Erfreulich langweilig

Die gute Nachricht zuerst: Obwohl Diesel in den letzten Wochen an der Zapfsäule wieder leicht teurer geworden ist, droht keine Rückkehr zu alten Höchstpreisen. Während der Preis vor fünf Jahren noch bei über 120 Cent pro Liter für Großverbraucher lag, schwankte er dieses Jahr durchgehend um die 90-Cent-Marke, wie Zahlen des statistischen Bundesamtes zeigen. Experten erwarten, dass die Phase des relativ billigen Öls anhält. "Ich sehe die Preisspanne für Brent-Öl in den nächsten drei Jahren im Schnitt zwischen 50 und 55 US-Dollar pro Barrel", sagt Jan Edelmann, Rohstoffexperte bei der HSH Nordbank, Hamburg. Im September lag der Preis um die 50 US-Dollar, Ende Oktober kletterte er dann allerdings auf über 56 US-Dollar. Kurzfristige Ausreißer unter 50 oder über 60 US-Dollar seien möglich, so der Analyst, würden aber an der langfristigen Trendlinie nichts ändern. Woher kommt diese Ruhe an der Kraftstoff-Front? Dazu tragen die US-amerikanischen Produzenten maßgeblich bei. Sie haben mithilfe der Fracking-Methode die Schieferöl-Vorräte im Land erschlossen und die USA zu einem wichtigen Produzenten gemacht. An dieser Gesamtlage wird sich zunächst nichts ändern - zumindest, wenn man die Vergangenheit als Indikator nimmt. Die HSH Nordbank hat den Energiemarkt in den USA seit 1925 analysiert und gewisse Zyklen beobachtet: angefangen bei der Förderung des Öls aus dem Boden über das Tiefseebohren in den 1970er- und 1980er-Jahren bis zur Erschließung des Schieferöls um die Jahrtausendwende. Die dafür nötige Technologie, das Fracking, ist jetzt in der sogenannten Ausbeutungsphase angekommen: Sie ist etabliert, man vertraut darauf, dass mittelfristig die Versorgung steht. Das wiederum schlägt sich in den niedrigen Preisen nieder. Diese Phase wird, wie bei anderen Fördermethoden zuvor, noch andauern. "Die Schieferölindustrie bleibt die nächsten fünf bis zehn Jahre der dominante Spieler", resümiert Edelmann. Auch ein Hurrikan beeinflusst die Preise Allerdings ergibt sich die Rechnung an der Zapfsäule nicht nur aus dem Rohölpreis. Wie viel Diesel kostet, hängt auch von der Weiterverarbeitung ab. Wie sensibel die ist, zeigte zuletzt der Hurrikan Harvey: Der Sturm legte zeitweise 20 Prozent der US-amerikanischen Raffineriekapazitäten lahm, was zu kurzfristigen Spitzen bei den Kraftstoffpreisen führte. Ein weiterer Faktor, der in die Dieselpreise hineinspielt, sind die Lagerbestände. "In den wichtigen europäischen Ölhäfen sind sie wieder deutlich zurückgegangen, was für eine gewisse Knappheit spricht", so Edelmann. Sprich: Hier könnte die Wurzel künftiger Preisanstiege liegen. Deutlich stärker wirkt sich meist der Wert des Euro auf den Dieselpreis aus. Daumenregel: Schwächelt die Einheitswährung, wird Kraftstoff an der Zapfsäule teurer, weil Öl in Dollar gehandelt wird. Der Währungseffekt kann dazu führen, dass Tanken teurer wird, obwohl der Rohölpreis sinkt. Alle Faktoren sieht Edelmann im Moment allerdings als unkritisch an. "Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Dieselpreise grundlegend anders als in den letzten zwei bis drei Jahren entwickeln." Für böse Überraschungen kann natürlich auch immer die Weltpolitik sorgen. Dabei ist der größte Unsicherheitsfaktor nicht Nordkorea, da das Land kein Öl produziert. Vielmehr schauen die Experten derzeit auf die Aussagen von US-Präsident Trump zum Atomdeal mit Iran. Gerät das Abkommen ins Wanken, könnte das zu einem Preisaufschlag führen, sagt HSH-Experte Edelmann. "Außerdem sind in Libyen und Nigeria mehr Produktionsausfälle zu erwarten." Durch plötzliche Hafenschließungen etwa könne der Ölexport dieser Länder ins Stocken geraten. Auf Libyen und Nigeria zusammen entfallen zwar nur 2,55 Prozent der weltweiten Produktion, dennoch können Störungen dort an deutschen Tankstellen spürbar sein. Und damit die Geschäfte der Transportdienstleister belasten. Denn üblicherweise macht Kraftstoff in einem Transportunternehmen 20 bis 25 Prozent der Gesamtkosten aus. Viele Speditionen gehen den Einkauf von Diesel trotzdem eher hemdsärmelig an: