DLS Spedition

DLS Spedition Der andere Weg nach Osten Jahrelang hat die DLS Spedition in Siek den LKW für Transporte nach Osteuropa genutzt. Doch dann ist Inhaber Bodo Engler auf die Idee gekommen, einen eigenen Zug auf die Schiene zu setzen. Er hat es nicht bereut. Das hätte ich vor 25 Jahren auch nicht gedacht“, sagt Bodo Engler und lacht. So lange ist der Spediteur schon im Geschäft, so lange organisiert sein Unternehmen, die DLS Land und See Speditionsgesellschaft, schon Straßentransporte von und nach Osteuropa. Zweimal die Woche nach Warschau Doch jetzt hat Engler etwas Neues gewagt: Seit letztem Oktober schickt DLS nicht nur LKW nach Polen, sondern auch einen eigenen Zug. Er heißt Kopernikus und fährt zweimal pro Woche vom rheinischen Krefeld nach Warschau. 36 LKW-Auflieger passen auf den Zug. Für den DLS-Chef, der sich selbst als „durchschnittlichen Bahnfahrer“ bezeichnet, ist dieses Angebot nur folgerichtig. In Zeiten von steigendem Kostendruck müssten Spediteure über Alternativen zur Straße nachdenken – und auch selbst umsetzen. Denn, so Englers Credo: „Sie können nicht einfach immer denselben Weg gehen.“ Der neue Weg scheint richtig zu sein, denn seit einem Vierteljahr rollt Kopernikus gut ausgelastet über die Gleise. Bis es so weit war, musste die Spedition aus dem norddeutschen Siek allerdings einen weiten Weg zurücklegen. Rückblick, das Jahr 2011: Engler denkt über die Zukunft seines Geschäfts nach. Noch läuft es gut, die Auftragsbücher sind voll, aber am Horizont zeichnen sich Probleme ab: Der Verkehr wird immer dichter, die CO2-Diskussion verschärft sich und gerade im Fernverkehr fehlt Personal – schließlich brummt die Wirtschaft und Fahrer haben zunehmend Job-Alternativen, bei denen sie abends zu Hause sind. „Die Frage war: Wie können wir Frachten für die Kunden günstiger gestalten und trotzdem eine auskömmliche Marge haben?“, so Engler. Irgendwann kommt der Gedanke vom eigenen Zug auf. „Erst haben wir ein bisschen gerechnet – und dann ganz lange gerechnet“, schmunzelt der Unternehmer. Kein Wunder, denn es gilt, einige Fragen zu klären: Wer stellt Lok und Waggons? Welche Terminals werden genutzt? Und was kostet das alles? In langen Verhandlungen holt der Spediteur die nötigen Partner an Bord: Als Traktionär wird die Privatbahn ERS gewonnen. Die Niederländer kümmern sich um Trassen, Loks und Waggons. Den Umschlag organisieren das Krefelder Container Terminal (KCT) sowie die polnische Firma Cargosped in Warschau. Am Schluss braucht Engler zwei Jahre, um das Projekt wortwörtlich auf die Schiene zu setzen. 3,5 Millionen Euro für 120 neue Trailer Vor allem muss er kräftig investieren. Da die eigenen Sattelauflieger nicht kranbar sind, kauft der Logistiker 120 Trailer mit Telematikmodul bei den Herstellern Krone und Schmitz neu ein. Kostenpunkt: 3,5 Millionen Euro. Parallel dazu arbeitet der hauseigene Vertrieb daran, die Kunden von dem neuen Angebot zu überzeugen. „Der Gedanke war von Anfang an, eine Kostenersparnis zu bieten“, so Engler. Wie hoch sie genau ist, gibt DLS nicht an. Was definitiv für den Zug spricht, ist das Umweltplus: Kopernikus holt 7000 LKW-Ladungen pro Jahr von der Straße und gerade große Unternehmen, bei denen das Thema CO2schon auf dem Tisch liegt, überzeugen solche Argumente. „Einige Kunden schreiben sogar schon einen konkreten Bahnanteil an den Transporten vor, zum Beispiel 15 Prozent“, berichtet Engler. Allerdings müssen die Verlader auch ein wenig umdenken: LKW dürfen im Kombinierten Verkehr (KV) ein Gesamtgewicht von 44 Tonnen haben. Um die zusätzlichen vier Tonnen auszuschöpfen, müssen die Verlader ihre Sendungen anpassen. Viel Zeit kostet auch die Beschaffung der nötigen Ausrüstung. „Wir mussten zwei komplette Sätze (mit jeweils 20 Waggons) Doppeltaschenwagen beschaffen. Hier liegen die Lieferzeiten derzeit zwischen einem und anderthalb Jahren“, berichtet Frank Schuhholz, Geschäftsführer von ERS Railways, Rotterdam. Außerdem gilt es, entsprechende Loks zu leasen und Personal zu rekrutieren. Warum eigentlich der ganze Aufwand? Hätte DLS nicht eine bestehende Zugverbindung des KV nutzen können? „Die