Straßburg. Der Führer eines Baggerschiffes muss keine besonderen Verkehrssicherungsmaßnahmen ergreifen oder Warnhinweise geben, wenn er davon ausgehen kann, dass andere Schiffe aus dem Baggerloch den geraden Weg nehmen. So entschied die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Straßburg anlässlich eines Unfalls in der Binnenschifffahrt.
Der Fall gestaltete sich wie folgt: Ein Baggerschiff belud in einem Baggerloch ein anderes Schiff mit Kies, das mit seiner Steuerbordseite an der Steuerbordseite des Baggerschiffes lag. Das zu beladende Schiff war rückwärts in das Baggerloch gefahren. Das Baggerschiff war mit vier Seitendrähten jeweils an Land festgemacht. Nach dem Beladen des zweiten Schiffes sprach der Schiffsführer mit dem Baggerführer ab, dass der Steuerbord-Heckhaltedraht lose gegeben sei, so dass das Schiff zur Ausfahrt ansetzte. Dabei geriet der Haltedraht in den Propeller und die Ruderanlage.
Das Gericht sah hier keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder eine Verpflichtung des Baggerführers, besondere Warnhinweise zu erteilen. Denn dieser konnte davon ausgehen, dass der Schiffsführer auf dem üblichen Fahrweg auf geradem Kurs das Baggerloch verlassen würde. Wäre dies der Fall gewesen, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen, da der Haltedraht auf dem Grund lag. Der Baggerführer hätte nicht darauf hinweisen müssen, dass bei Abweichungen von dem geraden Kurs mit Annäherung an das Ufer auch die Wassertiefe abnehmen würde. Deshalb musste er nicht für den Schaden aufkommen. (ctw)
Urteil vom 21.03.2016
Aktenzeichen: 505 Z-1/16