Kostentreiber: Wer suchet, der findet

Der Abschwung kommt: Die Wirtschaft wird in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent wachsen - halb so stark wie erwartet, warnt die Bundesregierung. In drei Jahren könnte die Weltwirtschaft sogar schrumpfen, heißt es vom Internationalen Währungsfonds. Transport- und Speditionsunternehmen sind also gut beraten, sich für rauere Zeiten zu wappnen und an ihren Kostenstrukturen zu arbeiten. Im Einkauf liegt der Gewinn Zu tun gibt es noch einiges. "Der moderne effiziente Betrieb kommt im Vergleich zu einem traditionellen zum Beispiel mit halb so viel Personalkosten aus", sagt Daniel Giel, ein auf die Speditionsbranche spezialisierter Berater aus Köln (siehe Kasten Seite 28). Seiner Erfahrung nach nutzen jedoch nur wenige Betriebe alle Möglichkeiten, um ihre Kosten zu senken. "Gerade im Mittelstand fehlt oft die Zeit, das Thema anzugehen." Wer auf die Suche nach den Kostentreibern geht, sollte beim Kraftstoff beginnen. Er bildet im Transportgewerbe nach wie vor den größten Ausgabenblock. Bei einer Spedition, die im nationalen Straßengüterverkehr tätig ist, entfallen rund 25 Prozent aller Kosten auf Diesel, sagt die Statistik des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Allerdings reizen die meisten Betriebe die Möglichkeiten, den Verbrauch zu senken, schon aus. Kurse für kraftstoffsparende Fahrweise sind Standard, genau wie regelmäßige Kontrollen des Reifendrucks. Eine kleine Reserve auf der Verbrauchsseite gibt es allerdings noch: Viele Fahrer lassen in den Pausen den Motor laufen. Diese Leerlaufzeiten können den Verbrauch um bis zu fünf Liter pro 100 Kilometer hochtreiben. Es lohnt sich also, einen Blick in die Telematik-Daten zu werfen und Fahrer auf unnötige Leerlaufzeiten hinzuweisen. Ansonsten gilt auch beim Diesel die alte Weisheit "Im Einkauf liegt der Gewinn". Regelmäßige Telefonate mit dem Mineralölhändler zahlen sich in jedem Fall aus. Wo Spedition A nur drei Cent Rabatt bekommt, räumt man Spedition B vielleicht sieben Cent ein - alles Verhandlungssache. Was die optimale Beschaffungsstrategie ist, hängt von der Art des Geschäfts ab. "Wenn die Verträge mit den Kunden eine langfristige Preisbindung beinhalten, bieten sich Jahresverträge an", gibt Jürgen Fedrowitz, Unternehmensberater aus Gladbeck, als Beispiel. In diesem Fall wäre es für den Unternehmer das Beste, zu Beginn des Jahres ein festes Kraftstoffkontingent einzukaufen und dabei vom niedrigen Großabnehmer-Preis zu profitieren. Fällt der Dieselpreis danach, hat der Betrieb allerdings das Nachsehen. Damit steigende Dieselpreise nicht zum Kostentreiber werden, sollten Anpassungsklauseln (Diesel-Floater) in den Verträgen selbstverständlich sein. Zudem empfiehlt sich die Nutzung von Absicherungsinstrumenten, wie sie Spezialdienstleister und Banken anbieten. Sie funktionieren so: Ziehen die Preise an der Zapfsäule an, bekommt der Unternehmer die Mehrkosten für den Sprit erstattet, fallen die Preise, zahlt der Spediteur nur den Preis des Absicherungsinstruments, was kein Problem ist, da die im Transportpreis eingerechnete Marge erhalten bleibt. Diese Art der Absicherung ist oft einfacher, als Diesel auf Vorrat zu kaufen. Berater Fedrowitz, der über seine Firma Portlandfuel eine solche Absicherung bietet, rät zu einem Mischmodell im Diesel-Kauf: Ein Viertel des benötigten Diesels als festes Kontingent beim Händler bestellen, ein weiteres Viertel auf dem Spotmarkt zu Tagespreisen kaufen, ein weiteres