Zu viele Variablen

Auf der Basis des Jahres 2010 wird die Verkehrsleistung des Güterverkehrs um 38 Prozent zunehmen, die des Personenverkehrs um 13 Prozent. Beim Güterverkehr ist vor allem der internationale Handel mit seinen Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Verkehr Träger des Wachstums. Grenzüberschreitende Verkehre steigen um 42 Prozent, die Leistungen der Transitverkehre um 52 Prozent; aber auch der Binnenverkehr wächst laut Prognose immerhin noch um 31 Prozent. Der Luftverkehr bleibt demnach eine Wachstumsbranche. Wichtig dabei: Die Gutachter haben sich bei ihrer Prognose nicht von Verlagerungsfantasien leiten lassen. Trotz unterschiedlichen Wachstums der Verkehrsträger wird sich der Modal Split bis zum Jahre 2030 nur unwesentlich verändern. Dass auch die deutsche Wirtschaft nicht straßenlastig entscheidet, zeigen zudem die hohen Wachstumsraten, die die Gutachter dem Kombinierten Verkehr zusprechen; dieser ist der Wachstumstreiber des Schienenverkehrs. Investitionen richtig priorisieren Aber warum sind realistische Annahmen für die Verkehrsprognose so wichtig? Der Grund ist einfach: Die Verkehrsprognose 2030 ist die Grundlage für die derzeit laufenden Arbeiten am Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015. Dieser hat zum Ziel, ein finanzierbares Gesamtkonzept für die künftige Infrastruktur unter Berücksichtigung der aktuellen Netzmängel und des prognostizierten Bedarfes aufzustellen. Wichtigste Herausforderung der Infrastrukturpolitik ist dabei angesichts knapper Finanzausstattung die Priorisierung der Investitionen. Hier müssen nach Ansicht des BWVL die weiteren Gedanken ansetzen. Wenn die deutschen Straßen drei Viertel des Wachstums im Güterverkehr und zwei Drittel des zusätzlichen Personenverkehrs aufzunehmen haben, ist dies bei der Verteilung der Investitionsmittel zu berücksichtigen. Da die Verkehrsprognose durchaus regional unterschiedliches Wachstum des Verkehrs vorhersagt, muss sich hieran auch der Aus- und Neubau orientieren und vor allen Dingen auf vordringliche Engpassbeseitigung zielen. Vor dem Hintergrund des hohen Sanierungsstaus ist es angesichts der Prognose daher unbedingt notwendig, die Modernisierung des vorhandenen Netzes zu beschleunigen. Denn nur wenn die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland gestärkt und Investitionen der großen Bedeutung des Güterverkehrs für unsere Wirtschaft gerecht werden, können wir Wachstumschancen in Deutschland erfolgreich wahrnehmen. Nur mit leistungsfähigen Verkehrswegen, insbesondere funktionsfähigen Straßennetzen, die die Lebensadern der Wirtschaft darstellen, kann der Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland gesichert werden. Insgesamt hat die Verkehrsprognose jedoch zu viele unbekannte Variablen. Entscheidender Kritikpunkt ist dabei vor allem die Unterstellung der Gutachter, dass bis spätestens zum Jahr 2030 alle Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan 2003 realisiert sind. Diese Annahme, dass zum Beispiel die Y-Trasse Hamburg/Bremen - Hannover der Schiene oder die neue A 20 mit Elbquerung bis dahin fertiggestellt sind, zeugt von überschwänglichem Optimismus. Vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass alle bis 2015 noch nicht begonnenen Projekte des alten Bundesverkehrswegeplanes 2003 vor der Übernahme in den neuen Bundesverkehrswegeplan neu bewertet werden sollen. Es werden in der Prognose also Kapazitäten unterstellt, die real so im Prognosezeitraum nicht zu erwarten sind, die erst noch zulasten der zukünftigen Investitionshaushalte gebaut werden müssen. Fünf Milliarden Euro sind zu wenig Eines machen die Verkehrsprognose 2030 und die Haushaltsdiskussion jedoch unmissverständlich klar: Die für die laufende Legislaturperiode zusätzlich bereitgestellten fünf Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen sind viel zu wenig, will Deutschland nicht weiter seine einst so gute Infrastruktur ruinieren. Der vor der Wahl quer durch alle Parteien laufende Konsens für ein massives Infrastrukturprogramm scheint verflogen, statt der Schaffung eines wieder wettbewerbsfähigen Verkehrsnetzes beherrschen soziale Wohltaten zulasten der kommenden Generationen das Politikgeschehen. Aber diese sind auch leichter zu verteilen, als sich der gesellschaftlichen Diskussion um einen Infrastrukturausbau zu stellen. Die Kunst wird sein, aus den überbordenden Anmeldungen zum neuen BVWP auf der Basis der Prognose 2030 die Projekte mit dem höchsten Gesamtnutzen herauszufiltern. Hierfür sind nicht nur genügend Finanzmittel, sondern auch entsprechende Planungs- und Baukapazitäten bereitzuhalten. Der LKW dominiert weiterhin Der Güterverkehr wird bis 2030 deutlich wachsen. Die Hauptlast des zusätzlichen Aufkommens wird mit drei Vierteln des Wachstums weiterhin auf den Schultern des LKW liegen.Die Unterfinanzierung der Infrastruktur erfordert daher noch stärker eine von Spartendenken freie Priorisierung der Mittel nach höchstem Nutzen.

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