Hamburgs Spediteure haben im Handelskonflikt mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump vor einer Eskalation durch Europa gewarnt. „Wir sollten das nicht mit irgendwelchen Zollmaßnahmen regeln“, sagte Axel Plaß, Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure. Sein Stellvertreter Willem van der Schalk betonte, er hoffe, dass die Politik Maß halte. „Es darf kein Auge um Auge, Zahn um Zahn geben.“
Plaß: Es wird auch eine Zeit nach Trump geben
Plaß erinnerte daran, dass es auch eine Zeit nach Trump geben werde. „Und dann wollen wir uns auch alle wieder in die Augen gucken. Wenn wir jetzt alles Geschirr zerschlagen, bleibt das Geschirr zerschlagen, egal wer an der Macht ist.“ Obwohl seine Branche vom Konflikt betroffen sei, gehe er davon aus, dass sich die Situation zurechtrütteln werde. Der Anteil der Waren für die USA sei nicht so groß, dass der Hamburger Hafen kollabieren würde. Zudem böte das Lösen komplexer Handelsprobleme auch Chancen. „Dafür sind wir Spediteure ja auch da“, sagte Plaß.
Probleme bei der Planbarkeit der Schiffsanläufe
Aus Sicht der Spediteure liegen die Ärgernisse vielmehr bei der Planbarkeit der Schiffsanläufe im Hamburger Hafen. In Rotterdam oder Antwerpen lasse sich anhand vorliegender Daten genau feststellen, wann ein Container abgeladen werde. „Das funktioniert in Hamburg nicht“, sagte Plaß. Oft müssten Intermodal-Anbieter Lkw für Container einplanen, die gar nicht da sind, oder ganze Züge, was ärgerlich und teuer sei. „Das sind Zustände wie in den 60er-Jahren.“
Plötzliche Hafenwechsel ärgern die Spediteure
Ebenfalls ärgerlich seien plötzliche Hafenwechsel durch die Reedereien. Es komme vor, dass eine Spedition Lkw in den Hafen schicke, nur um festzustellen, dass das Schiff nach Wilhelmshaven gefahren sei oder die Container in Rotterdam abgeladen habe. „Der Kunde muss das dann auf eigene Kosten abholen“, sagte der Vizevorsitzende Pay-Andres Lüders. Auch die neuen Allianzen der Reedereien führten zu Verwerfungen, sagte Plaß.
Probleme bei der Luftfracht
Auch bei der Luftfracht sehen die Spediteure große Probleme. Aufgrund der restriktiven Auslegung der EU-Luftsicherheitsvorgaben könnten bestimmte Ladungen in Deutschland nicht kontrolliert werden. Die Folge: Die Ware werde auf Lkw verladen, in die Niederlande oder Belgien gefahren, dort überprüft, freigegeben und dann wieder per Lkw zum deutschen Startflughafen zurückgebracht, um von dort in alle Herren Länder geflogen zu werden. „Das ist ökologischer und ökonomischer Wahnsinn“, sagte Thomas Schröder vom Verein Hamburger Spediteure.
Hanseatische Nervenstärke - die Zahlen im Überblick
Das Hamburger Speditionsgewerbe bleibt stabil auf Wachstumskurs. Das zeigt der Konjunkturindikator 2025, dessen Ergebnisse der Verein Hamburger Spediteure (VHSp) am 7. April im Vorfeld seiner 141. Mitgliederversammlung mit rund 150 Teilnehmern vorgestellt hat. Die 1884 gegründete Interessenvertretung mit etwa 340 Mitgliedern und rund 15.000 Beschäftigten fragt jährlich nach der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung und Prognose.
An der diesjährigen Ausgabe haben sich 118 Mitgliedsfirmen mit 9.177 Beschäftigten beteiligt. Demnach ist die Beschäftigungslage stabil: Bei 68 Prozent der Unternehmen blieb die Mitarbeiterzahl im Vergleich zum Vorjahr stabil, etwa jede vierte Firma plant in diesem Jahr Neueinstellungen, acht Prozent erwarten dagegen einen Stellenabbau.
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Erwartungen für 2025 rechnen 25 Prozent der befragten Unternehmen mit steigenden Umsätzen, 38 Prozent mit einer stabilen und 36 Prozent mit einer sinkenden Entwicklung. Insgesamt zeigt sich in den Augen des VHSp eine optimistische Grundhaltung. So rechnen 16 Prozent der Firmen mit steigenden Erträgen, ein Drittel mit einer stabilen Entwicklung des Gewinns, 43 Prozent gehen von sinkenden Gewinnen und sieben Prozent von Verlusten aus. „Unsere Branche schaut mit gespannter Zurückhaltung auf das Jahr 2025“, sagt Ramon Specht, Referent beim VHSp, der die Ergebnisse des Konjunkturindikators vorstellte.
Auch diverse Herausforderungen für die Branche macht der Konjunkturindikator 2025 deutlich, etwa die Infrastruktur in und um den Hamburger Hafen – 73 Prozent halten dabei den Neubau der Köhlbrandquerung für das Verkehrsinfrastrukturprojekt, das vorrangig umgesetzt werden sollte. Auch hohe Investitionskosten, fehlende Fachkräfte und unzureichende IT-Infrastrukturen erweisen sich demnach als Hürden für die Hamburger Spediteure, wenn es um die Umsetzung von Digitalisierung und technologischen Entwicklungen wie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz oder Cloud-basierten Logistikplattformen geht.
Forderungen an die Politik
Plaß resümiert: „Die Hamburger Spediteure bewegen sich auch 2025 wieder in einem anspruchsvollen Umfeld. Die Herausforderung besteht darin, dass es nicht das eine, alles dominierende Thema gibt. Vielmehr ist die Gesamtsituation vielschichtig und komplex. Die Unternehmen stehen vor einer Vielzahl unterschiedlicher Themen, die teils eng miteinander verknüpft sind, und für deren Lösung (oder auch Nichtlösung) die Politik die Weichen stellen kann.“
Folglich hat der VHSp mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin und Hamburg seine Erwartungen in fünf zentralen Handlungsfeldern formuliert: Zum einen müsse in die Infrastruktur investiert werden. Konkret fordert der VHSp unter anderem eine zweckgebundene Finanzierung der Verkehrswege, insbesondere durch die Wiedereinführung eines Finanzierungskreislaufs Straße, sowie die Bereitstellung von 500 Millionen Euro für die deutschen Seehäfen pro Jahr. Zudem müsse die Bürokratie abgebaut und die Digitalisierung vorangetrieben werden.
Hinsichtlich des Klimaziele, hinter der die Speditions- und Logistikbranche in Hamburg laut VHSp steht, fordert der Verein Augenmaß – in Form von praxistauglichen und wirtschaftlich umsetzbaren Lösungen. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt fordert der VHSp eine Modernisierung, etwa unbürokratischere Verfahren für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Zu guter Letzt sprechen sich die Hamburger Spediteure dafür aus, dass sich die Politik klar zur Zukunft Hamburgs als Hafenstandort ausspricht.
Plaß macht deutlich: „Unsere Branche braucht Planungssicherheit, Investitionen und Entlastung. Logistik ist der Motor für Wachstum, Handel und Arbeitsplätze – und wir stehen bereit, unseren Beitrag zu leisten. Jetzt erwarten wir von der neuen Bundesregierung und vom neuen Hamburger Senat eine mutige Agenda, die Bürokratie abbaut, Infrastruktur modernisiert und damit den Wirtschaftsstandort Hamburg stärkt.“