Hamburg. Die Allianz-Tochter Euler Hermes bietet einen neuen Versicherungsschutz für die Speditions- und Transportbranche an. Die sogenannte Transport-Police des Kreditversicherers aus Hamburg soll einerseits das Risiko eines Zahlungsausfalls minimieren. Andererseits soll sie Auftraggeber gegen Ansprüche von Mitarbeitern ihrer Auftragnehmer absichern, wenn letztere im eigenen Haus weniger als den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt haben. In diesem Fall greift eine Vertrauensschadenversicherung, die nach Angaben von Euler Hermes neben Betrug, Veruntreuung und Hackerschäden auch vorsätzliche Verstöße gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG) absichert.
Blinddeckung bis zu 10.000 Euro
Die Transport-Police sichert Forderungsausfälle bei Kleinaufträgen bis 10.000 Euro pauschal ab. Für diese Aufträge gelten laut Jonas Müller, Leiter Produktentwicklung bei Euler Hermes, reduzierte Meldepflichten: Rücklastschriften müssen demnach erst gemeldet werden, wenn nach zehn Tagen keine Zahlung eingegangen ist. Für den Unternehmer habe die Blinddeckung den Vorteil, dass er ohne Auskunftskosten oder zusätzlichen Verwaltungsaufwand sofort entscheiden könne, ob er einen Auftrag annehme und danach loslegen könne – mit dem Wissen, dass er für seine Leistung auf jeden Fall das vereinbarte Geld bekomme, selbst wenn sein Kunde nicht zahlen kann oder will.
Auch bei größeren Aufträgen bis 25.000 Euro greift der Schutz vor Forderungsausfällen nach einer kurzen Selbstprüfung durch den versicherten Spediteur oder Transporteur: Er muss dafür laut Euler Hermes nachweisen, dass der jeweilige Kunde in den vergangenen zwölf Monaten seine Rechnungen bezahlt hat oder ihn betreffend einen positiven Nachweis einer Wirtschaftsauskunftei vorlegen können. Auch die Vor- und Nachlaufdeckung sei inklusive – mit allen anfallenden Zöllen und Gebühren bei grenzüberschreitenden Verkehren, so Müller. Bei Aufträgen über 25.000 Euro muss der Versicherungsnehmer eine Kreditanfrage stellen und Euler Hermes überprüft die Bonität des Abnehmers.
Schutz vor Bürgenhaftung gemäß MiLoG
Ein weiterer Baustein der neuen Transport-Police ist eine Vertrauensschadenversicherung. Sie soll Unternehmen vor Betrug, Veruntreuung, Geheimnisverrat und Hackerschäden durch die eigenen Mitarbeiter oder externe Dritte schützt. Auch bei Verstößen gegen das MiLoG soll sie greifen. Dieses Modul kann man laut Müller auch rückwirkend zum 1. Januar 2015 abschießen, an dem der gesetzliche Mindestlohn in Kraft getreten ist, sofern bisher keine Schäden bekannt sind.
„Das neue Mindestlohngesetz stellt insbesondere Speditionen, die mit Subunternehmern arbeiten, vor nicht kalkulierbare Haftungsrisiken“, sagt Müller. Denn gemäß der Bürgenhaftung in Paragraf 13 MiLoG können sich Arbeitnehmer, die unter 8,50 Euro pro Stunde bekommen, danach aussuchen, ob sie die Differenzvergütung bei ihrem Arbeitgeber oder einem seiner Auftraggeber einfordern. Euler Hermes komme für diese Forderung auf, wenn der Auftraggeber seiner Sorgfaltspflicht nachkomme, so der Leiter der Produktentwicklung. Dazu gehören die sorgfältige Auswahl des Vertragspartners, eine Prüfung seines Angebots auf Plausibilität und eine Verpflichtung, wonach dieser und von ihm engagierte Subunternehmer sich an das MiLoG halten. Ein rechtskräftiges Gerichtsurteil muss aber nicht vorliegen. „Es genügen Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es überhaupt einen Lohnanspruch von Dritten gibt“, erklärt Müller.
Umgekehrt bietet Euler Hermes auch Auftragnehmern einen 8,50-Euro-Schutz an. Diese können mögliche Mindestlohnansprüche ihrer Mitarbeiter gegen den Auftraggeber über eine Bürgschaft absichern. „Dadurch können sie zeigen, dass sich Auftraggeber keine Sorgen über Nachforderungen von Fremdpersonal machen müssen und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen“, erklärt der Experte.
Prämie hängt unter anderem von Bonität ab
Die Höhe der Prämie der neuen Transport-Police errechnet Euler Hermes eigenen Angaben zufolge für jedes Unternehmen individuell auf Basis mehrerer Faktoren. Sie hänge etwa von der Bonität und der Zahl maximal eingesetzten Subunternehmer des potentiellen Versicherungsnehmers ab. Aber auch die Höhe der gewünschten Deckungssumme und des Selbstbehalts beeinflussten den Preis für den Versicherungsschutz, erklärt Müller. Bei guter Bonität könne die Prämie deshalb beispielsweise bei 0,1 Prozent der jährlichen Umsätze liegen, bei höheren Risiken jedoch auch bei 0,4 Prozent. (ag)