Am Montagmorgen werden ein paar bekannte Mineralölhändler abtelefoniert und dann - nach kurzer Verhandlung - ein Zug Diesel geordert. Wie man Diesel einkaufen sollte Experten raten dazu, den Kraftstoffeinkauf sorgfältiger anzugehen. "Sie sollten mehrgleisig fahren", empfiehlt Jürgen Fedrowitz, Unternehmensberater aus Gladbeck. Er schlägt folgende Einkaufsstrategie vor: Ein Viertel des benötigten Diesel als festes Kontingent beim Händler ordern (sichert den Preis für einen gewissen Zeitraum), ein weiteres Viertel auf dem Spotmarkt zu Tagespreisen beschaffen, ein weiteres Viertel über Tankkarten abdecken - und die verbleibende Menge je nach Preislage einkaufen. Ist der Betrieb relativ gleichbleibend ausgelastet, lohnt es in jedem Fall, bei niedrigen Preisen ein größeres Kontingent einzukaufen. Genau davor aber schrecken die Unternehmen häufig zurück. Das typische Szenario: Der Preis liegt zum Beispiel bei 85,2 Cent, und der Spediteur zögert, weil er unter 85 Cent einkaufen will, nach dem Motto "Es wird schon weiter runtergehen". Doch am Ende durchstößt der Preis nicht die angepeilte Grenze - und der günstige Einkaufsmoment zieht vorüber. "Häufig gibt es zu viel Unentschlossenheit gepaart mit Vorsicht", so Fedrowitz. Will der Betrieb Tankkarten nutzen, rät der Experte zu Angeboten, die sich an Wochendurchschnittspreisen orientieren. Sie legen zum Beispiel den Preis zugrunde, den der Informationsdienst OMR (omr.de) ermittelt. Für weniger gut hält Fedrowitz Tankkarten, bei denen der Preis nach dem Muster "Zapfsäule minus X" kalkuliert wird. "Dann muss der Fahrer darauf achten, dass er nicht dann tankt, wenn es am teuersten ist, etwa morgens." Das allerdings lasse sich nicht immer verhindern. Viele Spediteure liebäugeln auch mit dem Tanken im Ausland. Aus gutem Grund: Während in Deutschland derzeit im Schnitt 1,17 Euro auf dem Preisschild stehen, sind es in Österreich 1,15 Euro, in Polen 1,07 Euro und in Luxemburg nur 1,01 Euro (siehe Grafik). Für Spediteure in Aachen etwa gehört es deshalb zum Alltag, die Fahrzeuge im nahen Großherzogtum zu befüllen oder sich von dort Diesel liefern zu lassen; ein ähnlicher Tanktourismus findet zeitweise zwischen Südbayern und Österreich statt. Doch außer Unternehmen in direkter Grenznähe könnten nur wenige Betriebe vom Tanken im Ausland profitieren, so Fedrowitz. "Im Endeffekt lohnt sich der Umweg nur selten." Ein einfaches Rechenbeispiel: Wer 400 Liter in Luxemburg tankt, zahlt 16 Cent pro Liter oder 64 Euro weniger. Dieser Betrag würde ungefähr reichen, um für den Spriteinkauf 64 Kilometer zu fahren (unter Vernachlässigung von Lohnkosten und Fahrzeit). Wer also mehr als 32 Kilometer von der Grenze entfernt beheimatet ist, sollte keinen Tanktourismus betreiben. Achtung beim Verbrauch Sinnvoll ist es in jedem Fall, zunächst die internen Einsparmöglichkeiten auszuschöpfen. Das beginnt mit der Auswahl von Fahrzeugen und Motoren, die für den Einsatz richtig dimensioniert sind, geht über die regelmäßige Überprüfung des Reifendrucks bis hin zur Schulung in Spritsparender Fahrweise. Die Erfahrung von Experte Fedrowitz: Selbst bei gleichem Fuhrpark kann der Dieselverbrauch zwischen zwei Betrieben um bis zu 5 Liter pro 100 Kilometer abweichen. "Häufig ergibt sich die Differenz zum Beispiel durch die Leerlaufzeiten. Schon ab zwei Minuten lohnt es sich, den Motor abzuschalten." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Diesel www.verkehrsrundschau.de/dossiers

BGA: Situation im Großhandel ist schlecht

Luftfracht: DHL Express und Shell kooperieren

Konjunktur: KfW Research senkt Wachstumsprognose

Export: USA bleiben wichtigster Handelspartner

Batteriehersteller: Northvolt beantragt Gläubigerschutz

Alle Schlagzeilen

Erfreulich langweilig

HASHTAG

#Alternative Antriebe

Lkw-Abgaskontrollen in Österreich

Nachwuchsfahrer absolvieren Eco-Profi-Training bei Mercedes-Benz

Paris macht Schluss mit Diesel- und Benzinfahrzeugen

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Area HR Business Partner

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER