Mainz. Die Eröffnung des Gotthard-Tunnels in der Schweiz wird voraussichtlich mehr Güterzüge ins lärmgeplagte Mittelrheintal bringen. Die Lärmbelästigung dürfte noch zunehmen, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Mittwoch in Mainz in ihrer Regierungserklärung. Nach Regierungsangaben ist der Tunnel der erste Schritt einer neuen Nord-Süd-Verbindung im Güterverkehr, für die nach dem Jahr 2035 auch die Strecke im Mittelrheintal ausgebaut wird. Deswegen müsse eine Alternativstrecke zur Entlastung gefunden werden.
Längere Züge bedeuten mehr Lärm
Bahnlärm-Gegner befürchten täglich bis zu 100 Güterzüge mehr im Mittelrheintal. Außerdem würden die Züge länger, da sie in den Alpen nicht mehr so starke Steigungen überwinden müssten. „Das bedeutet mehr Erschütterungen und mehr Lärm“, sagte Willi Pusch, Vorsitzender der „Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn“.
Täglich fahren nach Bahn-Angaben derzeit rund 400 Züge durch das Mittelrheintal, darunter etwa 250 Güterzüge. Die Bürgerinitiative spricht von 600 Zügen am Tag. Dabei erreichten die Güterzüge eine Lautstärke wie ein Presslufthammer, sagte Pusch. Nach dem Ausbau erwartet er Züge im Drei-Minuten-Takt. „Da ist Leben hier nicht mehr möglich.“
Alternative Strecken bauen
Die Bürgerinitiative fordert eine alternative Strecke für den Güterverkehr. Außerdem müssten Schalldämpfer an Schienen, Lärmschutzwände und Unterschotter-Matten schneller installiert werden. 80 Millionen soll das kosten, wobei sich Rheinland-Pfalz und Hessen an den Kosten beteiligen. Die Bahn rüstet derzeit ihre Güterzüge auch mit leiseren Bremsen nach.
Im Koalitionsvertrag der rot-gelb-grünen Landesregierung in Mainz heißt es dazu „Sollte sich der Bahnlärm im Mittelrheintal absehbar bis 2020 nicht halbieren, werden wir uns für ein Fahrverbot lauter Güterzüge spätestens ab 2020 einsetzen.“ Der Bahnlärm beeinträchtige die Lebensqualität und Gesundheit von 30.000 Menschen, erklärten das Verkehrs- und Umweltministerium.
Dreyer kritisierte, dass der alternativen Güterverkehrsstrecke im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 keine hohe Priorität gegeben wurde. Die Landesregierung habe ihren Protest dagegen angemeldet. „Die Alternativtrasse fern des Mittelrheintals ist alternativlos“, sagte auch Benedikt Oster, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in Mainz. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will dazu Gespräche mit den beteiligten Ländern und dem Bund führen. (dpa)