Hamburg. Wirtschaftliche Herausforderungen und Perspektiven für den Hafen Hamburg hat Rüdiger Grube, Ex-Bahnchef und Vorsitzender im Aufsichtsrat des Hafenbetreibers HHLA, am Mittwoch in der Handelskammer Hamburg aufgezeigt. Alles, was im norddeutschen Schienengüterverkehr Rang und Namen hat, nahm dort an der dritten Bahnkonferenz mit dem Thema „Schienengüterverkehr und Häfen“ teil. Um Intermodalität als Erfolgsfaktor und um absehbare Marktveränderungen ging es. Und so wählte Grube die schicksalshafte Überschrift „Quo vadis Germany?“ in seiner Eröffnungsrede.
Was helfe der „tollste Hafen“, wenn die Ware ausbliebe, fragte Grube. Feste Antworten darauf gebe es nicht. Obwohl hierzulande die wirtschaftlichen Strukturen gesund seien, seien die Aussichten eingetrübt – nicht zuletzt wegen Irritationen aus der Politik. Die hohen deutschen Preise ließen sich nur dann im Weltmarkt behaupten, wenn sie mit Schnelligkeit und Innovation einhergingen. Wie sehr es Deutschland daran mangele, machte er am Beispiel des Schweizer Gotthardtunnels – längst fertig – und dem immer noch fehlenden dritten Zulaufgleis in Südbaden deutlich.
Neuer Seidenstraße und China gehört die Zukunft
Vom Im- und Export der deutschen Wirtschaft hingen die Transportmengen in Häfen und auf der Schiene ab, sagte Grube. Und Leitindustrie sei die Automobilbranche. Diese käme an China nicht mehr vorbei: VW’s China-Anteil betrage 22 Prozent, 25 Prozent seien es bei BMW und 27 Prozent bei Daimler. In der Bei den Fahrzeugherstellern stünden heute mehrere fundamentale Änderungen gleichzeitig an: E-Mobilität, Wasserstoff-Antriebe sowie autonomes und vernetztes Fahren. „Für ein Unternehmen allein ist das zu viel!“ Also seien Kooperation und Allianzen angesagt.
Grube war damit bei seinem Kernthema „China“. Die Neue Seidenstraße sei das größte Infrastrukturprojekt auf Erden; vieles gebe es noch zu tun: kürzere Laufzeiten, weg mit Zwischenstopps und her mit dem Digitalen Frachtbrief. Wie ein Tiger umkreiste Grube alle Facetten des China-Themas – bis hin zu wiederholten anzüglichen Bemerkungen über den gernegroßen „China-Hafen“ Duisburg als die vermeintliche Nummer eins im Land.
Hafen Hamburg teurer als andere Nordseehäfen
Den Hafen Hamburg mit seiner guten Schienen-Anbindung ins Hinterland lobte Grube, schrieb ihm allerdings auch einige unangenehme Dinge ins Stammbuch: So sei er im Vergleich mit anderen Nordsee-Häfen zu teuer; wenn die Reeder seit Jahren in Allianzen ihr Heil suchten, müsse auch Hamburg über Kooperationen nachdenken und die dann größere Einkaufsstärke ausnützen. Schließlich gehöre die „Logistik 4.0“ ins Zentrum. Zur Terminalproduktivitätserhöhung brauche es darüber hinaus längere Ausweichgleise, um durch längere Güterzüge Kosten sparen zu können.
Grubes Vortrag mündete in einen an den Hafen Hamburg gerichteten Katalog von „zehn notwendigen Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“: An erster Stelle stand der Fahrrinnenausbau auf der Elbe gefolgt von seinem Plädoyer für einen Tunnelbau als Ersatz für die demnächst abgängige Köhlbrandbrücke, der Anbindung an die Neue Seidenstraße und neuen Nutzungskonzepten. Nach knapp 50 Minuten schloss der Ex-Bahnchef seine weltwirtschaftliche Tour d’Horizon unter Riesen-Beifall ab. (cfd)