Transporter sucht Transportfahrer

Liefery liefert oder lässt liefern. Zum selbst liefern greift das neu gegründete KEP-Unternehmen (siehe Kasten) auf eine Flotte von 120 eigenen Transportern, Mercedes Benz Vito Compact, zurück. Beim liefern lassen kommen Subunternehmer und selbstständige Kuriere zum Einsatz. "Die Zahl unserer Fahrer wächst rapide, wir sind bereits deutlich jenseits der 150 festangestellen", sagt Nils Fischer, der das operative Geschäft des Unternehmens verantwortet. Auch aktuell stelle Liefery "massiv ein". Die Stellen seien als Paket- oder Kurierfahrer ausgeschrieben. Kein einfacher Job für das Flottenmanagement, diesen Bedarf zu stillen. Liefery hat dazu in Berlin eigens ein 13-köpfiges Fahrerrecruiting-Team aufgebaut. Das kümmert sich um die erste Ansprache von potenziellen Bewerbern, die Vorauswahl, den Check der Bewerbungsunterlagen, die Vorstellungsgespräche und das anschließende Einarbeiten. Im Vorstellungsgespräch werden die Bewerber mit verschiedenen Szenarien aus ihrem künftigen Aufgabenbereich konfrontiert, mit denen die Recruitingexperten das Job-Verständis der Fahrer von morgen checken. Zum Einarbeiten gehört das Aufschalten der Fahrer auf die IT-Plattform von Liefery. Diese bringt Fahrer und Sendung zusammen. Die anschließende Ausbildung besteht aus einem Theorie- und einem Praxisteil. In der Theorie geht es um die Bedienung von Handhelds und Software sowie um die einzuhaltenden Auslieferstandards und Verhaltensweisen bei Kunden und Empfänger. Im praktischen Teil der Ausbildung begleitet ein erfahrener Kurier die Neulinge bei ihren ersten Liefertouren durch den Großstadtdschungel. Quereinsteiger willkommen Wie schwer es ist, neue Fahrer zu finden, ist regional unterschiedlich. "In Berlin ist es uns leicht gefallen, München ist dagegen schon herausfordernd", sagt Fischer. Je nach lokalem Arbeitsmarkt ist die Fahrerverfügbarkeit in der Aufbauphase "das größte Bottleneck". Der Markt für Lieferdienste wachse derzeit unglaublich. In München herrsche "gefühlt Vollbeschäftigung". Daher zahle Liefery dort auch höhere Gehälter als in Berlin. Genaue Zahlen nennt das Unternehmen nicht. Die Differenz entspreche in etwas dem Gefälle des Preisniveaus zwischen den Städten. Zudem würden wegen der geringeren Bewerberzahlen Fahrer eingestellt, die eine längere Anreise für den Job in kauf nehmen. Erfahrung als Fahrer in der KEP-Branche ist zwar gerne gesehen, aber kein Muss. "Wir nehmen auch Quereinsteiger aus anderen Branchen, Bäcker zum Beispiel", so Fischer. Die formelle Messlatte hat Fischer nicht zu hoch gehängt: Führerschein, Arbeitserlaubnis und ein "lupenreines" polizeiliches Führungszeugnis. Wichtig sind ihm Erscheinungsbild, Auftreten und die Sprachfähigkeiten seiner künftigen Mitarbeiter. "Die müssen sich mit dem Endkunden verständigen können. Mitunter gibt es schwierige Themen wie Nachbarschaftsabgaben oder ausgefallene Ablageorte für die Sendung". Die Fahrzeuge least Liefery mit Laufzeiten von 12 bis 36 Monaten. Dadurch könne das Unternehmen flexibler auf steigende Paketaufkommen reagieren und einfacher von der Compact-Version des Vito auf die lange Ausführung umstellen, als dies bei einem Kauf ist. Als Mindestausstattung ordert Liefery Freisprecheinrichtung, Multifunktionslenkrad, Laderaumbeleuchtung, Parkdistancecontrol und Rückfahrkamera. Mit letzteren Hilfsmitteln will Liefery Parkschäden im Stadtverkehr gering halten. Eine Klimaanlage ist nicht an Bord. Der ständige Wechsel zwischen dem gut gekühlten Fahrzeug und der warmen Umgebungstemperatur würde die Krankheitszahlen erhöhen. In Sachen Verbrauch ist Fischer mit den Vitos zufrieden: "Wir sind nicht weit vom angegebenen Normverbrauch weg". Das hänge aber auch davon ab, wie diszipliniert die Fahrer unterwegs seien. Künftig will Fischer auch das Car-Sharing-Angebot seines Fahrzeuglieferanten testen. Dann lässt sich der Lieferdienst das Fahrzeug zum Liefern liefern. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Transporter www.verkehrsrundschau.de/dossiers So funktioniert Liefery Mit Händlern und IT zum Erfolg im KEP-Markt Liefery sieht sich nicht als klassischer KEP-Dienst sondern als eine Technologie- und Service-Plattform für die taggleiche Lieferung von online und offline gekauften Waren. In rund 60 deutschen Städten beliefert das Unternehmen Kunden seiner Handelspartner innerhalb von 90 Minuten oder in Wunschzeitfenstern. Zu den Kunden zählen Händler wie Amazon, Zalando, Mövenpick, Depot und SportScheck. Aktuell nutzen gut 1700 Einzelhändler und rund 25 große Handelsketten den Service. Gemeinsam mit diesen Partnern stellt Liefery jeden Monat 250.000 Sendungen zu. Die monatliche Wachstumsrate beträgt nach eigenen Angaben seit Einführung des Service im Juli 2014 rund 30 Prozent.Weitere Geldgeber gesuchtGegründet wurde das Unternehmen mit Hauptsitz in Frankfurt am Main 2014 von Nils Fischer, Franz-Joseph Miller und Jan Onnenberg. Neben der Zentrale gibt es Standorte in Berlin und München. Aktuell zählt Liefery 100 Mitarbeiter und gut 2500 Kuriere.Für die weitere Finanzierung spricht das Unternehmen derzeit mit Investoren. Aktuelle Anteilseigner sind die Otto-Tochter Hermes sowie BPO Capital, die beide im Juli 2015 eingestiegen sind. Die Mehrheit der Anteile liegt noch bei den drei Gründern, die das Unternehmen im Rahmen eines Management Buy Out von der Lufthansa-Cargo-Tochter TimeMatters übernommen hatten. Bisher haben die Drei nach eigener Aussage "Kapital im deutlich siebenstelligen Bereich" eingesammelt.Derzeit schreibt das Unternehmen noch rote Zahlen, sieht sich aber aufgrund des skalierbaren Geschäftsmodells und des Volumenwachstums auf einem guten Wege die Gewinnschwelle zu erreichen. Für wann diese im Businessplan vorgesehen ist, wird ebenso wenig genannt wie absolute Zahlen zu Umsatz und Ergebnis. Die Marge für Liefery ergibt sich den Angaben nach aus der Differenz zwischen den Kosten des Kuriers pro Zustellung und dem durch den Händler generierten Transportumsatz. sv

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