Stuttgart. Die Opposition hat Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wegen seines Zögerns beim Feldversuch mit Lang-Lastwagen in Baden-Württemberg scharf kritisiert. „Wenn der Mittelstand sich meldet, hören Sie nicht zu. Aber wenn ein großes Unternehmen sich meldet, hören Sie zu“, sagte FDP-Verkehrsexperte Jochen Haußmann am Mittwoch im Stuttgarter Landtag. Kritik kam auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) - allerdings gerade weil Hermann dem Text mit den überlangen Lkw zustimmte.
Ende März hatte das Land auf Druck der heimischen Autoindustrie entschieden, doch mit zahlreichen Strecken an einem seit 2012 laufenden bundesweiten Feldversuch für die Lang-Lkw teilzunehmen. Hermann hatte dem Versuch ursprünglich ablehnend gegenübergestanden.
Daimler war Treiber
Der Autobauer Daimler hatte im vergangenen Jahr Ausnahmeanträge für Tests mit Lang-Lkw beim Verkehrs- und beim Wirtschaftsministerium eingereicht. Der Dax-Konzern argumentiert sowohl wirtschaftlich als auch mit Blick auf den Umweltschutz.
„Mit Ihrer bisherigen Position haben Sie sich schlicht in Bedrängnis gebracht“, sagte der CDU-Politiker Marcel Schwehr zu Minister Hermann. Er habe lediglich dem Druck der Wirtschaft nachgegeben. „Ein echter Sinneswandel hat bei Ihnen nicht stattgefunden.“
Vorwürfe, den Dax-Konzern bei den nun beantragten Teststrecken zu bevorzugen, wies Hermann zurück. „Außer Daimler ist auch ein anderes großes Unternehmen beteiligt und eine Spedition“, betonte er. Bei den zwei Dutzend Strecken sind demnach etwa auch Straßen zu Bosch berücksichtigt. Zudem sei es „nicht anrüchig“, die Haltung zu dem Test noch einmal überdacht zu haben, betonte der Minister.
BUND: Kniefall vor Daimler
Der BUND bezeichnete die Entscheidung der Landesregierung, an dem Feldversuch teilzunehmen, als „Kniefall“ vor Daimler. „Dass ausgerechnet die grün geführte Landesregierung bei offensichtlichen Interessengegensätzen sich gegen Umwelt- und Klimaschutz entscheidet, ist unverantwortlich“, heißt es in einem offenen Brief an den Verkehrsminister.
Der Autobauer Daimler sprach sich am Mittwoch indes für den Einsatz von Lang-Lkw auch in weiteren Bundesländern aus. „Natürlich macht der Lang-Lkw in der Logistik in Deutschland nur dann Sinn, wenn er flächendeckend in allen Bundesländern eingesetzt werden kann“, sagte ein Sprecher in Stuttgart.
Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen machen nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums vollständig beim Feldversuch mit. Andere Länder wie Baden-Württemberg haben einzelne Strecken freigegeben. (dpa)