMV) gegründet und mit überwiegend windgetriebenen Frachtern Wein und Spirituosen befördert. Wegen der kurz danach eingesetzten Finanz- und Wirtschaftskrise geriet die Firma bald wegen unbezahlter Rechnungen in die Flaute und wurde im Oktober 2010 liquidiert. Bis dahin hatte sie je nach Volumenbedarf auf die Groß-Segler Belem, Etoile de Fance oder die britische Kathleen & May zurückgegriffen und die Konstruktion eigener Segelschiffe in Angriff genommen. Zwei davon hätten 2011 fertiggestellt werden und mit jeweils acht Mann Besatzung zirka 200 Tonnen Fracht befördern sollen. Für die Takelage der Zweimaster waren jeweils 900 Quadratmeter Segel vorgesehen. Die Geschwindigkeit im Handelsverkehr hatte CTMV auf durchschnittlich elf Knoten ausgelegt. Ein mit Biodiesel betriebener Hilfsmotor war ebenso vorgesehen wie drei Kabinen für Passagiere. Die Krise hat alledem ein Ende gemacht. Das Beispiel TOWT zeigt jedoch, dass damit zumindest in der Bretagne die Idee, die Windkraft auf See als alternativen Transportantrieb zu nutzen, noch nicht gestorben ist. (jb)