Stuttgart. Die Wirtschaft in Baden-Württemberg geht offen, aber auch skeptisch auf die mögliche neue grün-rote Landesregierung zu. „Wir erwarten, dass das neue Regierungsprogramm stabile, verlässliche Rahmenbedingungen beschreibt, um das gute wirtschaftliche Klima in Baden-Württemberg zu erhalten und die Stärken des Landes weiter zu stärken", forderte der Chef des weltgrößten Autozulieferers Bosch, Franz Fehrenbach, am Montag in Stuttgart.
Besonders wichtig für den Wirtschaftsstandort bleibe die Förderung von Forschung und Entwicklung, betonte der Manager. Außerdem müsse nach der Abwahl der CDU/FDP-Koalition eine moderne Verkehrsinfrastruktur genauso weit oben auf der Prioritätenliste stehen wie eine auf Erfolg gerichtete Bildungspolitik. Entscheidend für Baden-Württemberg sei zudem, dass es eine bezahlbare Energieversorgung gibt, erklärte Fehrenbach in Richtung Grüne und SPD.
Auch der Autobauer Daimler betonte in einer ersten Reaktion auf den Machtwechsel im Südwesten die Bedeutung der Forschungs- und Entwicklungsförderung. „Daimler ist mit Zukunftstechnologien seit langem führend, was für eine neue Landesregierung natürlich auch ein zentrales Thema ist", sagte ein Sprecher und betonte: „Wir werden auch mit der neuen Landesregierung konstruktiv zusammenarbeiten."
Der Präsident der IHK Region Stuttgart, Herbert Müller, sagte: Der potenzielle neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe einen ökologischen Umbau der Wirtschaft angekündigt. Das werde viele Chancen, aber auch Risiken zur Folge haben. „Wir wollen deshalb so schnell wie möglich Gespräche führen, welche Belastungen auf die Wirtschaft zukommen."
Die Kammer habe bereits während des Wahlkampfes intensiven Kontakt zu dem Grünen-Frontmann sowie SPD-Spitzenkandidat Nils Schmidt gehabt. Dabei habe Kretschmann betont, großes Interesse an einer florierenden Wirtschaft im Südwesten zu haben, teilte Richter mit. „Sobald die neue Landesregierung feststeht, werden wir um ein schnelles erstes Treffen - auch in kleiner Runde - bitten, um über die Pläne konkret zu sprechen." Dabei werde es dann auch um die Sorge der IHK gehen, dass das Bahnprojekt Stuttgart doch noch gekippt wird.
Nach fast sechs Jahrzehnten hatte die CDU bei der Landtagswahl am Sonntag die Macht in Baden-Württemberg verloren und rückt nun mit dem Regierungspartner FDP in die Opposition. Die Grünen legten massiv auf 24,2 Prozent zu und wollen nun mit der SPD (23,1) die Regierung im Südwesten bilden. Winfried Kretschmann könnte der erste grüne Ministerpräsident werden. (dpa)