Lang-Lkw: Positive Signale

Als die Bundesregierung mit Wirkung zum 1. Januar 2012 den auf fünf Jahre angelegten Feldversuch mit Lang-Lkw startete, blies ihr heftiger Gegenwind aus den Ländern entgegen. Zumindest die rot-grünen Landesregierungen lehnten fast unisono eine Beteiligung am Feldversuch ab und sperrten ihr Straßennetz für diese Fahrzeugkombinationen. Lediglich Hamburg war als großer Logistikstandort aus der Phalanx der SPD-Länder ausgeschert. Mittlerweile sind 42 Unternehmen mit derzeit 112 Lang-Lkw auf dem zugelassenen Straßennetz unterwegs. Der Feldversuch wird wissenschaftlich durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) begleitet. Die BASt hat im März ihren Zwischenbericht präsentiert: Hiernach scheinen sich die Befürchtungen der Gegner des Lang-Lkw nicht bewahrheitet zu haben. Insgesamt ist diese Zwischenbilanz nach Ansicht des Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) durchaus geeignet, den Lang-Lkw-Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen: Der Lang-Lkw stelle, so die Bundesanstalt, insgesamt eine sinnvolle Ergänzung des Transportangebots dar. Ein Lang-Lkw ersetze 1,56 Fahrten mit konventionellen Lkw. Zudem emittelte die BASt im Vergleich auch erhebliches Kraftstoffeinsparungspotenzial, das sich auf bis zu 19 Prozent pro Palettenstellplatz im Fahrzeug belaufe; damit einher gehen entsprechende CO2-Reduktionen. Bei den Fahrern sei der Lang-Lkw gut angenommen worden: Praxisprobleme habe der Betrieb für die Lang-Lkw-Führer nicht aufgeworfen. Auch Sicherheitsbedenken hätten sich nicht bewahrheitet: Der Bremsweg des Lang-Lkw sei sogar etwas kürzer als der eines 40-Tonners mit "Normallänge". Bei Vorstellung der ersten Studie wurde auch betont, dass ein theoretisches Marktpotenzial für den Lang-Lkw von maximal 10 Prozent aller Straßengütertransporte bestehe. Es ist somit keineswegs zu befürchten, dass nun alles auf die Lang-Lkw umgeladen werde. Die Sprecher der BASt-Veranstaltung traten auch der Behauptung entgegen, der Lang-Lkw schwäche die Güterbahn. Die heute im Rahmen des Feldversuches von Lang-Lkw beförderten Güter seien zuvor ausnahmslos per konventionellem Lkw befördert worden. Eine Verlagerung von Bahntransporten auf die Lang-Lkw sei nicht zu befürchten, wie die BASt-Experten ausführten. Es seien keine Potenziale bei der Bahn zu sehen, die künftig auf den Lang-Lkw wechseln würden. Dass die den Lang-Lkw strikt ablehnende Bahnlobby sich diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen beugen und ihr Sperrfeuer einstellen wird, ist freilich einstweilen noch nicht zu erwarten. Sinneswandel in NRW Der BWVL hingegen sieht in dem Zwischenbericht allerdings einen Anlass, dass die Politik insgesamt (noch) positiver an den Lang-Lkw herangeht und über weitere Erleichterungen nachdenkt. Zwar hat eine Vertreterin des Bundesverkehrsministeriums bei der Vorstellung des BASt-Zwischenberichts betont, dass der Lang-Lkw in Deutschland auch künftig nicht flächendeckend fahren könne. Angekündigt wurde aber die fünfte Änderungsverordnung für die Ausnahmen von den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit Überlänge. Rechnung getragen werden soll dabei auch der Tatsache, dass Nordrhein-Westfalen, bislang strikter Gegner des Lang-Lkw, vom kategorischen Nein abgerückt ist und künftig erlaubt, dass die um 1,30 Meter verlängerten Trailer im Rahmen des Feldversuchs NRW-Straßen benutzen dürfen. Bei Beginn des Feldversuches war auch das noch vehement abgelehnt worden. Der Sinneswandel wird damit begründet, dass die Sattelzüge mit den Lang-Trailern bei einer Gesamtlänge von 17,80 Meter immer noch kürzer seien als herkömmliche Gliederzüge, die bis zu 18,75 Meter lang sein dürfen. Dieser Einstieg NRWs in den Feldversuch wird hoffentlich beispielgebend sein und auch bei den anderen rot-grün regierten Ländern Schule machen. In Baden-Württemberg hat das Nachdenken bereits eingesetzt. Hier darf die Politik jedoch nicht stehen bleiben: Eine Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten des Lang-Lkw, etwa im Hinblick auf zumindest bestimmte Gefahrgüter, muss mittelfristig möglich sein. Die BASt wird den Feldversuch auch in der Schlussphase wissenschaftlich begleiten. Dafür, dass sich an dessen Ende grundlegend andere - negative - Erkenntnisse ergeben werden, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Daher sollte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt möglichst schnell mitteilen, wann sein Haus die Überführung des Feldversuchs in den Regelbetrieb anpeilt. Die Transportwirtschaft will nicht nur träumen dürfen, sondern muss konkret planen können. Bundesländer sind gefragt Eine möglichst rasche Ausdehnung des für den Lang-Lkw nutzbaren Straßennetzes auch in den Flächenstaaten NRW und Baden-Württemberg - und dann auch darüber hinaus - ist nach Ansicht des BWVL kurzfristig realisierbar. Und auf Länderebene sollte zumindest hinsichtlich des Lang-Trailers nunmehr unisono jeder Widerstand und jedes Hinhalten aufgegeben werden.

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