Berlin. Die schwierige Suche nach einem Topmanager für den krisengeplagten Hauptstadtflughafen ist beendet. Die Eigentümer Brandenburg und Berlin einigten sich auf den Ex-Rolls-Royce-Manager Karsten Mühlenfeld einen neuen Flughafenchef - und zwar ohne Unterstützung des Bundes. Der bisherige Geschäftsführer Hartmut Mehdorn geht spätestens Ende Juni. Das hat er bereits vor Weihnachten angekündigt. Wie aufreibend der Job ist, hat Mehdorn selbst durchblicken lassen: Die zwei Jahre im Amt waren für ihn „gefühlt 20 Jahre”.
Die Baustelle: Es klingt paradox, aber die nicht enden wollende Kabelzieherei dürfte zunächst eine der geringeren Sorgen sein. Nach einem halben Jahr im Amt scheint der neue Technikchef Jörg Marks einen klaren Plan zu haben, wie er das „Monster” - so das interne Schmähwort für die Brandschutzanlage - zum Laufen bringt. Den Aufsichtsrat jedenfalls hat der frühere Siemens-Manager restlos überzeugt. „Da gibt es keine irgendwie gearteten Pleiten mehr”, versicherte Mehdorn.
Die Baugenehmigungen: Spätestens Ende 2017 sollen die ersten Maschinen abheben. Das Bauende ist für spätestens Juni 2016 vorgesehen. Hier muss der Neue den Druck im Kessel halten, damit nicht wieder Stillstand einkehrt. Denn 2016 laufen wichtige Baugenehmigungen aus - im Oktober die für das Hauptterminal, im August für dessen Südflügel. Dann müssten neue Anträge gestellt werden - zu strengeren Kriterien für Klimaschutz und Barrierefreiheit, wie der zuständige Landrat Stephan Loge hervorhebt. Das bedeutet: Es müsste wieder umgebaut werden.
Die Finanzen: 5,4 Milliarden Euro, das ist der zuletzt genannte Preis des Projekts - und auch diese Summe wird nicht reichen, wie Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider vor Weihnachten zugab. Der Bund bereitet bei der EU schon das Feld für die nächste Milliarde. Dabei ist nicht mal klar, woher der jüngste Nachschuss von 1,1 Milliarden Euro kommen soll, den der Aufsichtsrat im vorigen Juni beschloss. Bei den Eigentümern Brandenburg, Berlin und dem Bund gibt es Widerstand gegen weitere Zuschüsse an die Flughafengesellschaft. Entweder überzeugt der neue Flughafenchef Mühlenberg die Parlamente oder er muss bei Banken sein Glück versuchen - beides nicht einfach bei der Vorgeschichte der berüchtigsten Baustelle Deutschlands.
Der Ausbau: Der neue Flughafen ist zu klein, weil die Planer das kräftige Wachstum der Passagierzahlen so nicht erwartet hatten. 28 Millionen waren es 2014, und die Verantwortlichen rechnen damit, dass die Zahl weiter in die Höhe schießt. Der BER bietet aber eigentlich nur Platz für 27 Millionen. Mehdorn hatte im Dezember ein weiteres, weitgehend eigenständiges Terminal für acht bis zehn Millionen Passagiere neben dem Nordflügel des Hauptterminals vorgeschlagen. Auch sein Nachfolger muss die Erweiterung planen, will er nicht Airlines abweisen. Doch davon muss er viele Menschen in der dicht besiedelten Flughafenregion überzeugen, sonst drohen neue Proteste. Selbst gegen eine dritte Startbahn, die niemand plant, läuft in Brandenburg bereits eine Volksinitiative.
Der Aufsichtsrat: Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt - an dem es Mehdorn oft fehlte. Er klagte darüber, dass die Politiker im Kontrollgremium mit dem Flughafen Politik machten, wann immer irgendwo Wahlkampf ist - und das ist bei drei Eigentümern (Berlin, Brandenburg, Bund) häufig der Fall.
Das Ansehen des Projekts: Ist ziemlich ramponiert. Alle Versuche Mehdorns, den Ruf des dereinst drittgrößten deutschen Flughafens aufzupolieren, schlugen fehl, weil einer guten Nachricht meist ziemlich schnell der nächste Flop folgte. Was auch damit zusammenhängt, dass bei dem hoch politisierten Projekt viele ihr eigenes Süppchen kochen. (dpa)