Der Datenhunger wächst

PHARMAARTIKEL GELTEN als besonders temperaturempfindliche Transportgüter. Viele Logistikunternehmen schlagen diese Produkte in Zwei- oder Drei-Kammer-Trailern um, welche kontinuierlich überwacht werden. Temperaturen, Reifendruck, Bremsverschleiß, Türstatus: Solche und andere Daten werden entsprechend den EU-Anforderungen für Good Distribution Practice (GDP) laufend erhoben und auf Wunsch dem Kunden übermittelt. Spätestens nach 3000 Betriebsstunden soll die Trailertelematik gewartet werden, empfehlen Trailer- und Telematikhersteller. Dem Branchenunternehmen Frigo Trans in Fußgönheim genügt das nicht. Bereits nach 1000 Betriebsstunden finden halbtägige Wartungen durch eigene Techniker statt. "Wir wollen mit dieser Zusatzmaßnahme die Qualität unserer Dienstleistungen unterstreichen", sagt Fuhrpark- und Dispositionschef Christian Hubach. An den zweitägigen Wartungen nach 3000 Betriebsstunden, welche Servicetechniker des Trailer-Herstellers vornehmen, hält das Pfälzer Unternehmen natürlich fest. Permanente Überwachung unverzichtbar Mit dieser Zusatzmaßnahme will der Dienstleister, der für seine Kühllogistik wiederholt ausgezeichnet wurde, nicht nur seinem guten Ruf in der Pharmabranche Rechnung tragen. Außerdem signalisiert er dem Markt, dass er Trailertelematik als eigenständige Technologie ernst nimmt. Wenn Logistikdienstleister überdurchschnittlich wertvolle, gefährliche oder sensible Frachten transportieren, können sie auf eine permanente Überwachung ihrer gezogenen Einheiten kaum noch verzichten. Weil jedoch die weitaus meisten Sensoren die Fahrzeugtechnik und nicht die Ladung kontrollieren, müssen sie möglichst viele Daten erfassen, welche die Qualität der Transportgüter wenigstens indirekt beeinflussen. Wenn beispielsweise ein Kühlfahrzeug wegen defekter Bremsen liegen bleibt oder seine Türen nicht richtig verschlossen sind, können Sendungen trotz einwandfreier Überwachung von Temperatur, Feuchtigkeit oder Licht beschädigt werden. Auch Sensoren, welche direkt auf Verpackungen oder Produkte platziert werden, helfen in diesem Kontext kaum weiter. Viele Telematikanbieter empfehlen jedoch den Einsatz von Funksensoren, welche ohne störende Drähte in beliebiger Zahl verbaut werden können. Über das Webportal kann der Anwender dann unterschiedliche Ladezonen überwachen, wenn besondere Setpoints zur Überwachung gesetzt worden sind. "Auch direkt an der Ware können theoretisch Sensoren angebracht werden", sagt Johannes Klietsch, Marketingleiter von Trendfire. Allerdings muss der Anwender dann auch Lösungen finden, wie Fahrer und Disponenten die zusätzlichen Daten effektiv überwachen können. Auch mit besonderen Alarmfunktionen können Mitarbeiter schnell die Übersicht verlieren, geben Kritiker zu bedenken. Smarte Laderaumüberwachung Ohnehin sind die Datenvolumina zuletzt kontinuierlich gewachsen. Vor allem die großen Trailerhersteller haben ihre Telematiklösungen weiterentwickelt. Schmitz Cargobull wirbt mit individuellen Vertragsoptionen und besonderen Fahrzeugsensoren, welche ein unternehmensspezifisches Touren- und Flottenmanagement erlauben. Konkurrent Krone macht mit einer neuen Laderaumüberwachung auf sich aufmerksam. Frachtführer und Disponenten können ermitteln, wie viel Ladekapazitäten in einer Einheit noch frei sind, und können dann auf Frachtbörsen und anderen Plattformen passende Stückgut- und Teilladungen akquirieren. 