Echte Alternative oder Kurzschluss?

Bertolt Brechts Spruch "Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin" war Ende der Achtziger populär. In Abwandlung könnte man 2018 sagen: "Stell dir vor, es ist E-Mobilität, und keiner baut dir einen Laster." Ganz so dramatisch ist es freilich nicht, denn es gibt ein paar Vorausdenker - nur nicht in Stuttgart, München, Eindhoven ... Wahrscheinlich geht jetzt ein Aufschrei durch die Büros bei Daimler und MAN: "Wir bauen doch E-Laster!" Schon, aber die neun schon lange versprochenen MAN ETrucks sind heute noch nicht beim Kunden und bei Mercedes bleibt es ein ums andere Mal bei zehn Actros und ein paar "Urban ETrucks" die man in die Kundenerprobung schicken will. Da fehlt es einfach an Mut. Erst kürzlich erläuterte ein hoher Daimler-Funktionär: Bei uns muss alles sicher sein. Wenn ein EActros auf der Kreuzung liegen bleibt, wäre das eine Katastrophe. Bei einem der vielen No-Names würde man das schon eher akzeptieren ... Pioniere des E-Lkw Einer der Pioniere des E-Lkw ist E-Force. Das Schweizer Unternehmen produziert seit 2012 rein elektrische, vor allem aber auch schwere Nutzfahrzeuge. Selbst große und europaweit bekannte Logistikspezialisten bedienen sich der Fahrzeuge auf Iveco-Basis. E-Force bleibt bei der Konfiguration sehr flexibel und übernimmt von der Antriebsstrangauslegung bis zur Fahrerschulung den kompletten Umstieg von Diesel- auf Elektroantrieb. Ein wichtiger Punkt ist die Auslegung des Batteriesystems, denn tatsächlich steht und fällt das gesamte Thema mit der richtigen Konfiguration. E-Force starte bei 18 Tonnen Kleinstes Modell ist der E18, mit einer Reichweite von bis zu 350 km pro Ladung und einer Leistung von immerhin 300 kW (408 PS). Bekannt wurde der E18 durch seine Einsätze bei Meyer Logistik, Rewe und Lidl. Der Hersteller gibt an, dass die aktuell im Einsatz befindlichen Fahrzeuge inzwischen mehr als eine Million Kilometer gefahren sind - darunter Monatsdistanzen von bis zu 6000 km, die problemlos bewältigt werden. Die Ladezeit beträgt im Standard fünf Stunden. Mit "Fast-Charging" und 150-kW-Gleichstromladung reduziert sich der Ladezyklus laut Hersteller auf zwei Stunden. Dem Trend, E-Lkw auch im schweren Bereich einzusetzen, trägt E-Force jetzt mit dem E44 Rechnung. Mit den Erfahrungen des leichten Lkw im Gepäck setzen die Schweizer auf Li-Ion-Batterien und je nach Kundenwunsch auf zwei Antriebsvarianten und vier Batteriegrößen. Für Vortrieb sorgen wahlweise ein 350 kW- (476 PS) oder sogar ein 550 kW(748 PS!)-Motor. Das maximale Drehmomemnt liegt bei 4060 Nm - zur Erinnerung: Die stärksten Serien-Lkw mit Dieselmotor haben 3550 Nm ... Mit dem Namen eines traditionsreichen Fahrzeugherstellers geht das ostdeutsche Start-up Framo an den Start. Wobei man über die Startphase längt hinaus ist und schwere Zugmaschinen unter anderem in der Logistik von BMW sowie Magna im Einsatz hat. Framo verweist neben der zukunftsweisenden Technik auf die handfesten Vorteile batterieelektrischer Lkw: lokal emissionsfrei, kaum Lärmbelästigung, exzellente Fahrbarkeit, nachts einsetzbar. Die bisher von Framo gefertigten Zugmaschinen basieren auf MAN-Fahrzeugen. Der Hersteller hat sich auf die Fahnen geschrieben, flexibel zu konfigurieren - was Batteriespeicher, Antriebsmaschinen und Ladesysteme betrifft. