Dessau-Roßlau. Um schwere Unfälle mit Lastwagen zu verhindern, sind aus Sicht von Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel neue gesetzliche Regeln nötig. Die Ausrüstungspflicht, etwa für automatische Notbremssysteme, müssten verschärft werden, sagte der CDU-Politiker nach einer Diskussion mit Sicherheitsexperten am Donnerstag in Dessau-Roßlau.
Mehr Kontrollen gefordert
„Die Technik ist hier schon weiter als die Politik.“ Webel sprach sich zudem für mehr Kontrollen und schärfere Sanktionen aus, wenn Fahrer den nötigen Sicherheitsabstand nicht einhielten. Zudem müsse ihre Ausbildung verbessert werden.
Seit November 2015 müssen alle neu zugelassenen Lastwagen über ein automatisches Notbremssystem verfügen. Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, dass das System auch bis zum Stillstand abbremsen kann. Die Technik könne dies bereits, sagte Dieter Schoch, Lkw-Sicherheitsexperte bei Daimler.
84 Prozent der Lkw-Unfälle vermeidbar
Die Unfallforschung der Versicherer kam vor kurzem in einer Studie zu dem Schluss, dass 84 Prozent der Lkw-Unfälle vermeidbar oder zumindest die Folgen reduzierbar gewesen wären, wenn alle Laster über ein solche Bremssystem verfügt hätten. Derzeit sind den Experten zufolge erst etwa ein Drittel der Lastwagen auf deutschen Straßen mit der oft lebensrettenden Technik ausgestattet.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Betrachtet man alle Unfälle in Sachsen-Anhalt, sind Lastwagen nur an 14,4 Prozent beteiligt. Auf Autobahnen ist es dagegen mit einem Lkw-Anteil von 42,7 Prozent fast jeder zweite Unfall. Ob auf Autobahnen oder insgesamt: In rund drei Viertel der Fälle ist ein Lastwagen der Unfallverursacher. 2016 krachte es auf Autobahnen 2026 Mal mit Lkw-Beteiligung, die Zahlen haben in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen.
Angesichts des hohen Verkehrsaufkommens habe man bereits viel erreicht, sagte Jörg Kuske, Verkehrsexperte im Innenministerium. Die neueste Statistik von 2017 hat das Innenministerium noch nicht veröffentlicht.
Oft kracht es am Stauende
Häufige Unfallursache: Der Lkw-Fahrer übersieht ein Stauende und kracht oft mehr oder weniger ungebremst in die vor ihm stehenden Autos - für deren Insassen kann das tödlich enden. So wurde etwa im September 2017 ein 62 Jahre alter Autofahrer auf der A14 bei Halle getötet. Ein Lkw-Fahrer war mit seinem Sattelschlepper auf ein Stauende aufgefahren und hatte sechs Autos zusammengeschoben.
Webel will deshalb auf europäischer Ebene Gesetze verschärfen. Brüssel sei gefordert, Ausrüstungspflichten anzupassen und dafür zu sorgen, dass die Technik moderner Assistenzsysteme auch tatsächlich genutzt werden könne, betonte er. „Sachsen-Anhalt allein kann hier nichts tun.“ Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sei vorgesehen, eine Nachrüstpflicht für ältere Lkw zu prüfen. Er werde das Thema auch bei der nächsten Konferenz der Verkehrsminister im April erneut zur Sprache bringen. (dpa/ag)