Wie bewertet die EU das Urteil zu Fahrverboten?

Vergangene Woche hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Fahrverbote in deutschen Städten zulässig sind. Wie haben Sie das Urteil aufgefasst? Wenn Fahrzeughersteller tricksen, dann ist eigentlich nach europäischem Recht die Betriebszulassung erloschen. Und deshalb sind sie besonders in der Pflicht, den Zustand herzustellen, von dem die Autofahrer beim Kauf ausgegangen sind. Die sträuben sich aber, die alten Diesel nachzurüsten. Nach meiner Meinung sollte die Automobilindustrie die Kosten für Nachbesserungen nach dem Verursacherprinzip tragen. Glauben Sie, dass sich Fahrverbote in deutschen Städten noch vermeiden lassen? Immerhin hat die EU zuletzt Druck auf die Bundesregierung gemacht, dass sie Maßnahmen zur Luftreinhaltung umsetzt. Gegen Deutschland und sieben weitere Mitgliedstaaten laufen aktuell Vertragsverletzungsverfahren. Nicht wegen zu hoher Feinstaubwerte - die haben wir in Europa inzwischen gut im Griff -, sondern wegen der Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte. Dieser Prozess läuft parallel zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und den Bemühungen der Bundesregierung. Die EU-Kommission schaut ganz genau hin, was Deutschland jetzt macht. Ich erwarte dennoch, dass Fahrverbote in unseren Innenstädten das letzte Mittel bleiben. Ein anderes Aufregerthema, mit dem sich die EU beschäftigt, sind Verstöße gegen die Kabotage-Regelungen sowie Lenkund Ruhezeitvorschriften im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr. Wie steht es um das Mobilitätspaket, das diesbezüglich eine unionsweite Reform vorsieht und diese Probleme lösen soll? Auf der Ebene der Mitgliedstaaten tagen im europäischen Rat noch Arbeitsgruppen zu den Reformvorhaben im Straßengüterverkehr. Wir hatten im europäischen Parlament bis Ende Februar die Möglichkeit, Änderungsanträge zu stellen, und jetzt gehen wir in die heiße Phase. Ziel ist es, dass wir im Herbst mit den Mitgliedstaaten über das Mobilitätspaket verhandeln können und in dieser Legislaturperiode des Europaparlaments - also bis Ende 2019 - fertig werden. Wie sehen Sie als Mitglied des Europaparlaments einerseits und CSU-Politiker mit Wahlkreis in Bayern andererseits die Lkw-Blockabfertigung der Tiroler Landesregierung? Ausgesprochen kritisch. Die Blockabfertigung führt zu langen Staus und einer Abgasbelastung in Bayern, während sich Österreich einen schlanken Fuß macht. Das ist alles andere als gutes nachbarschaftliches Verhalten. Darüber hinaus halte ich sie für einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs in Europa. Die Leidtragenden sind alle Verkehrsteilnehmer am Brennerübergang und an der deutsch-österreichischen Grenze in Kufstein. Dass die europäische Kommission dem Treiben bislang tatenlos zuschaut, halte ich für einen Skandal und habe deswegen auch bereits mehrfach bei der zuständigen Verkehrskommissarin interveniert. Sie ist sonst immer schnell dabei, mit den vier Grundfreiheiten nahezu alles zu rechtfertigen. Ich habe kein Verständnis, dass sie bei diesem Thema bislang untätig geblieben ist. Und wie bewerten Sie den Brenner-Gipfel? Die bislang vereinbarten Maßnahmen werden allenfalls mittel- bis langfristig zu Verbesserungen führen. Kurzfristig haben die Vermittlungsversuche der EU-Kommission wenig gebracht. Ich würde mir eine härtere Gangart gegenüber der österreichischen Regierung wünschen. Politik zwischen Brüssel und Schwaben Als Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europaparlament beschäftigt sich Markus Ferber auch regelmäßig mit der unionsweiten Verkehrspolitik. Aktuell verfolgt der Augsburger von Brüssel aus neben dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit von Diesel-Fahrverboten vor allem das im vergangenen Frühjahr vorgelegte EU-Mobilitätspaket und die Tiroler Verkehrsbeschränkungen am Brenner. ag

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