"Wir wachsen global"

Anders als in den Vorjahren hat Mercedes-Benz Vans 2016 keine großen Modellwechsel zu verkünden. Heißt das, dass 2016 ein ruhiges Jahr für Sie ist? Keinesfalls! Die Entwicklung geht bei uns immer weiter. Aktuell haben wir beispielsweise in China V-Klasse und Vito eingeführt und in South Carolina/USA bauen wir gerade ein neues Sprinter-Werk. Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir auf dem globalen Markt außerdem mit Citan, Vito, V-Klasse und Sprinter ein Absatzplus von 21 Prozent erreicht. Auch dahinter steht eine kontinuierliche Arbeit. Und natürlich ist es kein Geheimnis, dass wir aktuell intensiv an unserem neuen Pick-up und der nächsten Sprinter-Generation arbeiten. Der Markt der Transporter wächst stetig. Wie lange wird und kann dieser Boom noch anhalten? Wie sich die Märkte langfristig weiterentwickeln, kann niemand vorhersagen. Aber wir sehen sehr positiv in die Zukunft. Wir haben eine moderne Produktpalette, die weltweit gut ankommt. Und natürlich gestaltet sich das stark wachsende Thema E-Commerce für alle Transporterhersteller positiv. Zudem liegen aktuell mehrere große Märkte mit viel Potenzial brach, wie zum Beispiel Russland oder Brasilien. Sobald hier eine Erholung eintritt, erwartet uns dort ein riesiger Nachholbedarf. KEP-Dienstleister forderten in letzter Zeit verstärkt einen elektrifizierten 3,5-Tonner. Erkennen Sie hier ebenso einen Bedarf? Wir sehen die Elektromobilität als kommende Antriebsquelle für die letzte Meile im Lieferverkehr und stellen bei unseren Kunden aktuell zwar keine Euphorie fest, aber doch ein steigendes Interesse. 2011 waren wir der erste Hersteller, der mit dem Vito E-Cell einen Transporter mit Elektro-Antrieb anbot. Die fehlende Infrastruktur und die im Vergleich zu einem Diesel-Transporter hohen Kosten ließen die Kunden jedoch zögern. Bei bestimmten Einsatzzwecken würde es uns mittlerweile gelingen, einen E-Transporter TCO-seitig vergleichbar mit einem Dieselfahrzeug darzustellen. Und wenn aus dem generellen Interesse konkreter Bedarf entsteht, sind wir bereit. Was müsste der Gesetzgeber noch beisteuern, um E-Transporter möglich zu machen? Die aktuelle Prämie für Elektro-Fahrzeuge ist schon mal ein wichtiger Schritt. Man muss Anreize für die Kunden schaffen. 130 Jahre lang war der Verbrennungsmotor mit großer Effizienz gesetzt, da kann man nicht von heute auf morgen eine Umstellung verlangen. Ganz wichtig ist natürlich auch das Thema Ladeinfrastruktur. Das kann man natürlich nicht allein dem Gesetzgeber überlassen. Hier ist ein dauerhafter Dialog zwischen Staat, Energiekonzernen und den Fahrzeugherstellern wichtig. Und natürlich würden auch zusätzliche Freiheiten wie beispielsweise die Nutzung von Busspuren in Innenstädten Kaufanreize schaffen. Ein guter Ansatz war zudem das Batteriegewicht von E-Transportern zu berücksichtigen und festzulegen, dass E-Fahrzeuge bis 4,2 Tonnen Gesamtgewicht mit der Führerscheinklasse B gefahren werden dürfen. Nur benötigen wir hier dringend eine feste Regelung über das Jahr 2019 hinaus, damit Kunden in E-Transporter investieren. Mit Spannung erwartet die Branche nun den neuen Sprinter. Wann wird der Nachfolger kommen? Wir arbeiten mit Hochdruck an der Sprinter-Zukunft. Wann das Fahrzeug auf den Markt kommen wird, wollen wir aber noch nicht verraten. Wird in dem neuen Sprinter mehr Renault stecken? Nein. Der Sprinter bleibt ein reinrassiges Mercedes-Benz-Produkt. VW präsentierte mit dem neuen Crafter ein komplett neues Modell. Wie will Mercedes den immerhin ja schon zehn Jahre alten Sprinter gegen den VW positionieren? Natürlich beobachten wir die Aktivitäten in Hannover sehr genau. Ich glaube aber, dass wir mit unserem Sprinter die Benchmark im Segment bieten, auch was die Angebotsbreite von 2000 Varianten angeht. Außerdem ist der Sprinter weltweit etabliert. Der Crafter wurde bisher bei Mercedes im Werk Düsseldorf produziert. Wie werden die dadurch wegfallenden Einheiten in der Produktion ersetzt? Wir benötigen die frei werdenden Kapazitäten dringend für uns selber. Sowohl im Werk Düsseldorf als auch in Ludwigsfelde arbeiten wir an der absoluten Kapazitätsgrenze. Und trotzdem wurden in Düsseldorf zehn Prozent der Stellen gestrichen. Das hat aber nichts mit der Einstellung der Crafter-Produktion zu tun. Sondern vielmehr damit, dass wir Fahrzeuge für die USA aufgrund der Zollbedingungen bisher zerlegen und in Einzelteilen versenden mussten. Wenn wir den Sprinter künftig in unserem Werk in den USA fertigen, fallen diese Stückzahlen natürlich weg. Wie nehmen die preissensiblen Gewerbekunden das optionale Angebot an Assistenzsystemen an? Sehr gut, das hat uns selbst etwas überrascht. Natürlich rechnen Gewerbekunden mit dem sehr spitzen Bleistift, aber immer mehr Kunden realisieren, dass sich mit Assistenzsystemen Unfälle und damit natürlich auch Kosten vermeiden lassen. Kürzlich feierte Daimler das 100. Van-Pro-Center. Ist der Service für Nutzfahrzeugkunden wichtiger als das Fahrzeug selbst? Das würde ich so nicht sagen. Aber natürlich ist ein guter Service entscheidend. Wie heißt es so treffend: Das erste Fahrzeug verkauft der Verkäufer, das zweite ein guter Service. Deshalb stehen wir im ständigen Dialog mit unseren Kunden und bekommen da sehr positive Rückmeldungen. Unsere Servicequalität sehen wir ganz klar als eine unserer Stärken. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Transporter www.verkehrsrundschau.de/dossiers Vita Volker Mornhinweg Der 56-Jährige ist seit April 2010 Leiter des Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Vans als Executive Vice President. Davor führte er über vier Jahre lang die High-Performance-Marke Mercedes-AMG in Affalterbach. Der V-Klasse-Fahrer hat eine Ausbildung zum Maschinenbauschlosser im Werk Sindelfingen bei Mercedes-Benz abgeschlossen, bevor er an der FH Esslingen Feinwerktechnik studierte. Nach seinem Abschluss war er als Ingenieur in verschiedenen Bereichen in Sindelfingen tätig. Von 2000 bis 2002 war Mornhinweg weltweit für die Planungsprozesse aller Mercedes-Benz-Montagewerke verantwortlich. Anschließend wurde er Werkleiter in Berlin. Von 2003 bis 2005 arbeitete er als Vice President in der Human Resources Business Unit und war für die weltweite Führungskräfte-Entwicklung verantwortlich. bj