München. Die Ausflaggung von Schiffen ist demnächst nur noch dann erlaubt, wenn der begünstigte Reeder dafür einen Ausgleich leistet. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen sieht vor, dass das Schiff auch unter fremder Flagge als Ausbildungsplatz für Schiffsmechaniker und Offiziere erhalten bleibt oder der Reeder stattdessen einen jährlichen Ablösebetrag bezahlt. Die Zahlung der Ablöse soll zweckgebunden an eine private Einrichtung erfolgen. Im Raum steht eine Summe zwischen 2000 Euro für kleine Schlepper und bis zu 30.000 Euro für große Seeschiffe.
Durch die Ausflaggung werden Schiffe im Ausland registriert. Dadurch wollen die Reeder Geld sparen, etwa weil Gesetze in anderen Ländern niedrigere Löhne oder längere Arbeitszeiten erlauben. Das Gesetz zur Änderung des Flaggenrechtsgesetzes soll Anfang 2013 in Kraft treten. Da die derzeitigen Ausflaggungsgenehmigungen Bestandsschutz haben und sie sukzessive im Laufe der nächsten zwei Jahre auslaufen, wird erst ab 2015 für jedes Schiff, das ausgeflaggt werden soll, das neue System greifen.
Seehandelsrecht bekommt Update
Zum Januar 2013 will die Bundesregierung das deutsche Seehandelsrecht, das noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, modernisieren. Damit verbunden ist eine Reduzierung der Vorschriften auf etwa die Hälfte. Die meisten Änderungen betreffen die Haftungsregeln. Diese beruhen auch künftig auf den Prinzipien der von Deutschland ratifizierten Haager Regeln und den in das Handelsgesetzbuch übernommenen Haag-Visby-Regeln. Laut dem Gesetzentwurf entfällt der bisherige Haftungsausschluss für Verfrachter bei Schäden durch Feuer oder nautisches Verschulden. Abweichend von den Haag-Visby-Regeln wird darin außerdem die Vertragsfreiheit erweitert. Die Haftungsregeln für den Stückgutfrachtvertrag, die auch bei Abschluss eines Speditionsvertrags in den Fällen des Selbsteintritts der Fixkosten- und Sammelladungsspedition gelten, sind demnach AGB-fest ausgestaltet.
Neu ist außerdem die Rechtsfigur des ausführenden Verfrachters. Das ist derjenige, der nicht Vertragspartner des Befrachters ist, aber die tatsächliche Seebeförderung ganz oder teilweise durchführt. Ebenfalls wichtig: Künftig ist der Arrest von Schiffen zur Sicherung einer Forderung gegen den Reeder leichter möglich. Darüber hinaus wird erstmals die Verwendung elektronischer Konnossemente und Seefrachtbriefe ermöglicht.
Auflösung des Freihafens Hamburg
Der Hamburger Freihafen wird zum 1. Januar 2013 aufgehoben. Damit entfallen aufwendige Kontrollen des Leer- und Durchgangsverkehrs an der Freizonengrenze. Auch die besonderen Überwachungsverfahren für die Lagerung und Behandlung von Gemeinschaftswaren im Hafengebiet sind künftig nicht mehr notwendig. Im gesamten Hamburger Hafen gelten dann nur noch die Regeln für Seezollhäfen in der EU.
Für die zollamtliche Überwachung des Warenverkehrs ergeben sich dadurch Veränderungen bei der Zollabfertigung und den gesetzlichen Pflichten der Wirtschaftsbeteiligten: Waren, die in die EU eingeführt werden sollen, sind künftig zum Beispiel unmittelbar nach Ankunft im Hafen einer zollrechtlichen Behandlung zuzuführen. Waren aus Drittstaaten können außerdem nur noch unter zollamtlicher Überwachung im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung oder einem Zolllager gelagert werden. Betroffene Unternehmen sollten rechtzeitig die entsprechenden zollrechtlichen Bewilligungen beantragen, neue IT anschaffen und bisherige Arbeitsabläufe anpassen. (ag)