Paris. Pierre Blayau (62), derzeit Chef der SNCF-Gütertransportsparte SNCF Geodis, dürfte in Kürze zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der staatlichen französischen Atomenergie-Gruppe Areva ernannt werden. Er würde damit die Nachfolge von Jean-Cyril Spinetta antreten, dessen Amtszeit am 24. Juni ausläuft.
Mit Blayau setzt Paris auf einen Industriemanager, der sowohl private als auch öffentliche Unternehmen geleitet hat. Mitbewerber für den Areva-Posten waren an die 10 weitere Kandidaten mit eher politischem Background. Gleichwohl gilt der Geodis-Chef als dem aktuellen Staatspräsidenten François Hollande nahestehend. Er hat für das Amt die Unterstützung namhafter Größen aus der französischen Industrie wie Jean-Louis Beffa, dem früheren Saint-Gobain-Vorstand, oder Louis Gallois, vormals Chef der Staatsbahn SNCF und danach Vorstand beim Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS, der jetzt als Generalkommissar für Staatsinvestitionen fungiert.
Französische Karriere
Dass die Wahl auf Pierre Blayau fallen dürfte, wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auf die enge Verflechtung, die in Frankreich zwischen Staat und Wirtschaft vorherrscht. Blayau ist Absolvent einer der grossen Eliteschulen des Landes, die er als Finanzinspektor verlassen hat, kam 1982 zum Mischkonzern Saint-Gobain und von dort 2 Jahre später zur staatlichen Planungsbehörde Direction du Plan. Damit war er nach gängigem französischem Verständnis auf dem Königsweg. Der führte ihn über den Warenhauskonzern PPR des Milliardärs François Pinault an die Spitze des ehemaligen Küchengeräte-Herstellers Moulinex, den Blayau jedoch nicht vor dem Untergang gerettet hat. Die führende Pariser Wirtschaftszeitung Les Echos bezeichnet heute diese Episode in seinem Werdegang als Desaster.
Die nächste Station für Blayau war die Spitzenposition bei der SNCF-Tochter Geodis, die er aktuell innehat. Seine Aussichten, die Leitung des Areva-Aufsichtsrats zu übernehmen, werden sehr schnell die Frage aufwerfen, ob er damit nicht aus seinem jetzigen Amt wird ausscheiden müssen. Wie die Pariser Presse berichtet, mochten sich Staatsbahn und Nuklearkonzern noch nicht hierzu äussern. (jb)