Berlin. Der für Ende Juni geplanten Verabschiedung der neuen Lärmschutzverordnung für Anwohner von Bahntrassen steht nichts mehr im Wege. Die meisten Sachverständigen haben die neue Berechnungsvorschrift „Schall 03 (2012)“ begrüßt, die das bisherige Verfahren „Schall 03“ aus dem Jahr 1990 ersetzen soll. Die Verordnung müsse geändert werden, da zu Jahresbeginn 2015 der Schienenbonus wegfalle, sagte Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann in der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses des Bundestages.
Da der Bau kleinerer Schallschutzwände gegenüber größeren begünstigt werde, entspreche man zugleich dem Anliegen der Bürger. „Die Menschen wollen keine Berliner Mauer, die sie von ihren Nachbarn trennt“, betonte der CDU-Politiker. Nach dem Schienenbonus werden Lärmschutzmaßnahmen an Gleisen erst vorgeschrieben, wenn der Beurteilungspegel für Straßenverkehrslärm um 5 dB(A) überschritten wird.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol hatte vor der Sitzung betont, „es ist ein wichtiges Signal an die von Schienenlärm betroffenen Bürger, dass der Verordnungsvorschlag der Bundesregierung jetzt nicht im Hauruckverfahren im Bundestag verabschiedet wird.“ Ähnlich hatte sich der Verkehrspolitiker der Linken, Herbert Behrens, geäußert. Es sei wichtig, die „realen Empfindungen der Bürger zu berücksichtigen“. Der Vertreter des Eisenbahnbundesamts, Jens Böhlke, hob hervor, die neue Verordnung sei zwar kompliziert, ermögliche aber eine exaktere Berechnung des Schienenlärms.
Nach Ansicht von Wolfgang Herrmann von der Obermeyer Planen und Beraten GmbH entspricht die überarbeitete „Schall 03 (2012)“ dem heutigen Stand der Technik. Da der Entwurf bereits seit 2006 fertiggestellt sei, dürfe ein Berechnungsverfahren nicht länger angewendet werden, „dessen Mängel seit Jahren auf der Hand liegen“. Wolfgang Probst von DataKustik äußerte Zweifel, ob das neue, aufwändige Berechnungsverfahren wirklich die Situation der von Bahnlärm betroffenen Menschen verbessere. Die „Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e. V.“ kritisierte, dass der Gesetzgeber mit der Änderung der Verordnung nicht bis zu einer Entscheidung der EU warte. Die angekündigte verkehrsträgerübergreifende Betrachtung aller Lärmquellen werde in der Novelle „nicht einmal angesprochen“, monierte Verbandsvertreter Gerd Kirchhoff. (jök)