Wolfsburg/Hannover. Der neue Chef der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge, Ex-VW-Strategiechef Thomas Sedran, sieht eine mögliche Partnerschaft mit dem Rivalen Ford als Vorteil für beide Seiten. Die Gespräche verliefen konstruktiv, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Aus unserer Sicht wäre es für beide Seiten sinnvoll, stärker zusammenzuarbeiten, um am Ende vor allem die Elektrifizierung unserer Flotten zu stemmen. Ich würde mir wünschen, dass wir es hinkriegen.“
Der Manager erklärte, er sei zuversichtlich, „dass wir gegen Ende des Jahres konkreter werden können“. Sedran betonte, eine Kooperation werde dabei nicht zulasten der Beschäftigten gehen. Allerdings bereitet das Projekt nach dpa-Informationen im Transporterwerk Hannover auch Sorgen. Das „Handelsblatt“ berichtete, Teile der Transporterproduktion könnten laut Konzernkreisen künftig in das türkische Ford-Werk in der Nähe von Istanbul verlagert werden.
Kooperation bei Bulli und Ford-Transporter
Im Juni war bekanntgeworden, dass Volkswagen seine Kräfte bei der Entwicklung von Nutzfahrzeugen mit dem US-Hersteller Ford bündeln will. Gegenseitige Beteiligungen sind aber nicht geplant. Ziel einer Kooperation wäre es vor allem, Kosten in Entwicklung und Produktion zu sparen – auch vor dem Hintergrund steigenden Regulierungsdrucks. Neue EU-Regeln stellen die Transporter-Hersteller in Europa vor große Herausforderungen: Ab 2020 gelten für sie schärfere Grenzwerte beim CO2-Ausstoß.
Sedran selbst hatte noch als Chefstratege das Projekt mit Ford mit ausgehandelt. Dann übernahm er die Leitung der VW-Tochter von Eckhard Scholz. Bei der Vorstellung in Hannover vor wenigen Tagen wies Sedran nach dpa-Informationen darauf hin, dass die Kosten sinken müssten. Zu den möglichen Kooperationsmodellen zählten demnach der übernächste VW-Bus „Bulli“ T8 und der Ford-Transporter. Volkswagen kommentierte dies nicht.
Kooperation nicht zu Lasten der Mitarbeiter
Betriebsratschefin Bertina Murkovic sagte laut Unternehmenskreisen in Hannover: „Auch wir wollen Erfolg, allerdings nicht, damit das Geld zu den Ohren wieder raus kommt, sondern damit auch noch nachfolgende Generationen hier arbeiten können.“
Künftige Fahrzeug-Generationen müssten 2025 und 2030 die weiter verschärften Emissionsvorschriften erfüllen, erklärte Sedran. „Sich diese Anforderungen mit einem Partner zu teilen, ist da von großem Vorteil. Wir würden das natürlich auch allein schaffen und immer noch Geld verdienen. Aber in einer Partnerschaft funktioniert es besser.“ In der Vergangenheit hatte es bereits zwei Kooperationen mit Ford gegeben – eine in Südamerika, eine in Europa. Gemeinsam haben VW und Ford in Europa einen Marktanteil von etwa 30 Prozent.
Sedran sagte: „Ich sehe nicht, dass es zulasten der Beschäftigten geht.“ Er vertrete den Standpunkt, dass nur wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sichere Arbeitsplätze seien. „Da gibt es an unseren deutschen Standorten Herausforderungen, denen wir mit einer höheren Produktivität begegnen müssen. Klar ist: Wir haben Verantwortung für die Beschäftigten. Von daher werden wir nur zu Lösungen kommen können, die auch für die Beschäftigten funktionieren.“
Mobilität nicht durch zu strenge Vorschriften bremsen
Der Manager kündigte zudem an, dass die gesamte Palette der leichten Nutzfahrzeuge elektrifiziert werde. „Die Emissions-Grenzwerte und ihre Umsetzung bedeuten für uns eine große Anstrengung – schon ab 2020. Diese Anstrengungen sind mit hohen Aufwendungen verbunden.“
Dieselmotoren als Antrieb für große und schwere Fahrzeuge sind auf der Langstrecke aus Sedrans Sicht nicht zu ersetzen. „Ich bin der festen Überzeugung: Irgendwann müssen wir in der Lage sein, uns CO2-neutral zu bewegen. Aber das wird noch nicht 2025 sein.“ Er wünsche sich, dass künftige Grenzwerte wissenschaftlich ermittelt würden. „Ich verstehe, dass in den Institutionen ein gewisser Groll vorherrscht, aber letztlich bin ich überzeugt, dass Mobilität von Menschen und Gütern ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist“, sagte Sedran mit Blick auf manipulierte VW-Diesel. „Wir sollten keine Vorschriften erlassen, die physikalisch nicht mehr erreichbar sind.“ (dpa)