100 Telematiksysteme auf einer Plattform Solche Lösungen sorgen erfahrungsgemäß nur vorübergehend für ein Alleinstellungsmerkmal im Markt. Die Konkurrenz wird schnell nachziehen. So hat Kögel eine eigene Lösung für die Identifizierung von freiem Laderaum angekündigt. Mit seinem neuen Telematikmodul KTTM (Kögel Trailer Telematik Modul) will der Burtenbacher Hersteller endlich auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern agieren. Als Partner hat er den Software-Hersteller Kasasi in Kempten engagiert. An dessen Plattform NIC-Place können über 100 Telematiksysteme angeschlossen werden. Für Anwender, welche Telematikdaten von fahrenden und gezogenen Einheiten auf einer Plattform auslesen wollen, bietet die Kögel-Lösung einen echten Mehrwert. "Unsere Kunden haben ein System, das nicht nur auf Auflieger abgestimmt ist, sondern auch bei der Vernetzung entlang der gesamten Logistik und bei der Optimierung von Unternehmensprozessen hilft", betont Josef Warmeling, Geschäftsführer für die Bereiche Vertrieb Westeuropa, Gebrauchtfahrzeuge, Value Added Ser-vices, Verbandsarbeit und OEM. Allerdings haben längst auch andere Hersteller und Software-Anbieter wenigstens unternehmensspezifische Lösungen realisiert, welche Daten von Zugmaschinen und Aufliegern kombinieren und in einer Cloud oder auf einer Plattform abbilden. Ansonsten zeigt KTTM alle marktüblichen Daten an. Über die aktuelle Fahrzeugposition hinaus werden auch das elektrische Bremssystem (EBS) inklusive Laufleistung, Aggregatslast, Geschwindigkeit und Bremsdruck aufgerufen. Auch Daten aus dem Antiblockiersystem (ABS) und anderen Fahrzeugtechnologien können ermittelt werden. Und natürlich ist das Modul mit dem Kühlaggregat verbunden und erfasst Kühlmaschinen- und Temperaturschreiberdaten. Außerdem kann der Anwender Türstati, Reifendruck und -temperaturen erfassen lassen. Wenigstens zwei Dutzend Daten kommen so zusammen. ETA wird immer wichtiger Dennoch steigt die Nachfrage nach weiteren Datenanwendungen. Mancher Fahrer soll schon beim morgendlichen Fahrzeugcheck versehentlich den falschen Trailer erwischt haben. Abhilfe verspricht eine neue App von Couplink, welche die richtige Einheit mit Sensortechnik ortet. Im Kommen sind zudem Tools, welche die Estimated Time of Arrival (ETA) ermitteln. Vor allem Anbieter von zeitkritischen Sendungen fragen solche Lösungen nach. Weil Baustellen, Staus, Unfälle und andere unvorhergesehene Ereignisse den Transport jederzeit verzögern können, benötigen sie zuverlässige Zeitangaben. Alle fünf Minuten ein Update Eine Pionierlösung hat jetzt Lufthansa Cargo auf der Plattform NIC-Place realisiert. 21 Logistikpartner werden mit ihren Telematiksystemen für Lkw und Trailer angeschlossen. Ein besonderer Kalkulator ermittelt anhand der aktuellen Verkehrsdaten sowie der verbleibenden Fahrtstrecke und Lenkzeiten die voraussichtliche Ankunftszeit. Spätestens nach fünf Minuten findet ein Update statt. Mit einem Eskalationsmanagement können Lufthansa Cargo und die Partner Maßnahmen definieren, wenn das Fahrzeug von der Tour abweicht oder andere ungeplante Events eintreten. "Jeder Partner gibt die Daten nur für die aktuelle Tour frei", stellt Kasasi-Geschäftsführer Markus Lechner klar. Das ist wegen des Datenschutzes notwendig. Wenn der Subunternehmer anschließend für einen anderen Auftraggeber fährt, darf die Lufthansa-Tochter auf diese Tour keinen Zugriff haben. Praxistipps So holen Sie das Beste aus Ihrer Telematik heraus:- Fahrzeug- und Trailerdaten sollten per App abrufbar sein und auf einer Plattform oder in der Cloud möglichst über Standardschnittstellen abgebildet werden. Fahrer und Disponenten tun sich so bei ihrer täglichen Überwachungs- und Kontrollarbeit leichter, außerdem sind Entwicklung und Einbau weniger aufwändig.- Investieren Sie in modulartige und funkgesteuerte Lösungen, welche jederzeit erweiterbar sind. Außerdem können Sensoren über die Ladungsüberwachung an jedem sensiblen Punkt bis hin zum Einzelprodukt platziert werden.- Handeln Sie Pay-per-Use-Abrechnungen aus. Sie zahlen dann nur für die tatsächliche Nutzung der Systeme. bot