München. Diese Frage beschäftigt derzeit viele Arbeitgeber der Transport- und Logistikbranche. Doch: „Das Thema Vergütung von Bereitschaftszeiten ist aktuell weder abschließend vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch höchstrichterlich geklärt“, sagt Benjamin Sokolovic, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN). Damit besteht für Arbeitgeber eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Grundsätzlich dürfen Bereitschaftszeiten zwar geringer vergütet werden als Vollarbeit. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits vor der Einführung des Mindestlohns entschieden. Was das aber in Bezug auf den Mindestlohn bedeutet, darüber streiten selbst Juristen.
„Es gibt eine konservative Auffassung, die selbst bei vertraglicher Differenzierung zwischen Vollarbeit und Bereitschaftszeit als Vergütungsuntergrenze 8,50 Euro vorsieht“ erklärt Sokolovic. Wer so verfährt, ist beim Thema Mindestlohn definitiv auf der sicheren Seite.
„Daneben wird eine Monatsbewertung vertreten, die eine Unterschreitung des Mindestlohnes nur erlaubt, wenn gewährleistet ist, dass im Monatsdurchschnitt der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Arbeitsstunde gezahlt wird“, so Sokolovic. Er hat das für die VerkehrsRundschau an einem Beispiel durchgerechnet:
„Ein Kraftfahrer, der beispielsweise den tariflichen Stundenlohn von 12,21 Euro brutto erhält, wird zeitweise als zweiter Fahrer eingesetzt. Zeiten als Beifahrer werden nach dem Tarifvertrag mit 50 Prozent der Vollarbeit vergütet. Er leistet im April 2015 insgesamt 200 Stunden, davon 80 Beifahrerstunden. Demgemäß sind 160 Stunden (120 Stunden zu 100 Prozent, 80 Stunden zu 50 Prozent) mit dem Stundenlohn von 12,21 Euro zu vergüten. Daraus ergibt sich ein Monatsverdienst von 1.953,60 Euro. Der gesetzliche Mindestlohn für sämtliche im April 2015 geleisteten 200 Arbeitsstunden beträgt 1.700,00 Euro (8,50 Euro x 200).
Das tatsächlich gezahlte Monatsentgelt überschreitet diesen Wert, sodass der gesetzliche Mindestlohn in diesem Monat erfüllt wird.“ Auch wenn viel für diese Betrachtung spricht, ist die Entscheidung des Arbeitgebers, Bereitschaftsdienstzeiten geringer zu vergüten als normale Arbeitszeiten, derzeit mit einem Risiko behaftet.
Auch wenn viel für diese Betrachtung spricht, ist die Entscheidung des Arbeitgebers, Bereitschaftsdienstzeiten geringer zu vergüten als normale Arbeitszeiten, derzeit mit einem gewissen Risiko behaftet. „Eine weitere Auffassung, wonach 8,50 Euro für Vollarbeit und beispielsweise 30 Prozent, also 2,55 Euro pro Stunde für Bereitschaftszeit gezahlt werden dürfen, halte ich dagegen für nicht vertretbar“, warnt Sokolovic. (ir)
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