Kritiker von links

Bei Gesprächen mit Verkehrspolitikern der Linken geht es immer schnell ums Grundsätzliche. Mit Herbert Behrens, Obmann der Partei im Verkehrsausschuss des Bundestags, ergeht es uns nicht anders. Ja, es ist ein Dilemma: Wie soll man als Politiker im politischen Tagesgeschäft über Detailfragen diskutieren, wenn das große Ganze nicht stimmt? "Wir glauben, dass man Wirtschaftspolitik und damit auch Verkehrspolitik insgesamt anders denken muss", erklärt Behrens bei einem Treffen in seinem Berliner Büro in der Dorotheenstraße. "Wir kommen doch nicht weiter, indem wir in Prognosen immer nur fragen, wie viel Verkehr auf uns zukommt, wenn wir nicht gleichzeitig auch die grundsätzliche Frage stellen, welche Verkehre wir denn überhaupt wollen", meint der Mann aus dem niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck. Dort leiden die Anwohner unter dem Lkw-Ausweichverkehr auf der Landesstraße L 135. Anstatt auf der A 27 von Bremen nach Bremerhaven zu fahren, nutzen Hunderte Lkw die Ausweichroute über die Dörfer. Lkw-Maut ist zu niedrig Für Behrens ist klar: Die Lkw-Maut ist viel zu niedrig. Deshalb ist er dafür, auch die sogenannten externen Kosten - also Kosten für Stau und Lärm - in die Lkw-Maut einzupreisen. "Die EU ließe viel mehr zu, was die Anlastung externer Kosten betrifft. Lärmkosten sind beispielsweise bei der Lkw-Maut überhaupt noch nicht hinreichend berücksichtigt", sagt Behrens. Seine Partei befürwortet auch die Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen und fordert die Ausweitung der Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen. Nur so, das ist die Logik dahinter, könne die Maut ihre Aufgabe als Lenkungsinstrument erfüllen und Verkehre von der Straße auf die Schiene bringen. Behrens: "Wir sehen die Lkw-Maut vor allem als Steuerungsinstrument, nicht als Geldbringer." Und auch hier kommt Behrens schnell zum Grundsätzlichen: "Die Kosten werden ja nicht bei den Transportunternehmen hängen bleiben, sondern sie gehen auch zulasten des Auftraggebers und des Konsumenten. Wir meinen, dass bestimmte Produkte nicht so dezentral hergestellt werden müssen, wie das heute passiert, und dadurch unnötige Transporte geschaffen werden." Dann soll es eben eine Staatsbahn sein Die Linken führten "Planwirtschaftsdebatten", sei ein oft gehörter Vorwurf, darauf habe er sich seine Antwort schon zurechtgelegt. "Ich fürchte nichts mehr als ungeplante Verkehrspolitik", pflegt der 61-Jährige dann zu kontern. Mulmig kann es dem einen oder anderen Freund liberalisierter Märkte schon werden, wenn das ehemalige KPD-Mitglied Behrens die Deutsche Bahn am liebsten wieder zur Staatsbahn machen würde, weil sie seiner Meinung nach unter dem Dach einer Aktiengesellschaft zu sehr auf Profit achten muss und sich zu wenig um die Bereitstellung einer flächendeckenden Grundversorgung kümmert. "Wir möchten den Begriff Gemeinwohlorientierung wieder stärker ins Spiel bringen", merkt Behrens an. Die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft, die sich um die Bewirtschaftung der Bundesfernstraßen kümmert, lehnt die Linke - anders als die Grünen - grundsätzlich ab. Die Begründung liefert Behrens auch gleich nach: "Wir befürchten die Bildung einer reinen Bundesfernstraßengesellschaft nach dem Modell der österreichischen Asfinag, bei der es um die reine Geldbeschaffung geht, und mehr noch den Einstieg in die Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur." Und auch hier sieht Behrens grundsätzliche Fragen berührt: "Ich will, dass gewählte Politiker und nicht private Investoren über verkehrspolitische Maßnahmen auch im Straßenbau entscheiden können." Zur Person Herbert Behrens (61) sitzt seit 2009 für Die Linke im Deutschen Bundestag. Er ist Obmann seiner Partei im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur. Seit 2008 ist er Mitglied des niedersächsischen Landesvorstandes der Partei. Behrens ist ein echtes Nordlicht. Geboren wurde er in Osterholz-Scharmbeck, Niedersachsen. Ursprünglich Mitglied der DKP und aktiv in der linken Bürgerbewegung, hat sich Behrens auch stark in der Gewerkschaft engagiert - ehrenamtlich und hauptberuflich. diwi

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