München. Die Flüchtlinge, die vor kurzem aus Syrien und anderen Krisenländern nach Deutschland gekommen sind, könnten die Fahrernot in der Speditions- und Transportbranche mittelfristig lindern. Das betonte Michael de Graat, Koordinator der Flüchtlingsprojekte beim Jobcenter München, am Dienstagabend beim Logistik-Experten-Treffen (LET), das die VerkehrsRundschau und der TÜV SÜD erstmals gemeinsam veranstaltet haben. Dort konnten sich Geschäftsführer, Personalleiter sowie Verkehrsleiter beziehungsweise Fuhrpark-, Logistik- und Dispositionsverantwortliche von Transport- und Speditionsunternehmen informieren, wie man Fahrer findet und an sich bindet.
Der anhaltende Flüchtlingszustrom ist eine Möglichkeit, dem Fachkräftemangel zu begegnen: „Die Männer, die aktuell zu uns kommen, decken aber eher den Bedarf von morgen“, stellte de Graat klar. Sie benötigten noch ein bis eineinhalb Jahre, um Deutsch zu lernen. „Die Sprache ist der Schlüssel“, erklärte er, „der Auszubildende des übernächsten Lehrjahres könnte aber aus Syrien oder einem anderen Flüchtlingsland kommen.“ Potential gebe es dafür. Allein das Jobcenter München betreut derzeit rund 3000 Flüchtlinge. Nur etwas mehr als 700 sprechen allerdings bisher unsere Sprache.
Erschwert wird die Personalsuche durch allerlei bürokratische Hürden. Denn Flüchtling ist nicht gleich Flüchtling. Es kommt auf den Status an. Nur wer als Asylberechtigter eine Aufenthaltserlaubnis hat, darf überhaupt arbeiten. Nach einer anfänglichen Wartefrist von drei Monaten benötigen Flüchtlinge in bestimmten Fällen eine Genehmigung der Ausländerbehörde und müssen eine Prüfung der Arbeitsagentur durchlaufen, bevor sie erwerbstätig werden können. De Graat riet interessierten Unternehmern aber dazu, sich davon nicht abschrecken zu lassen, sondern das Gespräch zu suchen.
„Die Anerkennungsquoten bei der Erwerbstätigkeitserlaubnis sind hoch und die jungen Leute lernen sehr schnell dazu“, sagte er. Als Einstieg empfehle sich für Speditions- und Transportunternehmer sowie für die Flüchtlinge, die in der Güterverkehrsbranche arbeiten wollen, ein Praktikum. „Dabei können sich beide Seiten erst einmal beschnuppern und herausfinden, ob es passt“, erklärte der Leiter des Arbeitgeber-Services beim Jobcenter München. „Informieren sie sich vorher aber bei ihren Landratsämter oder Kreisverwaltungsreferaten – die Ausländerbehörde muss meistens zustimmen.“
Um die besten Arbeitskräfte zu bekommen, sollte man so früh wie möglich den Kontakt zur Arbeitsagentur beziehungsweise dem Jobcenter knüpfen. „Wenn ein Flüchtling gute Erfahrungen mit einem Unternehmen gemacht hat, ist die Chance sehr groß, dass er dort auch seine Ausbildung macht, wenn er endlich arbeiten darf“, versprach der Experte. Die Arbeitsagentur unterstütze Speditions- und Transportbetriebe dabei, diese Menschen in Arbeit zu bringen. Zudem gebe es einige Fördermöglichkeiten, die sich lohnen, sagte er. Bedenken einiger Teilnehmer, frisch ausgebildete Lkw-Fahrer aus Syrien, könnten ihr Bleiberecht nach drei oder fünf Jahren wieder verlieren, teilt de Graat nicht: Wenn es eine gute berufliche Perspektive gebe, müsse man sich kaum Sorgen machen. (ag)
Interessierte Unternehmer aus München und Umgebung können sich an das Jobcenter München wenden unter:
Telefon: 089/67 972-100
E-Mail: Jobcenter-muenchen.arbeitgeber-service@Jobcenter-ge.de
Die Kontaktdaten für Arbeitgeber der Arbeisagentur München lauteen:
Telefon: 0800/4 5555 20
E-Mail: Muenchen.Zentrum-Fluechtlinge@arbeitsagentur.de