Der Geist Hippolyt Saurers scheint im Schweizer Städtchen Arbon allgegenwärtig zu sein. Sein früher Tod 1936 war nach Meinung des Präsidenten des Saurer Oldtimer-Clubs, Ruedi Baer eine der Ursachen für den Niedergang der einst stolzen und großen Marke, die sich nach dem zweiten Weltkrieg wie die ganze Schweiz regelrecht „einigelte“ und so zum Regionalanbieter abstieg. Ganz anders noch um die Jahrhundertwende: Saurer vergab weltweit Lizenzen an Lkw-Hersteller und begründete damit auch die Nutzfahrzeug-Fabrikation bei MAN.
Anfragen von überall her sorgten dafür, dass Saurer alle Kontinente belieferte und bis 1911 zum größten Lkw-Hersteller der Welt aufstieg! Als Daimler, Benz und Co. noch überlegten, welche Märkte man in Europa eventuell noch angehen könnte, lieferten die Thurgauer bereits nach Afrika, Asien und Südamerika.
Und noch heute erhält Museumsdirektor Ruedi Baer Anfragen aus Australien! Und das, obwohl bereits 1983 der letzte zivile Saurer-Lkw vom Band lief. Am Ende stützte die Textilmaschinenproduktion die Lkw-Fertigung. Die Maschinen feiern heute als „Saurer Embroidery“ ein Comeback. Nachdem die Marke durch die Hände vieler Investoren ging, landete sie 2007 beim Technologiekonzern Oerlikon. 2013 wurden die chinesische Jinsheng Gruppe mit Mehrheitsaktionär Xueping Pan auf dieses Juwel aufmerksam und übernahm das Naturfaser- und Komponentengeschäft von Oerlikon. Diese Gelegenheit brachte auch den Namen Saurer wieder nach vorn – auch wenn in der Schweiz nur noch wenig gefertigt und entwickelt wird.
Doch der chinesische Investor weiß, dass Hippolyt Saurer neben genialen Textilmaschinen auch Lkw konstruierte und fertigte. Und so klingelte bald darauf eine chinesische Delegation beim rührigen Ruedi Baer an, der als Unternehmensberater schlau genug war, sich die Markenrechte sowie Logos von Berna und Saurer zu sichern.
Das Saurer-Museum hat sogar in China viele Fans
Mittlerweile besuchten die neuen Saurer-Textilmaschineninhaber das Museum, das nach der Erweiterung vor einigen Jahren schon wieder aus allen Nähten platzt und waren begeistert! Schon bald darauf durfte der rührige Ruedi eine zweite Delegation durch seine Hallen führen und erhielt darüber hinaus sogar die Zusage, dass man das Lkw-Museum unterstützen wolle.
Außerdem freut sich der Baer Ruedi über stetig steigende Besucherzahlen, was nach seiner Aussage für ein so kleines und spezielles Museum „absolut keine Selbstverständlichkeit“ ist. Also sammeln und restaurieren die Saurer-Enthusiasten weiter und planen, auf dem ehemaligen Werksgelände eine Backsteinhalle zu erwerben, in der dann der „Überhang parkiert“. Man kann ihnen dazu nur die Daumen drücken. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall! (gs)