Paris. In der Bretagne, Frankreichs westlichster und als strukturschwach geltender egion, stößt die für Januar kommenden Jahres vorgesehene Einführung einer Ökosteuer für Nutzfahrzeuge auf massive Ablehnung. Seit bald 2 Wochen kommt es dort immer wieder zu militanten Aktionen von Gruppen unterschiedlicher Couleur, in deren Verlauf schon mehrere der an den wichtigsten Straßenverbindungen installierten Kontrollbrücken des Systembetreibers Ecomouv' niedergerissen und zerstört wurden. Zu den Protestierenden gehören außer Landwirten auch Vertreter der verladenden Industrie, Transportunternehmen, Lokal- und Regionalpolitiker sowie Repräsentanten der bretonischen Industrie- und Handelskammern. In der Ablehnung der geplanten Steuer, mit der ein Anreiz zur Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene geschaffen werden soll, ist sich die gesamte Wirtschaft der Region einig.
Aderlass in der Bretagne
Die Bretagne erlebt seit gut einem Jahr einen wahren industriellen Aderlass mit immer mehr Arbeitslosen im Gefolge. Den ersten Paukenschlag erlebte sie im Juni letzten Jahres mit dem Zusammenbruch des bis dahin größten europäischen Geflügelfabrikanten Doux S.A. Er war der Auftakt für eine Reihe weiterer Problemfälle wie dem der Großschlachterei Gad, des Räucherlachs-Spezialisten Marine Harvest, der Geflügelgruppe Tilly-Sabco oder des Charcuterieherstellers Jean Gaby. Jeder dritte Arbeitsplatz in der Bretagne befindet sich im Bereich der Lebensmittel- und Agrarindustrie. Die Ökosteuer sei der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, erklären deren Gegner und verweisen darauf, dass sie mangels hinreichender alternativer Transportangebote und der von den großen Ballungszentren unverhältnismäßig weit entfernten Lage ihrer Unternehmen so gut wie ausschließlich auf die Nutzung des Straßengütertransports angewiesen seien.
Auch die vom Gesetzgeber der Region am Atlantik aus eben diesem Grunde zugestandene Halbierung der Ökosteuer und die Befreiung der Route Nationale 164 von der Abgabe, bringen die Protestierenden von ihrem Widerstand nicht ab. Die Furcht geht um, dass sich das bretonische Produktions- und Verarbeitungsgeschehen von den meernahen Randlagen weg in Richtung der dem Pariser Becken näher gelegenen Stadt Rennes verlagern könnte, auch weil diese eine günstigere Autobahnanbindung mit Mautpflicht aufweist. (jb)