Riga/Vilnius/Tallinn. In den letzten vier Jahren wurden die baltischen Staaten durch Korruptionsskandale im Transportsektor erschüttert. In Lettland und in Litauen waren jeweils der Eisenbahnsektor betroffen, in Estland der Hafen Tallinn. Die Geschäftsführer der lettischen und der litauischen Eisenbahn Ugis Magonis und Stasys Dailydka wurden durch anscheinend profitable Geschäfte verführt.
In 2015 wurde Ugis Magonis wegen der Annahme von Bestechungsgeld beim Kauf von Lokomotiven vom estnischen Millionär Oleg Osinovskis verhaftet. Er unterhielt zudem enge Beziehung zum Geschäftsführer der Russischen Eisenbahn Vladimir Yakunin. Durch die Beziehung wurde der Kohletransport zwischen Riga und Russland gefördert.
Stasys Dailydka unterhielt auch während der Annexion der Krim in 2014 enge Beziehungen zum russischen Eisenbahnhersteller Transmashholding. Beide Geschäftsführer trieben die russischen Interessen voran und unterminierten dabei gleichzeitig die Außenpolitik des eigenen Landes.
Russland versucht seinen ökonomischen Einfluss durch sogenannte Power Broker – einflussreiche lokale Geschäftsleute oder Amtsträger – zu mehren. Korrupte Amtsträger und hohe Angestellte sind dabei natürlich eine große Gefahr. Ein weiterer Fall ist die Verhaftung des Vorstandsvorsitzenden Ain Kaljur und des Vorstandsmitglieds Allan Kiili des estnischen Hafens Tallinn im Jahr 2015 wegen Bestechlichkeit bei der Beschaffung von Fähren bei einer polnischen Werft. Der ehemalige estnische Premierminister Taavi Roivas bezeichnete den Skandal als Sicherheitsrisiko.
Der Transportsektor der baltischen Staaten hat neben der hohen ökonomischen Bedeutung zudem eine militärisch-logistische und eine politische Bedeutung. Für die baltischen Staaten besteht eine Gefahr der Invasion durch Russland wie im Falle der Krim geschehen. Die Transportverbindungen zwischen ihnen und dem Rest der europäischen Allianz sind von großer Bedeutung für die Entsendung von Truppenverstärkungen im Falle einer militärischen Invasion durch Russland.
Zweitens ist die vollständige Integration der baltischen Infrastruktur in das europäische Netzwerk ein entscheidendes politisches Ziel in Vilnius, Riga und Tallinn. Die Abhängigkeit der Staaten von russischen Infrastrukturprojekten gilt als Achillesferse, da die russische Regierung dies gerne nutzt, um politischen Druck auszuüben. Daher sind baltische Infrastrukturprojekte wie Rail Baltica weit mehr als ökonomische Entwicklungsinitiativen. Personen oder Institutionen mit düsteren finanziellen Verbindungen nach Russland sind eine ständige Bedrohung, da sie gegen die Interessen der baltischen Staaten und der EU arbeiten. (rup)