Berlin. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zog mit Blick auf die verkehrspolitische Arbeit der Bundesregierung zur Mitte der Wahlperiode eine positive Zwischenbilanz: Unter anderem die bereits seit längerem beschlossene Trassenpreisabsenkung für den Schienengüterverkehr sei ein wichtiger Schritt, der die zentrale Rolle von Bahnen bei Klimaschutz und Luftreinhaltung unterstreiche. Insgesamt sieht VDV-Präsident Ingo Wortmann in der verkehrspolitischen Arbeit der Bundesregierung bis hierhin aber „deutlich mehr Licht als Schatten.
Auch die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn bewertet Wortmann als Erfolg. Die Branche stehe nun vor der Herausforderung, die Mittel schnellstmöglich zu investieren, damit die Klimaschutzziele im Verkehrssektor bis 2030 zu erreichen sind. Die Verkehrsunternehmen und Verbünde sehen sich dabei allerdings großen Herausforderungen angesichts der erheblichen Planungs- und Genehmigungszeiträume und des wachsenden Fachkräftemangels gegenüber. „Das ist die Schattenseite der bisherigen Bilanz“
Zudem wies der VDV auf die noch immer zu hohen Belastungen der klimafreundlichen E-Bahnen durch die Energiesteuern und -umlagen hin: Das betreffe die Aufwendungen für die EEG-Umlage in Höhe von rund 200 Millionen Euro und die Stromsteuer in Höhe von rund 150 Millionen Euro, die die Branche jährlich für den Betrieb von elektrischen Schienenbahnen im Personen- und Güterverkehr aufzuwenden habe. Wortmann lobte hingegen die jüngsten Bemühungen der Bundesregierung für mehr Investitionen in die Schiene. Am Mittwoch hatte das Kabinett entsprechendes beschlossen.
VDB unterstützt schnelleren Infrastrukturbau
Auch der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) unterstützt die vom Kabinett auf den Weg gebrachten Gesetze für klimafreundliche Mobilität. Die Bundesregierung habe wichtige Stellschrauben synchronisiert für das Klimaschutzziel 2030, sagte VDB-Hauptgeschäftsführer Ben Möbius. „Denn Clean Mobility 2030 braucht Schiene 4.0 und die braucht mehr Tempo und mehr Investitionen.“ Nun komme es auf eine kohärente Umsetzung an. „Klimaschutz duldet keinen Aufschub. Deshalb müssen wir umweltgerecht, aber schneller planen und bauen“ so Möbius.
Deutschland muss aus seiner Sicht Planungsverfahren verschlanken – vor allem bei Ersatzneubauten. „Projekte brauchen auch lokale Akzeptanz. Dafür sind sowohl faire Lösungen vor Ort etwa für Lärmschutz als auch das klare Mandat des Bundestags ausschlaggebend“, sagte Möbius. Genau hier würden die vorgesehenen Gesetze zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht und zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich ansetzen. Auch das Engagement des Bundes, den Kommunen bei der Beseitigung von Kreuzungen finanziell stärker unter die Arme zu greifen, sei ein bedeutender Fortschritt für die Modernisierung des Schienennetzes.
Allianz pro Schiene lobt Bekenntnis des Bundes
Künftig trägt der Bund laut dem am Mittwoch beschlossenen Gesetzesentwurf die Hälfte der Kosten, die Deutsche Bahn ein Drittel und das Land ein Sechstel. Die Kommunen müssen nichts mehr beisteuern, wenn die Reform in Kraft tritt. Heute beteiligen sich Bund, Deutsche Bahn und Kommunen jeweils mit einem Drittel an der Finanzierung der Investitionen. Häufig aber können oder wollen klamme Kommunen aus Sicht von Allianz pro Schiene diese Ausgaben nicht übernehmen, so dass die Projekte schwer umzusetzen seien. Laut Dirk Flege, Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses Allianz pro Schiene, hat die Bundesregierung dadurch am Mittwoch „ein ungewöhnlich starkes Bekenntnis zur Stärkung des Eisenbahnverkehrs“ abgegeben.
Obwohl die beschlossenen Gesetzentwürfe ein zentrales Hindernis bei Kreuzungsprojekten laut Flege aus dem Weg räumen und zum Klimaschutz in Deutschland beitragen, vermisst er weiterhin ein Gesamtkonzept für die Reduzierung der Klimalast durch den Verkehr. Zwar gebe der Bund mehr Geld für das System Schiene, so der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Dieselbe Bundesregierung erhöht aber im kommenden Haushalt auch die Mittel für den Neu- und Ausbau der Fernstraßen. Die CO2-Minderung zieht sich leider nicht wie ein roter Faden durch die Regierungsbeschlüsse. Wer alles im Verkehrssektor fördert, kann keine Verkehrsverlagerung bewirken.“ (ag)
jobi