Hamburg. Im Hamburger Hafen kommt es heute Vormittag erstmals seit Jahren wieder zu einem Warnstreik bei einem Hafenbetrieb. Davon betroffen ist der mittelständische Hafenlogistiker Buss-Group mit seinem Buss Hansa Terminal (BHT) im Oder-Hafen. Die vor allem für Stückgut- und Projektladungs-Umschlag genutzte Anlage befindet sich im Bereich des Mittleren Freihafens. Als Folge der geplanten Umgestaltung dieses Hafenteils wird dieser Terminal in wenigen Jahren von der Landkarte verschwunden sein. In gut zehn Jahren soll sich hier Vielzweckterminal CTS („Central Terminal Steinwerder“) erstrecken. Wer ihn betreiben wird, ist derzeit noch völlig offen.
Die dritte Verhandlungsrunde ist eingeläutet
Der von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ausgerufene Warnstreik soll den Druck auf die ins Stocken geratenen Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag für die rund 100-BHT-Beschäftigten ausüben. Seit Freitagmorgen sitzen die Verhandlungsführer der Gewerkschaft und der Buss-Geschäftsführung zusammen. Es ist die dritte und aus Gewerkschaftssicht entscheidende Verhandlungsrunde. Bei Verdi ist die Verärgerung auch deshalb so groß, weil die Buss-Group mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 für alle ihre Hafenunternehmen ihre Tarifbindung aufgekündigt hatte. „Es gibt zur Zeit keine zwischen Verdi und einem Unternehmen der Buss Ports abgeschlossene Tarifverträge“, betont die Gewerkschaft. Das in den vorangegangenen Verhandlungen seitens des Buss-Managements vorgelegte Angebot ist für die Arbeitnehmervertretung kein Thema. Sie besteht darauf, dass der Hafenlogistiker die Bedingungen des zwischen dem Zentralverband der Deutschen Seehäfen (ZDS) beziehungsweise dem Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und Verdi ausgehandelten Vertrages eins zu eins übernimmt. Im Kern geht es dabei vor allem um die Lohn- und Gehaltssteigerung von 3,9 Prozent. „Wir wollen nicht länger auf eine Entscheidung der Arbeitgeber warten“, betonte Rosi Hoyer, die für Verdi die Verhandlungsführung innehat.
Auf wenig Verständnis stößt der Warnstreik bei Heinrich Ahlers, Geschäftsführer der Buss Group GmbH & Co KG. „Aus unserer Sicht sind wir auf einem guten Wege, ein Ergebnis zu erzielen“, erklärte Ahlers der VerkehrsRundschau. Auf der anderen Seite räume das deutsche Streikrecht den Arbeitnehmern natürlich entsprechende Möglichkeiten ein, um für ihre Belange einzutreten, ergänzte Ahlers.
Buss Group verhandelte mit HPA über die „Zeit danach“
Bei Verdi vermutet man indes, dass sich das Buss-Management auch deshalb sträubt, die auf ZDS-Ebene ausgehandelten Bedingungen zu übernehmen, weil die Tage der BHT-Anlage gezählt sind und sich die Frage nach einer Betriebsweiterführung stellt. Dabei läuft der aktuelle Pachtvertrag für das weiträumige Areal eigentlich bis 2029. In den vergangenen Monaten wurde jedoch seitens der Buss Group mit der Hamburg Port Authority (HPA) über neue Nutzungsbedingungen verhandelt. Nach Gewerkschaftsinformationen kam dabei heraus, dass HPA den Pachtvertrag für das Gelände jetzt frühestens zum Jahresende 2012 kündigen könnte. Buss seinerseits verzichtet auf eine Klage auf den Fortbestand des alten Pachtvertrages und erhielt dafür im Gegenzug eine Ausgleichszahlung in Millionenhöhe, heißt es bei Verdi.
Bei der HPA wollte man die Aussagen zu möglichen Ausgleichszahlungen an Buss nicht weiter kommentieren. Die mittelständische Unternehmensgruppe gehörte im Übrigen zum Kreis der Hafenfirmen, die sich am sogenannten „Markterkundungsverfahren“ zum Projekt CTS beteiligten und mit ihrem Vorschlag den dritten Platz belegten. Die Buss Group hat für ihren Hafenbereich inzwischen eine umfangreiche Standortdiversifikation betrieben. Seit dem 1. Juli betreibt sie auch einen neuen Vielzweckterminal im niederländischen Emshaven.
Indes sind die ersten Auswirkungen der Umgestaltung des Mittleren Freihafens bereits zu erkennen. Der vor rund sieben Jahren in Betrieb genommene Leer-Container-Terminal (LZU) im Kaiser-Wilhelm-Hafen wurde zum 30. Juni geschlossen. Zum großen Bedauern von Teilen der Hafen- und Transportwirtschaft.
Die letzten, größeren Streiks im Hamburger Hafen liegen gut vier Jahre zurück, als die Teilprivatisierung des Marktführers HHLA anstand. (eha)