Wo die Diebe zuschlagen

Frankreich, Italien, Deutschland und Russland sind für Straßentransporte die gefährlichsten Länder Europas. Diese "Cargo Crime Champions League" eint nach Ansicht von FreightWatch International (FWI) eine wachsende Zahl von Frachtdiebstählen und immer ausgefeiltere Methoden, mit denen Fracht entwendet wird. Banden mit internationalen Verbindungen spielten dabei eine immer größere Rolle. Sie gingen sehr flexibel vor, sodass es kurzfristig zu starken Schwankungen komme. "Wahrscheinlich sieht die Liga in diesem Jahr ganz anders aus als 2014", heißt es in einem FWI-Bericht. Täter nehmen Fahrer als Geiseln Besorgniserregend ist die Entwicklung vor allem in Frankreich, wo im letzten Jahr 2200 Fälle von Frachtdiebstahl gemeldet wurden, 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem jedoch gewalttätiger als in der Vergangenheit: Türen werden aufgebrochen, Planen zerschnitten und nicht selten werden die Fahrer als Geisel genommen. Abgesehen haben es die Räuber dort vor allem auf Zigaretten, Kosmetika und Elektronik. Gut geplante und bewaffnete Überfälle auf Lkw sind typisch für den Großraum Paris, auf den 31 Prozent aller Frachtdiebstähle in Frankreich entfallen. In Italien konzentrierten sich die 1200 Raubüberfälle im Jahr 2014 auf Lkw im Norden auf die Region Mailand und im Süden auf Apulien (Bari) und Campania. Laut den italienischen Behörden waren das mehr als 2013. Besonders gefährdet sind Zigaretten, Schnaps und Arzneimittel. Daraus schließt FWI, dass die Überfälle unter Beteiligung der Mafia und anderer organisierter Gruppen durchgeführt werden. Sie besitzen die notwendigen Verbindungen, um diese Produkte auch abzusetzen. Auch Deutschland ist ein "Hotspot" des modernen Straßenraubs. 2014 wurde schätzungsweise 5000 Mal Fracht von einem Lkw entwendet. Ganze Fahrzeuge wurden nach den aktuellsten Zahlen aus 2013 rund 1700 Mal (plus 5 Prozent) gestohlen, mit und ohne Fracht. Der Einsatz von Waffen und anderer Gewalt ist allerdings in Deutschland eher selten. Die größten Gefahren lauern auf den deutschen Autobahnen, allen voran die drei großen Transitstrecken A 2, A 4 und A 7. Die Frachtdiebe ergreifen hier ihre Gelegenheit meistens auf den ungesicherten Park- und Rastplätzen entlang dieser Autobahnen und haben es vor allem auf Elektronik abgesehen, aber auch auf Kosmetika, Schnaps, Markentextilien oder Metalle wie Kupfer. Der FWI kritisiert, dass es in ganz Deutschland nur zwei wirklich sichere Lkw-Parkplätze gebe. Auch hierzulande seien die gut organisierten Profis auf dem Vormarsch. Osteuropäische Gangs oder deren "deutsche Filialen" seien dabei, Gelegenheitsdiebe zu verdrängen. Die in Deutschland gestohlenen Waren werden überwiegend in Osteuropa abgesetzt. Dort konzentriert sich der Frachtdiebstahl vor allem auf Westpolen und die Ostukraine. Auswirkungen auf die Entwicklung habe auch das Russland-Embargo der EU, das zu einem starken Rückgang der transportierten Warenmenge geführt habe. In Russland selbst sind Lkw und ihre Fracht in den Großräumen Moskau und St. Petersburg sowie auf den Zufahrtswegen (Autobahnen M 1, M 4, M 10) dorthin am meisten gefährdet. Obwohl es keine offiziellen Zahlen gibt, geht der FWI davon aus, dass die Zahl der Überfälle beträchtlich ist. Datenlücke Kein eigenständiges Delikt Es gibt keine Behörde, die exakt beziffern kann, wie schwerwiegend das Problem des Frachtdiebstahls in Europa tatsächlich ist. Ursache ist, dass die Rechtssysteme Frachtdiebstahl nicht als eigenständiges Delikt behandeln, sondern meist unter Diebstahl subsumieren. Deshalb hat das "FreightWatch International Supply Chain Intelligence Center" Daten von verschiedensten Quellen zusammengetragen. In einem Bericht kommt die Forschungsabteilung des Anbieters für Supply-Chain-Sicherheitslösungen "FreightWatch International" so zu den größten Risikozonen für Frachtdiebstahl. ks

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