Berlin. Die Grünen im Bundestag haben in 16 Anfragen Auskunft über den Zustand von Brücken verlangt. Das Ergebnis: Auch Länder wie Bayern und Baden-Württemberg mit vermeintlich gesunder Infrastruktur müssen dringend sanieren. So hat Bayern mit 18 Prozent sogar den größten Anteil an maroden Brückenflächen in Deutschland. Platz zwei teilen sich um 16 Prozent Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Darauf folgen Nordrhein-Westfalen und Hessen mit 15 Prozent.
Tausende der insgesamt etwa 39.000 Fernstraßenbrücken und knapp 51.000 Teilbauwerke in Deutschland sind marode: Bei knapp 2500 der Bauten besteht dringender Handlungsbedarf, weil sie in einem nicht ausreichenden oder ungenügenden Zustand sind. Noch einmal 12.000 Brücken (24,3 Prozent) werden mit „ausreichend“ bewertet.
Die Grünen hatten von der Regierung Auskunft über den Zustand der Brücken in allen 16 Bundesländern verlangt. Danach befinden sich 279 Brückenbauwerke in einem „ungenügenden“ und 2188 in einem „nicht ausreichenden Zustand“. „Ungenügend“ bedeutet, dass dort die Standsicherheit oder Verkehrssicherheit „erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben“ ist, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilt. „Nicht ausreichend“ heißt, dass an diesen Brücken in „näherer Zukunft“ eine Instandsetzungsmaßnahme geplant werden müsse. In das Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen war das Infrastrukturproblem bereits vor knapp drei Jahren durch die Sperrung der Rheinbrücke Leverkusen auf der A 1 und der Rader Hochbrücke auf der A 7 in Schleswig-Holstein für den Schwerlastverkehr. An der Schiersteiner Brücke auf der A 643 zwischen Mainz und Wiesbaden kam es Anfang des Jahres sogar zu einer zweimonatigen Vollsperrung. Seit April ist sie nur für Fahrzeuge bis maximal 3,5 Tonnen befahrbar. Die Folge: Lkw müssen teure Umwege in Kauf nehmen.
Der Verkehrsinfrastrukturverband Pro Mobilität bewertet den Zustand der Brücken kritisch. „Nicht nur Nordrhein-Westfalen und Hessen haben große Sanierungsaufgaben vor sich, denn in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist der Bedarf noch größer“, betont Geschäftsführer Stefan Gerwens gegenüber der VerkehrsRundschau. Immerhin könne sich jetzt jeder Logistikverantwortliche mit Schwertransporten ein Bild machen, wie es um die Brücken in seiner Region stehe.
Das Verkehrsministerium beschönigt das Brückenproblem nicht, verweist aber darauf, dass die Zustandsnote „ungenügend“ zum Beispiel auch durch fehlende Gitterstäbe im Geländer oder aufgrund schadhafter Dichtungen ausgelöst werden könne, wie Staatssekretär Ferlemann (CDU) in seiner Antwort mitteilt. Brücken mit schlechten Zustandsnoten seien nicht zwangsläufig einsturzgefährdet. (jök)