Zwei Routen mit großer Zukunft

Es ist ein brillanter Standort." Dariusz Stefanski redet so in den höchsten Tönen und spricht nicht über den Hafen Hamburg, das Kölner Hub Eifeltor oder den Duisburger Hafen. Der Vorstandsvorsitzende der PCC Intermodal beschrieb mit diesen Worten das Umschlagterminal in Frankfurt/Oder. Gute Lage von Frankfurt/Oder Nun ist das zunächst nicht weiter verwunderlich, dass Stefanski so positiv über das Terminal an der Grenze zu Polen redet. Schließlich ist PCC Intermodal Betreiber der Anlage. Andererseits weiß der Intermodal-Experte sehr wohl, dass Frankfurt/ Oder mit den genannten Logistik-Hotspots nicht mithalten kann. Aber: Es gibt durchaus einige Eigenschaften, mit denen das Frankfurter Terminal glänzen kann. So liegt es genau an der Bahnstrecke Warschau - Berlin. Die Züge, die zwischen Deutschland und China über Moskau fahren oder die südliche Route über Kasachstan nehmen, müssen alle durch Frankfurt/Oder. Die Anzahl dieser Züge auf der sogenannten Seidenstraße sind in den letzten Jahren stark angestiegen, stellt Carsten Pottharst, Geschäftsführer der InterRail Europe fest. Sein Unternehmen hat sich auf das Angebot von Güterbahnverkehren zwischen Europa, Russland und China spezialisiert. "Vor zwei Jahren mussten wir noch Überzeugungsarbeit leisten. Heute kommen die Leute zu uns und fragen: Wir würden gerne buchen, was müssen wir beachten?", schildert er den Wandel im Markt. Dreieinhalb Jahre hat es nach seiner Aussage gedauert, bis InterRail Europe nach dem Einstieg 2011 die Marke von 1000 insgesamt gefahrenen Zügen erreicht hat. Heute steht das Unternehmen bei 8000. "Die letzten 1000 Züge hatten wir innerhalb von drei Monaten zusammen. Derzeit verlassen zwölf Züge pro Tag China, und ich sehe kein Ende", zeigte sich Pottharst auf der Konferenz Interlog 2018 in Frankfurt/Oder optimistisch. Thema auf der vom Investor Center Ostbrandenburg (ICOB) organisierten Veranstaltung war die "Intermodale Logistik zwischen Ost und West". Auch Stefan Schröder, Geschäftsführer der Logistics Networks Consultants, geht von einem weiter steigenden Volumen auf dieser Relation aus. "2016 sind etwa 2400 Züge zwischen China und Europa gefahren. Bei mehr als der Hälfte war der Abfahrts- oder Zielort Deutschland", weist Schröder, der auch Chief Advisor der Logistics Alliance Germany ist, auf die Vielzahl der Züge mit Deutschland-Bezug hin. Er zitierte Vorhersagen, nach denen im Jahr 2020 5000 Züge mit 100.000 Containern auf der Route verkehren sollen. Wichtig für den Erfolg der Züge ist die Paarigkeit, so Schröder. Doch auch hier erzielt man Fortschritte: "Vor zwei Jahren stammten 90 Prozent der transportierten Mengen aus China. Jetzt beträgt deren Anteil nur noch 60 Prozent", so der Berater. Doch damit Sendungen auf die Züge kommen, sind bestimmte Bedingungen zu erfüllen. "Wichtig für die verladende Wirtschaft sind regelmäßige Züge, am besten jeden Tag eine Abfahrt", sagt Ralf-Charley Schultze, Präsident der UIRR (Union for Rail-Road Combined Transport). Wichtig sei aber auch der Preis. Hier zitierte er Zahlen, nach denen auf dieser Route für ein 40-Fuß-Container per Bahn 5500 US-Dollar gezahlt werden müsse und per Schiff 3000 US-Dollar. Doch die Bahn ist mit 20 Tagen doppelt so schnell wie das Schiff. Es sind im Übrigen nicht nur die Chinesen, die sich für Gütertransporte von Asien nach Europa starkmachen