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Ohne tieferes Verständnis für juristische Zusammenhänge und Spitzfindigkeiten dürften Führungskräfte und Experten bei Entsorgungsunternehmen, Containerdiensten oder anderen Transportdienstleistern, die regelmäßig Abfälle transportieren, kaum mehr über die Runden kommen. Denn das deutsche Abfallrecht ist komplex - und wird laufend ergänzt, präzisiert und novelliert. Spätestens seit dem 1. Juni 2014 sollten sich jedoch auch Logistikdienstleister, die auf ganz anderen Gebieten arbeiten, mit dem Abfallrecht beschäftigt haben. Seit diesem Stichtag unterliegen sie nämlich auch dann, wenn sie nur gelegentlich Abfälle sammeln oder befördern, einer sogenannten Anzeigepflicht. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Auslieferfahrzeuge eines Spediteurs nach der Belieferung Transportverpackungen wie Kartonagen oder Folien wieder mit an Bord nehmen - sofern es sich nicht um ein Mehrwegsystem handelt. Auch Möbelspediteure sollten hellhörig werden: Selbst wenn sie die Möbel grundsätzlich nur von der Fabrik zu Einrichtungshäusern oder von Einrichtungshäusern zu Privatkunden liefern und die Verpackungen sowie ausnahmsweise auch beschädigte oder defekte Möbelstücke mit zurücknehmen, unterliegen diese "Abfalltransporte" nun der Anzeigepflicht. Die gilt aber etwa auch für Logistikdienstleister, die für den Lebensmitteleinzelhandel die Filialbelieferung übernehmen und zur Vermeidung von Leerfahrten gebrauchte Getränkeverpackungen, die im Laden aufgrund der Pfandpflicht gesammelt wurden, an eine zentrale Zähl- oder Sammelstelle transportieren. Der Gesetzgeber hat für diese Unternehmen den Begriff des "wirtschaftlichen Unternehmens" geschaffen: Das ist "ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln, Befördern, Handeln oder Makeln von Abfällen aus Anlass einer anderweitigen gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit befasst, die nicht auf das Sammeln, Befördern oder Makeln von Abfällen gerichtet ist." In juristisch nicht hundertprozentig korrektem Klartext bedeutet das: Unternehmen, die quasi nur als Zusatzdienstleistung Abfälle transportieren, gelten als "wirtschaftliche Unternehmen" - im Gegensatz zu dem vom Kreislaufwirtschaftsgesetz definierten "gewerbsmäßigen Handeln". Das setzt nämlich "eine auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit voraus, die auf die Erzielung von Gewinn gerade durch das Sammeln, Befördern und Handeln und Makeln von Abfällen gerichtet ist". 800.000 Unternehmen betroffen Die Beispiele und Definitionen stammen aus der "Vollzugshilfe Anzeige- und Erlaubnisverfahren nach §§ 53 und 54 KrWG und AbfAEV", die auf der Website des Bundesumweltministeriums veröffentlicht wurde und als Grundlage für einen praxisgerechten Vollzug der Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) dienen soll. Bei der AbfAEV handelt es sich um den jüngsten Zuwachs im Abfallrecht, der das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) konkretisiert und nun unter anderem den "wirtschaftlichen Unternehmen" die Pflicht auferlegt, bei der für sie zuständigen Unteren Abfallbehörde anzuzeigen, dass sie Abfalltransporte durchführen. Bleibt die Frage, wo genau denn diese Untere Abfallbehörde angesiedelt ist. Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt: In Bayern und Baden Württemberg sind es zum Beispiel die Landratsämter, in Hessen die Regierungspräsidien, in Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierungen, in anderen Ländern wiederum die Umwelt- oder Gewerbeaufsichtsämter. Selbst wenn sich die neue Gesetzeslage noch nicht bei allen betroffenen Unternehmen herumgesprochen hat, dürfte auf die jeweiligen Abfallbehörden seit dem 1. Juni 2014 einiges an Mehrarbeit zugekommen sein: "Nach Schätzungen des Umweltbundesamts müssen rund 800.000 Unternehmen in Deutschland ihre nicht gewerbsmäßigen Abfalltransporte anzeigen, darunter nicht nur Transportunternehmen, sondern insbesondere Handwerksbetriebe", erklärt Werner Baumann, Geschäftsführer der Entsorgergemeinschaft Regionaler Wirtschaftsverkehr (EGRW). Von diesen "wirtschaftlichen Unternehmen" wird lediglich eine für den Unternehmenshauptzweck geeignete berufliche Qualifikation des Betriebsleiters gefordert. Nur in begründeten Einzelfällen kann die Abfallbehörde den Besuch eines Fachkundelehrgangs