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Für die Scherm Group entstand ein Low-Liner, damit der Logistikdienstleister die bei BMW üblichen drei Meter Innenhöhe realisieren konnte. Und für Magna hat Framo ein Schnellladesystem mit Schienen im Boden entwickelt. So kann die Zugmaschine in der internen Werkslogistik nahezu rund um die Uhr fahren und wird immer nur in den rund drei Minuten des Entladevorgangs mit Ladestrom versorgt. Framo deckt mit seinen Baureihen die komplette Gewichtsrange für Verteiler und Schwerverkehr ab. E 75 bis E 260 (7,5 bis 26 t) sind als Zweibeziehungsweise Dreiachser mit 80 bis 400 kW (109 bis 544 PS) und Batteriekapazitäten bis 318 kWh lieferbar. E 180 bis E 360 decken den Bereich bis 36 Tonnen ab. Die Antriebsleistung startet bei 140 kW (190 PS), die Batteriekapazität beträgt 231 kWh. Mit E 280 bis E 440 deckt Framo den schweren Bereich bis 44 Tonnen Zuggesamtgewicht ab. Auch hier stehen maximal 400 kW zur Verfügung. Geladen wird in allen Fällen mit Gleichstrom-Ladestation zwischen 50 und 150 kW beziehungsweise Wechselstrom (AC; Laden Type2 mit bis zu 44 kW Onboard). In den Niederlanden hat sich Emoss inzwischen einen Namen gemacht. Vorteil der Oosterhouter: Der Kunde hat die Wahl aus zwei Basisfahrzeugen: MAN TGM oder die leichte Baureihe von DAF. Ungeachtet der Basis berechnet Emoss, dass sich nach rund fünfeinhalb Jahren der E-Truck bezahlt macht. Den konventionellen Diesel kalkulieren die Niederländer mit 122.500 Euro in der Anschaffung. Der vergleichbare TGM mit EMS 1820 Elektroantriebsstrang kostet 260.000 Euro. Bei kalkulierten Verbräuchen von 70 Liter Diesel pro Tag im Vergleich zu 160 kWh bei identischer Fahrleistung fährt der Emoss nach spätestens sechs Jahren billiger - auch ohne Förderung, aber unter der Voraussetzung, dass die Akkus so lange halten. Emoss garantiert 230 km Reichweite Größtes Modell im Lieferprogramm der Niederländer ist der EMS1824 mit 240 kWh Batteriekapazität. Der Hersteller attestiert ihm 230 km garantierte Reichweite. Mit 230 kW (313 PS) ist der 18-Tonner durchaus üppig motorisiert. Die Ladezeit beträgt laut Hersteller sechs Stunden. Wer hohen Wert auf Nutzlast legt, reduziert die Batteriekapazität auf 200 kWh - bringt 236 Kilo Zuladung, reduziert aber die Reichweite um 40 km. Dafür geht das Laden der Batterien eine Stunde schneller. Auch Emoss kann inzwischen einiges an Praxiserfahrung nachweisen. Unter anderem setzt der Discounter Tedi (die VR berichtete bereits über den problemlosen Einsatz) zwei Emoss ein und auch Lidl und Heineken haben mit den Modellen EMS 1920 beziehungsweise EMS 1916 gute Erfahrungen gesammelt. Originär als Trailerhersteller bekannt - und dort vor allem für hochwertige Lösungen, wenn es etwas spezieller sein soll - hat sich Orten schon seit Längerem der E-Mobilität verschrieben. Auch bei Orten hat der Kunde im Bereich Lkw die Wahl aus zwei Modellen: E 75 AT (Basis Mercedes Atego) sowie E 75 TL (Basis MAN TGL). Inhaber Robert Orten tritt vor allem dem Argument entgegen, dass ein E-Laster schwerer sei als ein konventioneller Diesel. Ungeachtet des Basisfahrzeugs realisiert er bei seinen 7,5-Tonnern 30 Prozent mehr Nutzlast - ausgehend vom Standard-Schiebeplanenaufbau. Auch zum Thema "Betankung" stellt er klar, dass es keine Vorbehalte geben muss: "Wer weiß, wie man einen Stecker in die Steckdose steckt, kann auch unserer E-Lkw tanken!" Beim elektrischen Antriebsstrang setzt Orten bei beiden Varianten auf identische Technik. Statt aktuell gängiger Li-Ion-Batterien kommen bei ihm Lithium-Eisenphosphat-Batterien zum Einsatz, die sich durch eine besonders hohe Energiedichte auszeichnen. Die