und diese auch subventionieren. "Großes Interesse zeigen mittlerweile auch die Japaner", sagt Schröder. Und im Gespräch ist sogar ein Tunnel zwischen Russland und den USA, unter der sogenannten Beringstraße, der eine Länge von 55 Meilen (88,5 Kilometer) hat: wobei es derzeit nicht vorstellbar ist, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein Pendant in den USA, Donald Trump, auf eine solches Projekt verständigen können. Einigkeit besteht unter den Experten, dass die Position von Frankfurt/Oder als Drehscheibe unter geografischen Gesichtspunkten durchaus gut ist. Denn die Grenzstadt profitiert nicht nur von den Verkehren auf der Seidenstraße. Auch auf dem North-Sea-Baltic-Korridor ist mit der Rail Baltica ein Projekt geplant, das dem Schienengüterverkehr in Polen und damit auch in Deutschland einen kräftigen Impuls geben könnte (siehe Kasten rechts). "Da ist es wichtig, dass es entsprechende Zugangspunkte gibt. So schafft man Anreize, Korridore wie die Rail Baltica auch zu nutzen", sagt Steffen Nestler, Geschäftsführer der Deutschen GVZ-Gesellschaft. In China seien vor allem Hamburg und Duisburg als Start- und Zielort für intermodale Verbindungen bekannt. "Da ist es wichtig, dass Frankfurt/Oder auch in China präsent ist und auf seine Vorteile hinweist", so Nestler weiter. Stefanski erklärt, dass man in China einen Sinneswandel erzeugen müsse, und verdeutlicht dies an einem Beispiel-Zug. "Die Chinesen bestanden darauf, den Zug nach Hamburg zu fahren, weil sie dafür eine Subvention bekommen. Dabei befanden sich auch viele Container auf dem Zug, die dann per Lkw zurück nach Bratislava, Warschau et cetera gefahren werden mussten." Seine Aufforderung an Operateure wie Bahnen, an Terminalbetreiber wie staatliche Stellen: "Alle Beteiligten müssen besser kooperieren, um zu einer höheren Auslastung zu kommen." Mehr zum Thema im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Rail Baltica 5,9 Milliarden Euro für eine neue Bahnstrecke von Tallin bis Kaunas Ein in Europa einzigartiges Schienenprojekt mit dem Namen Rail Baltica soll die baltischen Länder besser an Zentraleuropa anbinden. "Daran sind Estland, Lettland und Litauen beteiligt sowie Finnland und Polen, die das Projekt unterstützen", sagte Baiba A. Rubesa, CEO von Rail Baltica, auf der Interlog 2018. Es handelt sich um eine Schienentrasse von Tallin über Riga bis nach Kaunas. Die Länge beträgt 870 Kilometer, davon 213 Kilometer (km) auf estnischem Terrain, 265 km in Lettland und 392 km in Litauen. Die Bahnlinie ist für den Personen- wie auch für den Güterverkehr gedacht. Neben der Tatsache, dass drei verschiedene Staaten bei der Planung und der Finanzierung der Trasse eingebunden sind, ist auch die Spurbreite ungewöhnlich. Normalerweise gibt es in den baltischen Ländern die in Russland verbreitete Breitspur (1520 Millimeter). Die Trasse der Rail Baltica verwendet hingegen das in Europa übliche Maß (1435 Millimeter). Damit soll der Anschluss an Polen gewährleistet werden. Das Land will eine Linie zwischen Warschau und der litauischen Grenze unterstützen. Und Finnland überlegt sogar, einen Tunnel zwischen Helsinki und Tallin zu bauen. Fertig sein soll Rail Baltica 2026."Bis 2030 rechnen wir mit einem Volumen von 16 Millionen Tonnen", sagte Rubesa. Die Baukosten sollen 5,9 Milliarden Euro betragen. cd

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