München. Bettina Wagener hat zur berühmten Frauenquote ein gespaltenes Verhältnis. „Meine Vorstellung von der idealen Welt sieht so aus, dass nicht das Geschlecht bei der Besetzung einer Stelle ausschlaggebend ist, sondern die Qualifikation des Bewerbers", betonte die Geschäftsführerin von Chep Deutschland im Rahmen der aktuellen Stunde „Frauen in der Logistik", die die BVL im Rahmen der Messe Transport Logistic in München veranstaltete. Dabei hatte sich Wagener als Jugendliche zunächst niemals vorstellen können, eines Tages als Führungskraft in der Logistik zu arbeiten. „Ich wollte Tierärztin werden oder Journalistin", erzählt sie. Und als ihr Vater, ebenfalls Logistiker, ihr als Jugendliche einen längeren Vortrag über die vielseitigen Facetten der Logistik hielt, fand sie „das Thema Logistik einfach stinklangweilig". Erst, als Wagener danach auf dem Schulhof mit ihrem neu erworbenen Wissen prahlte und ihre Mitschüler ihren Schilderungen über die komplexen Prozesse interessiert lauschten, erkannte sie: „Logistik ist in Wirklichkeit sexy". Mit dieser Einstellung beschritt Wagener einen beeindruckenden beruflichen Werdegang, der sie als Marketingleiterin zu Fiege, als Niederlassungsleiterin zu DHL, als Vice President zu Prologis und nun als Geschäftsführerin zu Chep führte.
Dass dennoch bisher eher wenige Frauen in der Logistik, vor allem auf höheren Positionen, Fuß fassen, muss nach Ansicht von Bettina Wagener nicht sein. „Wir können alle dazu beitragen, die Frauenquote überflüssig zu machen – indem wir uns was trauen", appellierte sie an ihre vor allem weiblichen Zuhörerinnen auf der Münchner Messe. „Wir selbst dürfen uns nicht immer unterschätzen", fuhr sie fort. „Statt dessen brauchen wir ein besseres Netzwerk – und mehr Mumm", betonte sie.
"Einfach mal Ja sagen"
Eine Tatsache, die Annegret Eberhardt-Cakir nur bestätigen kann. „Oft ist es wichtig, einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein – und einfach mal Ja zu sagen", stellte die Logistikleiterin im Bereich China-Highspeed-Projekte bei Siemens in Erlangen klar. Darüber hinaus rät sie allen Frauen, nicht auf der Stelle zu treten. „Man muss die Möglichkeiten zur Weiterbildung nutzen – dann kommt man auch nach vorne", resümierte sie ihren eigenen beruflichen Werdegang.
Dass Frauen auch im Bereich der Logistikberatung durchaus großartige Perspektiven haben, davon ist Katharina von Helldorff-Mager, Managerin bei 4flow in Berlin, überzeugt. „Frauen finden einen anderen Zugang zu Kunden und finden auch ganz andere Lösungswege", betont die Mutter von zwei kleinen Kindern. Dennoch müsse man als Frau immer im Hinterkopf haben, dass Logistik international sei – und dies gleichzeitig bedeute, dass man auch als Frau dafür die nötige Flexibilität, zum Beispiel für Dienstreisen mitbringen müsse. Von Helldorff-Mager hat allerdings Glück. Ihr Arbeitgeber 4flow hat es sich auf die Fahnen geschrieben, gerade den Frauen im Unternehmen entgegenzukommen und sieht in seiner Firmenphilosophie flexible Arbeitszeiten grundsätzlich vor. „Wir brauchen keine Arbeitsmodelle, wir fragen die Kolleginnen nach ihren Wünschen, wann und wie oft sie arbeiten wollen", erklärt Stefan Wolff, Vorsitzender des 4flow-Vorstands und Vorstandsmitglied der BVL. „Und wenn die Kollegin dann einen Vorschlag gemacht hat, sagen wir dazu ja."
"Frauen dürfen sich nicht immer unterschätzen"
Dass es sich jedoch grundsätzlich lohnen kann, in der Logistik auch als Frau nicht den Blick auf Führungspositionen zu verschließen, davon waren alle drei Damen auf dem Podium überzeugt. „Wir Frauen gehen einfach viel zu häufig auf Sicherheit", machte Bettina Wagener noch einmal am Ende der Veranstaltung massiv klar. Statt dessen müsse man sich fragen: Was kann schon schlimmstenfalls passieren, wenn ich eine Chance ergreife? Zur Not gebe es doch einen Plan B. Und: „Wir dürfen uns einfach nicht immer unterschätzen", betonte sie.
Dass mehr Frauen ihren Weg in die Logistik finden, dafür will auch die BVL ihren Beitrag leisten. „Wir wollen als BVL die Frauen motivieren, in die Branche zu kommen – und dort zu bleiben", erklärte Frauke Heistermann, Vorstandsmitglied der BVL, die die Messeveranstaltung moderierte. Gleichzeitig müsse jedoch auch der Staat seinen Beitrag dazu leisten, den Frauen die Voraussetzungen für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu geben. So sei das Angebot an Krippen- und Hortplätzen für Kinder noch zu unterschiedlich stark ausgebaut und würde viele arbeitswillige Mütter, die flexibel arbeiten wollen, vor Probleme stellen. (sno)