Region Warschau ist eine Herausforderung, dorthin gibt es keine intermodale Verbindung“, erklärt Engler. Einfacher wäre es gewesen, wenn seine Kunden im Westen Polens säßen, denn nach Posen fahren passende Züge. Dann wiederum wäre die Distanz zu Krefeld jedoch zu klein gewesen, um den Schienentransport wirtschaftlich zu betreiben. Die rheinische Stadt wurde als Startpunkt gewählt, weil in einem 150-Kilometer-Radius viele Kunden angesiedelt und die Benelux-Staaten einfach zu erreichen sind. Insgesamt ist Engler von seiner Entscheidung, den Schienentransport selbst in die Hand zu nehmen, überzeugt. „Wir hätten auch sicher etwas über Posen hinbekommen, doch dann hätte sich die Transportzeit verschlechtert.“ Tatsächlich steht Kopernikus in puncto Tempo gut da: 23 Stunden braucht der Zug für die 1200 Kilometer von Krefeld bis nach Warschau. Sicher: Ein LKW könnte die Strecke schneller schaffen, aber nur unter optimalen Bedingungen, wenn der Fahrer bei Fahrtantritt ausgeschlafen ist und alle Pausen absolviert hat. Momentan kann DLS Ladungen, die am Dienstagvormittag in Krefeld starten, am späten Mittwochnachmittag dem Kunden in Polen zustellen. Und zwar zuverlässig. Denn auf der Schiene gibt es keine Ferien, Feiertage und Fahrverbote. Dieser Vorteil zeigte sich zuletzt am Reformationstag (31. Oktober), der auf einen Mittwoch fiel. Während LKW damals Zwangspause hatten, rollte Kopernikus gen Osten. Interesse der Verlader an dem Zug steigt Bislang sind die Züge gut ausgelastet, teilweise sogar zu 100 Prozent. Transportiert werden Produkte der Stahl- und Papierindustrie, General Cargo, Granulat sowie Möbel, Letztere vor allem in Richtung Ost-West. Zu den Kunden gehören der Chemiekonzern Evonik oder der Papierhersteller Smurfit Kappa. Die Zahl der Verlader, die sich für das Angebot interessieren, steigt. DLS denkt sogar darüber nach, die Zahl der Verbindungen zu verdoppeln. „Die Zeichen stehen auf Aufstockung“, freut sich Engler. Er schließt nicht aus, Ladungen von anderen Spediteuren in Zukunft mit Kopernikus zu befördern, solange es keine direkten Wettbewerber sind. Sicher ist: Das Projekt Kopernikus dürfte Schule machen. Auch andere Fuhrunternehmer werden bald auf die Idee kommen, eigene Zugverbindungen einzurichten. „Bei uns melden sich immer häufiger Speditionen zu diesem Thema“, bestätigt ERS-Chef Schuhholz. Er rät den Pionieren vor allem zu Durchhaltevermögen und einer klaren Strategie. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass so etwas nicht in sechs Monaten auf die Beine zu stellen ist.“ Spediteur Engler betont, dass ein solches Vorhaben sicher nicht für jeden Fuhrunternehmer geeignet sei. „Wichtig ist, dass ihr Geschäft eine gewisse Kontinuität hat, ohne starke saisonale Schwankungen.“ Er hält Relationen über 900 Kilometer für optimal, zum Beispiel auf der europäischen Nord-Süd-Achse. Außerdem bräuchten Spediteure, die KV-Angebote auf die Beine stellen wollten, „finanziellen Speck auf den Rippen“, so Engler. Vielleicht am wichtigsten jedoch sei eine offene, lernfreudige Mannschaft, „schließlich sind die Abläufe ganz anders als im reinen LKW-Verkehr“. ❙❚■ Constantin Gillies, freier Journalist Der neue DLS-zug Kopernikus auf einen Blick Frequenz: Zwei Rundläufe pro Woche (Krefeld-Warschau-Krefeld), Abfahrt in Krefeld jeweils Dienstag und Freitag. Geplant ist eine Verdopplung der Fahrten Laufzeit: 23 Stunden Technische Daten: Ganzzug mit 625 Metern Länge, 18 Doppeltaschenwagen, die insgesamt 36 Trailer (Standard-Plane, Mega und Kühler) bewegen. Der Zug ersetzt 144 LKW-Transporte pro Woche Anbieter: DLS Land und See Spedition, Siek bei Hamburg. Jahresumsatz: 78 Millionen Euro, 250 Mitarbeiter, 300 eigene sowie gecharterte Fahrzeuge Bahnoperateur: ERS Railways B.V. (eine Tochter der britischen Freightliner-Gruppe). Das Unternehmen mit Sitz in Rotterdam verfügt über 19 eigene Lokomotiven und 400 Wagen Partner: Krefelder Container Terminal KCT und Cargosped (Polen) cg Staus, drohender Fahrermangel und die CO2-Diskussion haben zum Sinneswandel geführt Schwerpunkt Kombinierter Verkehr

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