Maut gefährdet Standorte

Die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ist beschlossene Sache. Am 11. Mai hat das Kabinett den Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verabschiedet. Mit dem Entwurf entspricht der Minister dem Votum des Deutschen Bundestages, bis zum 30. Juni 2016 einen Vorschlag für die gesetzliche Ausgestaltung der ab Mitte 2018 geplanten Ausweitung der Lkw-Maut auf alle bisher nicht mautpflichtigen Bundesstraßen vorzulegen. Auch wenn die Mautausweitung zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft bedeutet, ist das nun verabschiedete Gesetz ein Schritt zur Modernisierung der Straßeninfrastruktur und sichert langfristig den Investitionshochlauf. Um eine transparente Nutzerfinanzierung langfristig sicherzustellen sind aber auch andere Verkehrsteilnehmer gefragt. Nach einer erfolgreichen Öffnung des Busmarktes für den Personenlinienverkehr in Deutschland besteht kein Grund mehr, Busse weiterhin von der Mautzahlung auszunehmen. Gleiches gilt für die Einführung der Pkw-Maut. Sowohl Personen- als auch Güterverkehr sind Nutzer der Straßeninfrastruktur und müssen zu deren Erhalt und Ausbau entsprechend beitragen. Zweifel an den zwei Milliarden Euro Mit der Ausweitung der Lkw-Maut prognostiziert Dobrindt "zusätzliche rund zwei Milliarden Euro pro Jahr für die Modernisierung" der Straßen. Berechnungsgrundlagen für diese geschätzten Mehreinnahmen werden im Vorblatt des Gesetzes jedoch nicht genannt. Es folgt lediglich ein Verweis, dass die Einnahmen von den zusätzlichen mautpflichtigen Fahrleistungen und den zukünftigen Mautsätzen abhängig sein werden. Aufgrund einer fehlenden Berechnungsgrundlage scheinen die Zahlen jedoch mehr als aus der Luft gegriffen. Eine verlässliche Prognose kann erst nach Veröffentlichung des noch zu erarbeitenden Wegekosten-Gutachtens getroffen werden. Legt man darüber hinaus zugrunde, dass das einspurige Bundesstraßennetz eine wesentlich niedrigere Verkehrsdichte an Lkw aufweist, müssten für die Bundesstraßen deutlich höhere Mautsätze gelten als für Bundesautobahnen. Auf Basis der bisherigen Wegekostenrechnung drohen auf den bisher nicht mautpflichtigen Bundesstraßen Mautsätze, die mehr als doppelt so hoch wie auf Autobahnen wären. Eine derartige Differenzierung bringt erhebliche Wettbewerbsverzerrungen mit sich. Autobahnferne Wirtschaftsstandorte würden künftig noch mehr infrage gestellt. Um den ländlichen Raum langfristig als Wirtschaftsstandort zu sichern, muss die Bundesregierung an einheitlichen Mautsätzen für Autobahnen und Bundesstraßen festhalten. Zusätzlich würden regionale Verkehre, bei denen zumeist noch ein älterer Fahrzeugbestand eingesetzt wird, über Gebühr belastet und die Unternehmen benachteiligt. Achtung bei den Mautsätzen Durchschnittliche Mautsätze, verteilt über alle deutschen Fernstraßen, könnten das Problem lösen. Erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zwischen autobahnnahen und autobahnfernen Wirtschaftsstandorten würde so vorgebeugt. Vor Festlegung der Mautsätze muss die Bundesregierung in Abstimmung mit der EU-Kommission jedoch verbindlich klären, ob diese Berechnungsmethode zulässig ist. Unabhängig von der Ausgestaltung der Mautsätze ist zur Sicherung der Verkehrsinfrastruktur der Mittelrückfluss entscheidend. Sichergestellt sein muss, dass alle aus der Lkw-Maut generierten Einnahmen auch in Erhalt und Ausbau der Straße investiert werden. Zwar sieht das Gesetz eine entsprechende Zweckbindung des Mautaufkommens vor, doch der kürzlich veröffentlichte Bundesverkehrswegeplan spricht eine andere Sprache. Laut Experten werden mit Ausweitung der Lkw-Maut und Einführung der Pkw-Maut in den kommenden Jahren Mauteinnahmen von rund 150 Milliarden Euro vom Verkehrsträger Straße erbracht. Dagegen sieht der Entwurf des Bundesverkehrswegeplans aber vor, nur 130 Milliarden Euro in die Straße zu investieren. Mauteinnahmen für Straßenbau Dazu kommt, dass auch die Einnahmen für Bundesstraßen, bei denen der Bund nicht für die Planung, den Bau und den Betrieb der Straßen zuständig ist, entsprechend zweckgebunden und in voller Höhe von den kommunalen Stellen eingesetzt werden müssen. Eine transparente Kontrolle des Mitteleinsatzes muss hier unbedingt gewährleistet sein. Genauere Aufschlüsse liefert wohl erst das neue Wegekostengutachten. Dieses will das Bundesverkehrsministerium noch in diesem Monat beauftragen, damit Experten die Arbeit bereits im Juni aufnehmen können. Ergebnisse werden für Mitte kommenden Jahres erwartet. Teure Verkehrswege Bis 2030 kategorisiert der Bundesverkehrswegeplan (BWVP) Erhaltungsinvestitionen und Neu- und Ausbauprojekte für die Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße. Das Gesamtvolumen in Höhe von 254 Milliarden Euro sieht 142 Milliarden Euro für den Erhalt und 95 Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur vor. Der BVWP hat keinen Gesetzescharakter.

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