vorschreiben. Es gibt allerdings auch Grenzwerte, die Unternehmen, die "nicht gewöhnlich" und "nicht regelmäßig" Abfälle transportieren, von dieser Anzeigepflicht befreien. Davon wird ausgegangen, wenn ein Unternehmen jährlich weniger als 20 Tonnen nicht gefährliche und maximal zwei Tonnen gefährliche Abfälle sammelt oder befördert. "Diese Grenzwerte klingen zwar zunächst großzügig", sagt Baumann. "Doch im Verlauf eines Jahres können selbst bei einem kleineren Transportunternehmen und Handwerksbetrieb, der nur ausnahmsweise Kartonagen, Folien oder Holz fährt, schnell 20 Tonnen zusammenkommen." Auf der Website der Zentralen Koordinierungsstelle der Länder stehen Online-Formulare für die Anzeigen bereit, die nach dem Ausfüllen an die jeweils zuständige Abfallbehörde weitergeleitet werden können (siehe Kasten "Internet-Tipps"). "Derzeit sind die Abfallbehörden mit dem Abarbeiten der Anzeigen mehr als beschäftigt", berichtet der EGRW-Geschäftsführer. "Wobei die Reaktionen der Behörden auf die Anzeigen durchaus unterschiedlich ausfallen: In manchen Regionen wurden die Unternehmer bereits dazu aufgefordert, an einer eintägigen Fachkundeschulung teilzunehmen - wobei die Inhalte einer derartigen Schulung wiederum rechtlich nicht geregelt sind." In den meisten Regionen sei nach dem Eingang der Anmeldung allerdings bislang nichts weiter passiert. Auf die Anzeige komplett zu verzichten, ist dennoch nicht empfehlenswert: Das kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Elektronische Beförderungserlaubnis Für klassische Entsorgungsunternehmen hält die AbfAEV laut Baumann dagegen keine großen Überraschungen bereit: Die ehemalige Transportgenehmigung wird in Beförderungserlaubnis umbenannt und kann nun auch elektronisch beantragt werden. Darüber hinaus sind gewerbliche Abfalltransporte durch ein weißes Schild mit schwarzem "A", das hinten am Fahrzeug angebracht wird, zu kennzeichnen. "Die Entsorgungswirtschaft dürfte grundsätzlich keine Probleme damit haben, die Anforderungen der Verordnung umzusetzen", sagt Baumann. Er sei jedoch sehr gespannt, ob auch die gelegentlichen Abfalltransporteure, die nun als "wirtschaftliche Unternehmen" gelten, die neuen Regeln einhalten und wie die Behörden auf die Flut der Anzeigen reagieren werden. Sein Fazit: "Das Thema Abfallrecht bleibt spannend." Internet-Tipps - Die "Vollzugshilfe Anzeige- und Erlaubnisverfahren nach §§ 53 und 54 KrWG und AbfAEV" auf der Website des Bundesumweltministeriums erklärt die neue Rechtslage ausführlich, ist allerdings nicht ganz einfach zu finden. Hier der Suchpfad: www.bmub.bund.de -> Themen"Wasser Abfall Boden" -> Abfallwirtschaft -> Downloads -> Fortentwicklung der abfallrechtlichen Überwachung -> Vollzugshilfe Anzeige- und Erlaubnisverfahren- Das Online-Formular, mit dem"wirtschaftliche Unternehmen" ihrer Anzeigepflicht nachkommen können, findet sich bei der Zentralen Koordinierungsstelle Abfall unter www.zks-abfall.de -> Anzeige §53 KrWG/Erlaubnis §54 KrWG eee Buch-Tipp Fachkunde AbfallBereits im Vorwort des Lehrbuchs"Fachkunde Abfall" weisen die Autoren darauf hin, dass das Zusammenspiel von nationalem und europäischem Umwelt-, Abfall-, Bodenschutz-, Gefahrstoff-, Güterkraftverkehrs-, Immissionsschutz-, Straf- und Ordnungswidrigkeiten-, Wasser- und Zivilrecht komplex ist. Umso mehr beeindruckt die Leistung des Autors Peter Heigl, ehemaliger Geschäftsführer Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, dem es gelungen ist, die wichtigsten gesetzlichen Regelungen rund um die Sammlung und Beförderung nicht gefährlicher Abfälle auf gut einhundert Seiten zusammenzufassen und zu erläutern. Werner Baumann bringt die langjährige Geschichte und die gesetzliche Basis der Entsorgungsfachbetriebe auf den Punkt. Zugegeben: Leicht konsumierbare Lektüre ist das nicht - und kann es auch gar nicht sein. Dafür unterstützt die"Fachkunde Abfall" bei der Vorbereitung auf die Fachkundeprüfung und dient als fundiertes Nachschlagewerk für alle Berufspraktiker, die sich über die Materie der Kreislaufwirtschaft informieren möchten. Und mit dem Inkrafttreten der Anzeige- und Erlaubnisverordnung ist diese Zielgruppe erheblich gewachsen. eeeWerner Baumann/Peter Heigl: Fachkunde Abfall, Verlag Heinrich Vogel, München 2014, ISBN 978-3-574-24000-3

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