Stuttgart. Straßen und Brücken im Südwesten kommen in die Jahre. Vor allem der Güterverkehr und immer extremere Witterungsbedingungen setzen der Infrastruktur zu. Deshalb sieht Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) großen Handlungsbedarf. „Wo früher höchstens 12-Tonner fuhren, donnern heute bis zu 40-Tonner über die Straßen“, erläuterte er am Freitag in Stuttgart.
Fünf Prozent der Brücken fallen durch
Fast fünf Prozent aller Autobahnbrücken in Stuttgart fallen in die Kategorie ungenügend, nahezu ein Viertel sind nicht ausreichend; 20 Prozent der Bundesautobahnen, 38 Prozent der Bundesstraßen und 49 Prozent der Landesstraßen werden als schlecht oder sehr schlecht bewertet. Die schlechteste Straße auf der Dringlichkeitsliste des Ministeriums ist die B311 im Regierungsbezirk Freiburg.
Die Verkehrssicherheit leide unter dem mangelhaften Zustand wegen häufiger Prüfungen aber nicht, sagte Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne). Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg rund 9250 Brücken, davon rund 2000 auf Bundesautobahnen, 4000 auf Bundesfernstraßen und fast 3200 auf Landesstraßen. Das Netz von Bundesautobahnen, Bundes- und Landesstraßen umfasst 15.350 Kilometer. Zu bestimmten Stichtagen prüfen Messfahrzeuge im normalen Verkehr die Oberflächen und den Unterbau der Straßen. Die Ergebnisse werden durch Erkenntnisse der Regierungspräsidien ergänzt.
Sanieren statt planieren
Grün-Rot hat nach dem Motto „sanieren statt planieren“ die Mittel für Erhalt von Landesstraßen in den vergangenen fünf Jahren auf 120 Millionen Euro nahezu verdoppelt; davon dienen 20 Millionen Euro der Ertüchtigung von Brücken, um sie höheren Belastungen anzupassen. In diesem Jahr werden für den Erhalt der Bundesfernstraßen 335 Millionen Euro ausgegeben, davon 80 Millionen für Brücken. Damit erreichten die Erhaltungsmittel eine Rekordsumme, sagte Hermann. Insgesamt umfasst das Sanierungsprogramm in einer ersten Tranche rund 400 Maßnahmen, davon 140 für Brücken. Hinzu kommen in 15 Fällen Lärmschutzwände oder -wälle.
Hermann betonte: „Was früher der Spatenstich für einen Neubau war, ist heute der Startschuss für die Sanierung.“ Vor Ort kämen die an nachvollziehbaren Kriterien orientierten Dringlichkeitslisten gut an.
Zum Paradigmenwechsel gehöre auch das ausreichende Personal in der Straßenbauverwaltung, wonach das Land auch in ganz Europa auf die Suche gehe. Im Doppelhaushalt 2015/16 sind insgesamt 100 zusätzliche Stellen vorgesehen. Derzeit arbeiten rund 1000 Beschäftigte bei der Straßenbauverwaltung in den 4 Regierungspräsidien.
Viele Problemkinder
Nach Überzeugung von Hermann ist die Sanierung von Brücken vordringlich, weil sie als „Achilles-Fersen des Systems“ für Verkehrsprobleme sorgen können. Besonderes Kopfzerbrechen bereitet ihm der Ersatzbau für die Neckartalquerung auf der A6 bei Heilbronn, für den der Bund auf eine öffentlich-private Partnerschaft dringe. Diese Finanzierungsform werde das Projekt verzögern und verteuern. Als Beispiel für eine Brücke mit hohem „Betreuungsbedarf“ nannte Splett die Sperbersbachbrücke auf der B19 in Untermünkheim (Kreis Schwäbisch Hall). Diese müsse nach jedem Starkregen auf ihre Stabilität untersucht werden. (dpa)