Viertel über Tankkarten abdecken - und die verbleibende Menge je nach Preislage einkaufen. Beim Einsatz von Tankkarten lässt sich oft auch noch etwas sparen. Fedrowitz rät grundsätzlich zu Karten, bei denen ein durchschnittlicher Wochenpreis zugrunde gelegt wird (etwa auf Basis des Oil Market Report, OMR). Das Modell "Preis an der Zapfsäule minus X" hält er für ungünstiger, weil der Fahrer womöglich zu einem schlechten Zeitpunkt tankt - etwa morgens - und so unnötig viel für den Diesel zahlt. Der menschliche Faktor spielt beim Thema Spritkosten insgesamt eine große Rolle. So kommt es immer wieder vor, dass ein Fahrer 20 Kilometer vor dem Speditionshof noch einmal an der Tankstelle hält, weil er fürs Volltanken hier ein kostenloses Getränk bekommt - oder weil die Bedienung so nett ist. Ein klärendes Gespräch über die Folgen solcher Stopps können helfen, die Dieselkosten zu drücken. Erfolgshebel im Fuhrpark Im Fuhrpark steckt meist ebenfalls Optimierungspotenzial. Passen die vor Jahren angeschafften Fahrzeuge zu den aktuellen Aufträgen? Wer etwa nur noch auf der Kurzstrecke unterwegs ist, kann sich von der PS-starken Zugmaschine eines Premiumherstellers trennen. Die Passung zwischen Geschäft und Material sollte regelmäßig überprüft werden, schließlich kann sich die Art der Aufträge im Logistikgeschäft rasch ändern. Zudem gilt es, die Größe des Fuhrparks stets an der garantierten, festen(!) Auslastung auszurichten und kurzfristige Nachfragespitzen mit gemietetem Material oder über Subunternehmer abzufedern. Ein Faktor sollte bei der Optimierung des Fuhrparks indes nicht außer Acht gelassen werden: Lkw sind nicht nur ein Betriebsmittel, sondern haben einen Einfluss auf die Mitarbeiterbindung. Manch ein Fahrer unterschreibt nur, wenn er am Steuer eines Mercedes sitzen kann (oder aber eines DAF oder Scania). "Ich kenne einen Spediteur, der kauft die Zugmaschine, die der Fahrer gerne hätte", bestätigt Branchenkenner Fedrowitz. Wer so handelt, bindet vielleicht den Fahrer ans Unternehmen, baut jedoch gleichzeitig einen "bunten" Fuhrpark auf, der in der Wartung teuer ist. Experte Daniel Giel sieht dieses Vorgehen kritisch. "Auf Markenwünsche einzugehen ist noch okay, aber bei der Ausstattung sollte man es nicht übertreiben." Spediteure neigen dazu, das fahrende Material im Blick zu behalten, aber die Bürokosten zu vernachlässigen. Dabei gibt es hier reichlich Verbesserungsmöglichkeiten. "Oft sind die Mitarbeiter die Hälfte ihrer Zeit mit Dingen beschäftigt, die nichts mit ihrer eigentlichen Tätigkeit zu tun haben", sagt Dagobert Falkenstern. Er ist Partner bei der Firma Expense Reduction Analysts, die auf Kostenoptimierung spezialisiert ist. Unnötige Doppelbestellungen im Büro Bei seiner Arbeit in Speditionen beobachtet Falkenstern oft, dass Disponenten nebenher viel Papierkram erledigen: Sie sammeln Werkstattbelege, kontrollieren Führerscheine, nehmen Schadenmeldungen entgegen - alles auf Papier. "Das ist tote Zeit, die man eliminieren sollte", rät er. Nur ein Beispiel: Die händische Kontrolle der Führerscheine kann wegfallen, wenn im Büro ein dafür konzipierter Scanner aufgestellt wird. An dem können die Fahrer den Führerschein vor Antritt der Tour auflegen; eine Software im Hintergrund prüft, ob die Daten in Ordnung sind. Generell ist die Digitalisierung oft der beste Weg, die Ausgaben zu senken. Je weniger in Auftragsannahme, Disposition, Buchhaltung oder Lademittelverwaltung gedruckt und abgeheftet wird, desto niedriger sind die Kosten. Genauso selbstverständlich wie die Tourenplanung heute per Software erfolgt, sollten auch Buchhaltung und Rechnungstellung elektronisch ablaufen. "Allein der Papier-Workflow im Rechnungseingang kostet oft 11 bis 13 Euro pro Rechnung", sagt Einsparungsberater Falkenstern. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen wird übrigens vom Staat bezuschusst, etwa über das Programm godigital, das speziell auf kleine Betriebe zugeschnitten ist (mehr Infos unter: tinyurl.com/go-digital-programm). Apropos papierlos: Selbst in (vermeintlich) digitalen Zeiten lohnt es sich, einen Blick auf den Posten "Büromaterial" zu werfen. Viele Betriebe erlauben den Mitarbeitern heute, Büromaterial über eine Onlineplattform selbst zu bestellen. Das ist an sich effizient, führt aber zu unnötigen Doppelbestellungen (Beispiel: mehrere Abteilungen ordern jeweils 100 Kugelschreiber). Berater Falkenstern empfiehlt, für bestimmte Materialien ein Gesamtkontingent festzulegen (100 Kugelschreiber für alle) und das System so aufzusetzen, dass es automatisch anzeigt, wo noch bestelltes Material lagert ("die Werkstatt hat 100 Kugelschreiber geordert"). "Selbst in einem kleinen Betrieb lassen sich so einige tausend Euro pro Jahr einsparen", sagt er. Mehr zum Thema im Dossier Unternehmensführung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest- Warnsignale im Unternehmen dank Kennzahlen richtig deuten (VR 19/2019)- So geraten Sie nicht in die Cash-Falle (VR 21/2019)- Kostentreiber identifizieren und reduzieren- Restrukturieren - Weichen richtig stellen (VR 22/2019)- Fünf Wege zu mehr Umsatz (VR 23/2019) Praxislösung Liquid Concept Liquid Concept hat teure Papier-Checklisten abgeschafftDas Unternehmen Liquid Concept aus Hamburg ist auf Produktionslogistik für die Lebensmittelindustrie spezialisiert. Es versorgt Gebäckhersteller zum Beispiel mit Schokoladen-Kuvertüre. Ausgeliefert werden die Produkte in der Regel in Kleincontainern (IBC), die die Kunden mieten.Deren Rücklauf macht viel Arbeit: Kommt ein IBC in ein Depot zurück, untersucht ihn ein Mitarbeiter mithilfe einer Checkliste. Hat der Container Beulen? Ist das Überdruckventil vorhanden? Diese Liste wird eingescannt und an die Hamburger Zentrale von Liquid Concept gemailt, wo man die Daten per Hand erfasst."Insgesamt dauert der gesamte Prozess pro IBC rund zehn Minuten", erklärt Geschäftsführer Ulrich Schnoor. Bei insgesamt 5000 Containern, die das Unternehmen besitzt, ein echter Kostenfaktor.Der soll jetzt beseitigt werden: Liquid Concept stattet seine sieben Depots derzeit mit Tablet-PCs aus. Künftig füllt der Mitarbeiter am Display die Checkliste aus und kann direkt Fotos von Beschädigungen machen. Die Daten gehen ohne Umweg über E-Mail direkt ans Warenwirtschaftssystem des Flüssiglogistik-Spezialisten. Ergebnis: Jede Containerprüfung dauert nur noch drei Minuten. Wie hoch die Ersparnis in Euro und Cent ausfällt, lässt sich noch nicht absehen."Mindestens genauso wichtig ist aber, dass das Personal für andere Aufgaben zur Verfügung steht", betont Schnoor.Andere häufig wiederkehrende Abläufe hat Liquid Concept bereits digitalisiert. So wurden die Fahrer etwa mit Tablet-PC ausgestattet, mit deren Hilfe sie Ent- oder Beladevorgang in Echtzeit dokumentieren."Die größte Herausforderung bei solchen Umstellungen liegt darin", erklärt Schnoor, "einen Software-Lieferanten zu finden und eine Schnittstelle zum ERP-System zu schaffen." cg

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