Die Spur der Lachse

"Produkt- und Prozessqualität, aber auch die Nachhaltigkeit haben für uns die höchste Priorität. Denn das beste Produkt bringt uns nichts, wenn wir es nicht zur richtigen Zeit beim Kunden haben", betont Thomas Niebur, Leiter Supply Chain Management von Gottfried Friedrichs. Gottfried Friedrichs ist europaweit für seine Lachs-, Kaviar-und Matjes-Spezialitäten bekannt und hat seinen Hauptsitz in Hamburg sowie Standorte in Waren/ Müritz und im polnischen Doble und beschäftigt in saisonalen Spitzenzeiten bis zu 380 Mitarbeiter. Bezugsquellen für den Farmlachs sind Schottland, Norwegen und Irland und für Wildlachs Alaska. "Out of stock, sprich die Regallücke im Lebensmittelhandel ist für uns die Katastrophe", sagt Niebur. "Ist der Lachs einmal nicht da, kauft der Kunde ein anderes Produkt und ist vielleicht für immer verloren." Angesichts der vielen Stationen, die der Wildlachs bis zu seinem Verkaufspunkt im deutschen Supermarkt oder bis zu seiner Auslieferung an den Endkunden durchlaufen muss, ist das nicht trivial. Zumal es enorme Mengenschwankungen gibt. Gefangen wird der Lachs in Alaska, auf dem Boot geschlachtet, auf Eis gelegt, zu den Lieferanten befördert und dort nach definierten Qualitätskriterien kontrolliert, bevor er per Container nach Hamburg ins Produktionswerk von Gottfried Friedrichs verschifft wird. "Die gesamte Prozesskette ist transparent. Wir kennen sogar die Fischer-Familien in Alaska persönlich." Eine Herausforderung sei vor allem die Zeit. "Zeit haben wir in der Logistik nicht. Alles muss schnell gehen. Andererseits brauchen wir für unsere Qualität, also für die Fischveredelung durch bestimmte Rauchverfahren, auch Zeit", schildert Niebur die Problematik. Zumal das Unternehmen über externe Dienstleister wie Nagel Group nicht nur den Lebensmittelhandel beliefert, sondern auch Gastronomiebetriebe und über den Onlinehandel gar Endkunden, wobei diese ein Luxusprodukt wie Wildlachs nur zu bestimmten Zeiten ordern. "Jeder Absatzkanal hat seine eigenen Anforderungen - bezüglich Qualitätskriterien, Zertifizierung, Informationslogistik, Verpackungskriterien, Lieferstrom bis zu spezifischen Temperaturbereichen", resümiert Niebur. "Viele Kunden haben da ihre eigenen Anforderungen. Und das obwohl ich Fan von Standards bin", sagt er - mit Verweis auf seine frühere Position bei GS1 Germany, die sich für gemeinsame einheitliche Standards in der Supply Chain einsetzt. Bis zu 400 Prozent Mengen-Peaks Was aber sind letztlich die größten Herausforderungen in der Supply Chain? Das Problem ist ganz klar die Verfügbarkeit der Rohware. "Wildlachs wird nur von Juni bis September gefangen. Da gibt es bestimmte Fangsaisons, die Mengen müssen dann aber für unser Werk in Hamburg das ganze Jahr reichen, während unsere Lieferanten und unser Einkauf in diesen drei Monaten absolute Mengen-Peaks haben - mit entsprechenden Spitzen in der Produktion", erklärt Niebur. "Um die Frische und Qualität sicherzustellen, müssen wir diese Mengen sehr schnell verarbeiten - mit entsprechenden Personal-Kapazitäten." Weitere Herausforderungen sieht er in den saisonalen Schwankungen um bis zu 400 Prozent, die den gesamten Transport- und Logistikprozess belasten - gerade vor Weihnachten und Ostern. "Und um da nicht zu viel teure Kapazitäten einzukaufen, brauchen wir Prognosen, was die Abverkaufsmenge unserer Produkte betrifft." Aber da muss der Handel mitspielen. Das Problem ist überhaupt die Informationslogistik. Noch erfolge Vieles auf Papierbasis - auch durch die Anforderungen vieler Behörden. "Digitalisierung ist noch für Viele ein Fremdwort", spöttelt Niebur. Dank der Arbeit in diversen Gremien, etwa im Bereich des Fischverbandes, vor allem über die Kooperation mit gleichgesinnten Firmen will er dieses Problem lösen. Auch das niedrige Durchschnittsgewicht von 50 Kilogramm pro Sendung, die im Schnitt sechs Artikel umfasst, ist aus logistischer Sicht nicht trivial, vor allem wegen der Mengen-Peaks. Zumal einige Händler den Lachs mit Bestellvorlauf von nur 12 Stunden ausgeliefert haben wollen. Und was wünscht er sich, um in der Wildlachs-Logistik noch erfolgreicher zu sein? Ganz klar ein Zustellnetz, über das sich temperierte Kleinstmengen an Endkunden ausliefern lassen. "Das vermissen wir." Er weiß aber, dass so etws sehr kostenintensiv ist und preislich vom Endkunden nicht wirklich honoriert wird. "Wenn hier aber mehrere Produzenten im Onlinegeschäft kooperieren, könnte dieses Netz funktionieren", ist er überzeugt. Die Paketdienste müssten sich dafür aber auf gemeinsame Standards in ihrer Informationslogistik verständigen. Zum anderen müsse die Frage nach der richtigen Verpackung im Paketversand - Stichwort Temperaturführung - gelöst werden. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Kühllogistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Wildlachs zu Weihnachten - für viele Menschen ist das ein Hochgenuss. Die wenigsten wissen aber, wie dieses Produkt von Alaska zu uns nach Deutschland gelangt. Dabei gibt es etliche Herausforderungen zu überwinden. Die Firma Gottfried Friedrichs in Hamburg gab nun Einblick in die logistischen Prozesse.

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