Brüssel. Bei der Abstimmung über das vierte Eisenbahnpaket hat das Plenum des Europaparlaments gegen die vollständige Transparenz der Finanzströme zwischen den Unternehmensbereichen Netz und Betrieb in Holdingstrukturen wie der Deutschen Bahn (DB) gestimmt. Damit weichten die Abgeordneten die Beschlussvorlage aus dem Verkehrsausschuss auf, der seinerseits bereits die strikten Vorschläge der EU-Kommission abgemildert hatte. Diese wollte die scharfe Trennung von Netz und Betrieb einführen.
Bei den technischen Gesetzesvorlagen unterstütze das Plenum hingegen die Stärkung der Rolle der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) als zentrale Anlaufstelle für die Ausstellung von Sicherheitszertifikaten und Zulassungsgenehmigungen für rollendes Material. Dadurch soll die Zerstückelung des europäischen Eisenbahnmarktes in nationale Territorien überwunden werden. Züge sollen künftig genau wie LKW quer durch Europa fahren können, ohne aufgrund von unterschiedlichen technischen Anforderungen an nationalen Grenzen anhalten zu müssen.
Stärkung der Europäischen Eisenbahnagentur
„In der EU haben wir 17 Prozent der Güter auf der Schiene, in den USA als Autobahnland schlechthin 40 Prozent“, sagte der Grüne Michael Cramer, Berichterstatter für die Sicherheitszertifizierung nach der Abstimmung. Das liege an der Zersplitterung in Europa, die mit den technischen Neuerungen des vierten Eisenbahnpakets behoben werden könnte. Dafür müssen die Beschlüsse des Parlaments aber noch mit den Standpunkten der EU-Mitgliedsländer aus dem Rat abgeglichen werden. Dort stehen viele Staaten der Stärkung von ERA skeptisch gegenüber.
Außerdem sind dort noch nicht alle technischen Gesetzesvorschläge behandelt worden. Eine Chance zum Abschluss des technischen Pfeilers besteht auf der Sitzung der EU-Verkehrsminister am 14. März. Danach könnte es zu direkten Verhandlungen mit dem Parlament kommen, so dass dieser Teil des Pakets noch vor den EU-Wahlen im Mai endgültig beschlossen werden könnte.
Politischer Teil des Eisenbahnpakets geht in die nächste Runde
Für den politischen Teil mit der Frage nach der Trennung von Netz und Betrieb ist das nicht mehr möglich. Die Mitgliedsländer haben sich mit diesem umstrittenen Punkt noch nicht befasst.
Auf das Abstimmungsergebnis zu diesem politischen Teil gab es unterschiedliche Reaktionen. Der Europäische Eisenbahnverband CER begrüßte das Votum als Zukunftsweisend. CER hatte sich immer gegen eine EU-Vorgabe gewährt, wie Eisenbahnunternehmen strukturiert sein sollen.
Enttäuscht zeigte sich dagegen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Die Unabhängigkeit der Infrastrukturmanager und die finanzielle Transparenz in vertikal integrierten Strukturen, wie bei der Deutschen Bahn, seien grundlegend, um eine gleichberechtigten und nicht diskriminierenden Zugang für alle Marktteilnehmer zu garantieren, so Kallas in einer Pressemitteilung. (kw)