Brüssel. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat sich dafür entschieden, künftig den grenzüberschreitenden Verkehr von Eurocombis (Lang-LKW) zwischen zwei Staaten zu erlauben, in denen sie bereits fahren dürfen. In einem Brief an den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Europaparlaments, Brian Simpson, begründet Kallas seine Entscheidung vor allem mit dem Hinweis auf Wettbewerbsregeln. Das Schreiben liegt der VerkehrsRundschau vor.
Darin hebt der EU-Verkehrskommissar vor allem auf den Geist der EU-Richtlinie 96/53/EC ab, deren Artikel 4 bislang zum Verbot von grenzüberschreitenden Fahrten von überlangen LKW auch noch von Kallas selbst herangezogen worden war. Der Este argumentiert, dass die Festlegung auf Maximalgrößen und -gewichte von LKW einen Beitrag zu fairen Wettbewerbsbedingungen im grenzüberschreitenden Verkehr liefern sollten. Ein ausländisches Unternehmen solle nicht dadurch einen Vorteil erlangen, dass es größere Kapazitäten als einheimische Unternehmen anbieten konnte. Gerade auch im Hinblick auf die Liberalisierung der Kabotageregeln sei das von Bedeutung.
Wenn zwei Nachbarländer jedoch von den Ausnahmeregelungen für Maße und Gewichte für LKW Gebrauch machen und darin übereinstimmen, dass diese überlangen LKW jeweils auf dem Territorium des anderen Landes fahren dürfen, so sei es unsinnig, dies zu verbieten. Ein EU-Gesetz zum Schutz vor unfairer Konkurrenz sei in diesem Fall nicht mehr notwendig. So Kallas sinngemäß in seinem Brief.
Europäische Gerichtshof (EuGH) soll entscheiden
Der Kommissar weist in seinem Schreiben jedoch auch darauf hin, dass er sich bewusst sei, dass Artikel 4 durchaus Raum für unterschiedliche Interpretationen lasse. Seine Auffassung habe er in dem Brief dargelegt. Auf diesem Hintergrund werde er grenzüberschreitende Fahrten von Eurocombis künftig nicht mehr als Verstoß gegen EU-Gesetze werten. Letzte rechtliche Entscheidungsinstanz sei allerdings der Europäische Gerichtshof (EuGH). Einige Mitglieder des Verkehrsausschusses des Europaparlaments hatten in den vergangenen Monaten bereits angekündigt, vor dem EuGH zu klagen, falls Kallas seine Meinung in der Sache nicht ändern werde.
Ende Februar war bekannt geworden, dass Kallas den grenzüberschreitenden Verkehr von Eurocombis unter den oben genannten Bedingungen erlauben wolle. Die EU-Abgeordneten fühlen sich durch die einseitige Entscheidung in ihrem Mitbestimmungsrecht übergangen. Rechtsstudien, die im Auftrag von Abgeordneten und der Umweltorganisation Transport & Environment angefertigt wurden, sagen aus, dass die Neuauslegung des EU-Gesetzes von Kallas juristisch anfechtbar sei. Am kommenden Montag findet die nächste Sitzung des Verkehrsausschusses in Brüssel statt. (kw).