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Wer anderen Verkehrsteilnehmern die Zunge herausstreckt oder ihnen "Leck mich" zuruft, kommt noch vergleichsweise glimpflich davon. In beiden Fällen droht häufig ein Bußgeld von 300 Euro, wenn die Ordnungshüter davon Wind bekommen. Andere Ausraster am Steuer können zu deutlich empfindlicheren Strafen führen.Gesten und Worte, die im Straßenverkehr Ärger machen, sind laut dem ADAC nämlich keine Kavaliersdelikte: Wer einen anderen beleidigt, absichtlich kränkt oder sich verächtlich äußert, begeht eine Straftat, die mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet werden kann. Der Autoclub hat jetzt über typische Beispiele und ihre möglichen Auswirkungen informiert.Keine Regelsätze für BeleidigungenDie Vorfahrt genommen, geschnitten oder zu dicht aufgefahren: Da verlieren einige Fahrer die Nerven. Selbst alltägliche Verkehrssituationen eskalieren leider häufiger, weil das Stresspotenzial im Straßenverkehr steigt. Mitunter muss die Polizei dafür sorgen, dass die gute Kinderstube nicht auf der Strecke bleibt.Ein fester Strafenkatalog für Beleidigungen im Straßenverkehr existiert zwar nicht. Allerdings gibt es Durchschnittswerte aus der Praxis, an denen sich Fahrer orientieren können. Geldstrafen werden im Strafrecht mit Tagessätzen bemessen, die sich am Verdienst des Beschuldigten orientieren. Ein Tagessatz ist üblicherweise der 30. Teil eines Monatsnettogehaltes. Je schwerwiegender der Schuldvorwurf, desto höher die Zahl der Tagessätze. In der Regel werden für eine Beleidigung zwischen 20 und 30 Tagessätze verhängt. Als Tageshöchstsatz gelten in Deutschland 30.000 Euro.Eine der häufigsten Kränkungen auf deutschen Straßen ist der gestreckte Mittelfinger. Für den Stinkefinger wurden schon Geldstrafen in Höhe zwischen 600 und 4000 Euro verhängt. Zeigt ein empörter Autofahrer einen Vogel, kostet ihn dies 750 Euro. Der Scheibenwischer liegt zwischen 350 und 1000 Euro.Bei verbalen Entgleisungen wird es meist teurer: Für Beschimpfungen wie "fieses Miststück" oder "alte Sau" können Geldstrafen von 2500 Euro fällig werden. In anderen Fällen kosteten Kraftausdrücke wie "blöde Kuh", "Arschloch" oder "Wichser" jeweils 1000 Euro, nennt der ADAC Beispiele. Es kommt vor, dass derselbe Begriff andernorts milder bestraft wird. So gab es für die "dumme Kuh" auch schon Bußgelder zwischen 300 und 600 Euro. Mitunter werden mehrere Begriffe zusammengefasst: Bei einem Streit zwischen einem Pkw- und einem Lkw-Fahrer, der mit Schimpfwörtern wie "Hurensohn, Bastard und Hurenbock" einherging, wurden insgesamt 1600 Euro fällig.Vorsicht beim Pöbeln über PolizistenBesonders streng verfolgen die Behörden herabsetzende Äußerungen gegenüber Polizisten. Denn die Beamtenbeleidigung trifft nicht nur die Person, sondern auch den Vertreter des Staates. Deshalb erstattet der Ordnungshüter meist gemeinsam mit seinem Dienstvorgesetzten Anzeige. Bei einer Verurteilung kann es teuer werden. Wie viel das den Fahrer kostet, entscheiden die Gerichte im Einzelfall.Verbale Entgleisungen gegenüber Polizisten wie "Kasperleverein" können ebenfalls teuer werden. Wer so etwas sagt, ist schnell mal 1000 Euro los. Ex-Fußballprofi Stefan Effenberg hat vor einigen Jahren tiefer in die Tasche greifen müssen. Ein "Arschloch", das einem Polizeibeamten galt, habe ihn 10.000 Euro gekostet.Vorsicht ist auch bei indirekten Beleidigungen gegenüber Ordnungshütern geboten: So wurden für den Satz "am liebsten würde ich Arschloch zu dir sagen" in einem Fall 1600 Euro fällig. Selbst bei Aufklebern am Fahrzeug sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Von einem Sticker mit der Beschriftung "Fick dich, Zettelpuppe" fühlte sich eine Politesse beleidigt. Der Besitzer musste 600 Euro Strafe zahlen. Bei Berufskraftfahrern hat aggressives Verhalten im Straßenverkehr vereinzelt sogar negative Folgen für deren Chefs. Zum Beispiel dann, wenn Tätlichkeiten wie Schubsen oder Spucken dazukommen. Wird ein Trucker derart handgreiflich, drohen bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Kritisch für Güterverkehrsunternehmer sind auch Nötigungen wie bewusstes und zu dichtes Auffahren, plötzliches wiederholtes Linksausscheren sowie andauerndes Hupen oder Aufblenden auf den Vordermann. Eine Beleidigung plus Nötigung kostete in einem Fall 1600 Euro plus einen Monat Fahrverbot. Ein Fahrverbot kann ein Richter bei einer Verurteilung wegen einer Beleidigung als Nebenstrafe aussprechen.Manches gilt als MeinungsäußerungDoch nicht jede Beleidigung ist strafbar: In manchen Fällen kamen Beklagte trotz Begriffen wie "Wegelagerer", "Oberförster" oder auch "komischer Vogel" gegenüber Polizisten ohne Bußgeld davon. In einem anderen Fall blieb die Aussage "Das ist doch Korinthenkackerei" ohne Folge. Der Richter berief sich bei seinem Freispruch auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Punkte in Flensburg gibt es für Ausraster nicht mehr. Sie wurden dem ADAC zufolge 2014 abgeschafft. Wer selbst austeilt, kann sich eine Anzeige sparen. Beschimpfen sich zwei Verkehrsteilnehmer im selben Streit gegenseitig, können Gerichte das gegeneinander aufwiegen - und beide freisprechen.Mehr zum Thema im Dossier "Straßenverkehrsrecht" www.verkehrsrundschau.de/dossiersTipps für FahrerADAC rät zu EntspannungIm Verkehr kommt es immer wieder zu Situationen, die Stress auslösen. Die Auslöser sind unterschiedlich, sie reichen vom Konflikt mit anderen Fahrern über verstopfte oder enge Straßen bis hin zu notorischem Zeitdruck. Häufig agieren Männer im Straßenverkehr aggressiver als Frauen.Um Aggressionen zu vermeiden, empfiehlt der ADAC, selbst vorausschauend und ruhig zu fahren, Zeitreserven einzuplanen, sofern möglich, sowie regelmäßige Pausen für Entspannungs-, Lockerungs- oder Atemübungen zur körperlichen Erholung und zum Stressabbau zu nutzen. Zudem hilft eine defensive Fahrweise, Konflikte zu vermeiden. Auch Fahrsicherheitstraining kann die individuelle Fahrweise und das Stressempfinden verbessern. Beim Streit auf der Straße kann nicht zuletzt ein einfaches Mittel die Situation entspannen: eine Entschuldigung. ag

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