Gegen den Papierkram

Der bürokratische Aufwand für deutsche Unternehmen wächst. Allein durch die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns sind die Folgekosten gesetzgeberischer Maßnahmen für die Wirtschaft im vergangenen Jahr um rund zehn Milliarden Euro gestiegen. Das eigentliche Geschäft bleibt zunehmend auf der Strecke. Die Wirtschaft soll deshalb künftig mehr Spielräume für Wachstum und Beschäftigung erhalten - durch ein Sinken der bürokratischen Belastung. Das ist zumindest das Ziel des Bürokratieentlastungsgesetzes der Bundesregierung, das der Bundesrat Anfang Juli gebilligt hat. Es sieht unter anderem Folgendes vor: - Von den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten im Handelsgesetzbuch und in der Abgabenordnung sind künftig mehr kleine Unternehmen als bisher befreit. Die Grenzbeträge für Umsatz und Gewinn steigen um jeweils 20 Prozent auf 600.000 beziehungsweise 60.000 Euro. Unternehmen, die unter den genannten Grenzbeträgen liegen, können ihren Gewinn per Einnahme-Überschussrechnung ermitteln. Sie müssen keinen Jahresabschluss mehr erstellen. - Durch die Anhebung der Schwellenwerte in verschiedenen Wirtschaftsstatistikgesetzen von 500.000 auf 800.000 Euro beginnt die Meldepflicht für Start-ups erst drei Jahre nach der Gründung. Auch für die Umweltstatistik gilt erstmals ein Schwellenwert von 800.000 Euro. - Die Meldeschwellen für die Intrahandelsstatistik, also die Erfassung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs, steigen beim Wareneingang von 500.000 Euro auf 800.000 Euro. - Der Gesetzentwurf enthält auch Maßnahmen aus dem Bereich des Steuerrechts: So wird die Lohnsteuerpauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte auf 68 Euro angehoben. Spediteursverband kritisiert Entwurf Viele Unternehmen aus der Speditions-, Transport- und Logistikbranche profitieren von den jetzigen Entlastungsvorschlägen im Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes nach Experteneinschätzungen leider wenig bis gar nicht. Eine einfache Maßnahme zum Bürokratieabbau, die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen, sei im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt, sagt Edina Brenner, Geschäftsführerin des Landesverbandes Bayerischer Spediteure (LBS). Die Speditions- und Logistikbranche habe erhebliche buchhalterische Pflichten zu erfüllen und könne sich enorme Kosten sparen, wenn die Aufbewahrungsfristen für viele buchhalterische Dokumente von zehn auf fünf Jahre verkürzt würden. Zudem kritisiert sie, dass der Vorschlag zur Anhebung des Schwellenwertes für die sofortige Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter von 410 Euro auf 800 Euro nicht wie ursprünglich vorgesehen im Gesetzentwurf enthalten ist. Die letzte Anpassung ist hier vor 50 Jahren erfolgt. Positiv sieht der LBS die ab dem zweiten Halbjahr 2015 geltende "One in, one out"-Regelung, nach der bei neuen Regelungsvorhaben bürokratische Belastungen in gleichem Maße abgebaut werden müssen (siehe Kasten). Das Bürokratieentlastungsgesetz soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Die höheren Buchführungsgrenzen sollen erstmalig für Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen. One in, One out-Regel Bundesregierung führt Bürokratiebremse ein Im Zusammenhang mit dem Bürokratieentlastungsgesetz ist am 1. Juli ein weiteres Regelungsvorhaben in Kraft getreten. Dieses besagt im Kern: Belastungen, die der Wirtschaft durch neue Regelungen entstehen, will die Bundesregierung binnen eines Jahres gleichermaßen an anderer Stelle abbauen. Ziel ist es, den bürokratischen Mehraufwand für Unternehmen dauerhaft zu begrenzen. "One in, one out" nennt sich dieses Prinzip.Die selbst auferlegte Bürokratiebremse gilt grundsätzlich für alle Regelungsvorhaben der Bundesregierung, die Folgen für die Wirtschaft haben. Ausgenommen sind Vorhaben, die EU-Vorgaben, internationale Verträge sowie Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. ag

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