Stromversorgung erfolgt über eine 400-Volt-Ladestation. Selbst wenn die Batterie komplett entladen ist, dauert der Ladevorgang - abhängig von der Batteriegröße maximal sechs Stunden. Wie bei allen E-Lkw rekuperiert auch Orten und erhöht somit beim Bremsen seine theoretische Reichweite. Für den Vortrieb sorgen wahlweise E-Motoren mit 72 kW (98 PS) beziehungsweise 116 kW (158 PS). Mag sich die Leistung im Gegensatz zu anderen Modellen auch bescheiden ausnehmen, so sorgt doch ein Drehmoment von 1150 Nm für im Verteilerverkehr adäquate Leistungen. Höchstgeschwindigkeit: 40 km/h Ein weiterer niederländischer Hersteller ist Terberg. Auch wenn es sich beim Basisfahrzeug originär um eine Terminal-Zugmaschine handelt, hat die E-Version inzwischen einige Anwender. So kommt der YT genannte E-Lkw inzwischen erfolgreich bei der Scherm Group (Werkverkehr BMW) und bei ARS (Autotransporte) zum Einsatz. Kleiner Nachteil des Terberg: Seine Höchstgeschwindigkeit ist beschränkt auf 40 km/h, was seinen Einsatz einschränkt. Technisch ist der YT 202-EV so ausgelegt - und da kommt ihm die niedrige Geschwindigkeit zugute, dass er eine Schicht von bis zu zehn Stunden durchhält, um dann innerhalb von zwei bis vier Stunden aufgeladen zu werden. Seine Lithium-Eisenphosphat-Batterien sind für die Traktionsanwendungen optimiert und haben nach bisherigen Erfahrungen eine Lebensdauer von mehreren Tausend Lade-/Entladezyklen. Für den Vortrieb sorgen ein 202 kW(274 PS)-Elektromotor in Kombination mit einem Allison 3000er-Getriebe.. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Elektro-Lkw www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Lösungen der etablierten Hersteller Frühestens 2020 erste Lösungen Urban ETruck von Daimler und ETruck von MAN geistern seit Längerem durch die Gazetten. Kaufen kann man keinen - ebenso wenig wie den jetzt aktuell vorgestellten EActros ... Der verfügt über eine Motorleistung von zwei mal 125 kW (ges.: 340 PS) sowie 970 Nm max. Drehmoment. Vorerst gehen zehn Fahrzeuge als 18- beziehungsweise 25-Tonner für ein Jahr an ausgewählte Kunden (unter anderem Edeka, Hermes, Dachser), die Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit unter realen Bedingungen testen sollen. Daimler geht davon aus, dass die E-Variante als Serienmodell teurer sein werde als vergleichbare Verbrenner. Die Reichweite soll bei rund 200 km liegen. Die Marktreife peilt Daimler für 2021 an, wobei eine jährliche Produktionsmenge von 1000 Einheiten angedacht ist. Für einen Langstrecken-EActros ist später eine Brennstoffzellen-Variante denkbar. gg Schlagzeile oder ernsthafte Absicht? Noch nicht auf dem Markt und schon 125-fach verkauft Kaum hat Tesla die kommende E-Zugmaschine angekündigt, hat UPS schon 125 bestellt ... Wie beim Pkw "Modell S" soll es den "Semi" genannten Sattelschlepper mit großem oder kleinem Akku geben. Der Verkaufspreis pro Stück liegt nach Angaben von Tesla bei mindestens 150.000 US-Dollar - mit großem Akku (800 km Reichweite) bei 180.000 US-Dollar (aktuell circa163.000 Euro).Die theoretische Beschleunigung des voll beladenen Zuges soll laut Tesla bei deutlich unter 20 Sekunden liegen (0 bis 80 km/h). Die Zugmaschine soll an "Megachargern" wieder aufgeladen werden. Dazu will Tesla ein weltweites Ladenetz aufbauen - inklusive Ladegeräten auf Speditionshöfe. Innerhalb von 30 Minuten wird Strom für 630 km gebunkert. Die Produktion soll 2019 starten. gg

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