Landerechte gegen Fairness

Der Brief, den Alexander Dobrindt und sein französischer Amtskollege Alain Vidalies letzte Woche nach Brüssel schickten, klang dramatisch. Zwei Jahre verhandele die EU-Kommission bereits mit den Emiraten am Persischen Golf über einen fairen Wettbewerb im Luftverkehr zwischen den sechs Golfstaaten und Europa und noch immer gebe es "keine greifbaren Fortschritte". Machtverschiebung am Himmel Über die Folgen der kommerziellen Machtverschiebung am Himmel zwischen Europa und den Emiraten sind sich Deutschland und Frankreich ebenfalls einig. Nur ein umfassendes Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und den Emiraten des Golf-Kooperationsrates könne dafür sorgen, dass die Golfstaaten "unfaire Wettbewerbspraktiken" auf Dauer einstellten. Unterstützung erhielten sie nun im Ministerrat der EU. Die meisten Mitgliedstaaten hätten sich der Forderung nach einer "umfassenden, europäischen Lösung" angeschlossen, sagte Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Im Herbst will sie dem Ministerrat einen Vorschlag für ein Verhandlungsmandat unterbreiten. Bislang wird der Luftverkehr zwischen der EU und den Golfstaaten durch bilaterale Abkommen zwischen den Emiraten und den EU-Mitgliedstaaten geregelt. Die Scheichs vom Golf können die Europäer deswegen leicht gegeneinander ausspielen. Auch bei der Luftfracht machen sie den Europäern Konkurrenz: Im letzten Jahr beförderte alleine Emirates 5,3 Prozent der deutschen Luftfrachtexporte, Lufthansa Cargo kam auf 22,7 Prozent. Die europäischen, aber auch die amerikanischen Airlines führen den Vormarsch der Konkurrenz vom Golf darauf zurück, dass die staatlichen Airlines über mehr Kapital verfügen und weniger Regeln beachten müssen. In den USA werden die Wettbewerbsvorteile der Airlines vom Golf auf über 40 Milliarden Dollar beziffert. Dazu gehören billiges Eigenkapital, Steuerfreiheit für die Mitarbeiter, nicht vorhandene Verkehrsbeschränkungen wie Nachtflugverbote oder Arbeitsbedingungen, die keine europäische Gewerkschaft akzeptieren würde. Ungleich sind auch die Chancen als Eigentümer. Während die Staatsfirmen vom Golf keine ausländischen Anteilseigner dulden, halten sie selbst bis zu 49 Prozent an europäischen Airlines. Die Europäer können dagegen kaum etwas unternehmen, denn der Luftverkehr fällt nicht unter die Regeln der WTO. Die Kontingente für den Fracht- und Passagierverkehr, die die bilateralen Abkommen festlegen, werden von den Golfstaaten dadurch unterlaufen, dass sie europäische Airlines übernehmen. Etihad etwa hat nicht nur bei Air Berlin das Sagen, sondern auch bei Alitalia. Hier will Dobrindt ansetzen: "Erst wenn wir faire Wettbewerbschancen wieder hergestellt haben, können wir über neue Landerechte sprechen." Dobrindt und Vidalies wollen sich nicht alleine darauf verlassen, dass die Emirate bereit sind, ein Luftverkehrsabkommen mit Brüssel abzuschließen. Die EU brauche wirksamere Instrumente, um auch einseitig gegen Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen. In Berlin und Paris denkt man dabei an die EU-Verordnung 868/2004, mit der die EU gegen Preise vorgehen kann, "die auffällig unter dem Marktpreis" liegen. Aktivitäten der Airlines Die Linien aus der Golfregion bedienen in Deutschland vor allem den Flughafen Frankfurt. Auch Hamburg, München, Düsseldorf, Berlin und Stuttgart werden angeflogen. Die Lufthansa fliegt einmal am Tag von Frankfurt nach Doha und einmal nach Dubai. Die tägliche Verbindung von Frankfurt nach Abu Dhabi wird im Sommerflugplan gestrichen. Die Verbindungen sind vorrangig für den Passagierverkehr, allerdings wird 60 Prozent der Fracht auf diesen Strecken von Passagiermaschinen befördert. tw

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