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Warum polnische Unternehmer den deutschen Mindestlohn ablehnen

21.01.2015 10:53 Uhr
Warum polnische Unternehmer den deutschen Mindestlohn ablehnen
Pawel Grabski ist als Vorstand des Posener Transportunternehmens Grabski hauptsächlich für Kundenkontakte zuständig
© Foto: Grabski

Pawel Grabski, Vorstandsmitglied der polnischen Spedition Grabski, hält die Anforderung an ausländische Unternehmen, künftig bei Fahrten nach Deutschland den Mindestlohn zu bezahlen für nicht durchsetzbar.

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VR: Welche Auswirkungen hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland auf Ihr Geschäft?
Pawel Grabski:Ich möchte vorausschicken, dass die polnischen Fahrer nicht so wenig verdienen, wie mancher glauben mag. Ein Fernverkehrsfahrer kommt in den meisten Fällen am Monatsende auf über 8,50 Euro pro Stunde. Das Problem – und hier kollidieren wir mit dem deutschen Mindestlohngesetz – liegt in der Zusammensetzung der Entlohnung. In Polen macht das zu versteuernde Grundentgelt eines Fahrers nur einen Teil des Gesamtverdienstes aus. Hinzu kommen im Fernverkehr Tagespauschalen, die in Polen nicht zu versteuern sind und nicht den Sozialabgaben unterliegen. Bei der Bemessung des Mindestlohns in Deutschland werden die Tagespauschalen nicht angerechnet.

Wie viel verdient ein Fahrer im Fernverkehr konkret in Polen?
Im internationalen Transport kann ein Fahrer auf über 1500 Euro kommen. Den Hauptteil machen allerdings die Tagespauschalen aus, die keinen Sozialabgaben unterliegen. Um dem Mindestlohn nach deutscher Lesart zu entsprechen, müssten wir theoretisch zu Ungunsten der Tagespauschalen das Grundgehalt etwa verdreifachen – und der Fahrer hätte am Monatsende dann trotzdem weniger in der Tasche. Für unser Unternehmen wären die Lohnkosten in so einem Fall nicht akzeptabel.

Wie hoch ist der Mindestlohn in Polen?
Er liegt bei 1750 Polnische Zloty brutto, was je nach Wechselkurs umgerechnet 405 bis 435 Euro brutto im Monat ergibt. Hinzu kommen bei Fahrpersonal dann die Verpflegungspauschale und Zulagen.

Ist das Thema schon bei den polnischen Unternehmen angekommen und was tun die Verbände?
Das Thema wird hier momentan natürlich sehr kontrovers diskutiert. Die Unternehmen wenden sich mit ihren Fragen vor allem an die Verbände, die ihrerseits bei den politischem Vertretern Druck machen. Wir können den Mindestlohn jedenfalls in der jetzigen Form keinesfalls akzeptieren. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das so in der Praxis durchgesetzt, geschweige denn kontrolliert werden kann.

Die Osteuropäer haben in Brüssel gegen den deutschen Mindestlohn protestiert …
Die polnischen Speditionsunternehmer empfinden den Mindestlohn ganz klar als eine Art von Protektionismus, der zu Wettbewerbsverzerrungen führt und die freie Marktwirtschaft beeinträchtigt.

Der Zoll möchte aber trotzdem, dass Sie Transporte nach Deutschland anmelden und versichern, den Mindestlohn zu bezahlen. Füllen Sie diese Dokumente aus?
Das Anmeldeformular liegt bei mir auf dem Schreibtisch und da bleibt es vorerst liegen. Wir füllen diese Formulare bewusst nicht aus. Wir könnten ja auch nicht versichern, was nicht den Tatsachen entspricht. Wir bezahlen nun mal keine 8,50 Euro Grundlohn. Wir haben auch schon Anfragen von deutschen Speditionen, die von uns eine schriftliche Erklärung verlangen, dass wir uns an den Mindestlohn halten. Auch das versuchen wir bis auf Weiteres zu verweigern.

Haben Sie deshalb schon Aufträge aus Deutschland verloren?
Die Anfragen kommen hauptsächlich von großen Speditionen, für die wir zum Teil auch Kabotage in Deutschland fahren. Bisher gab es noch keine Reaktionen, es steht aber zu befürchten, dass sie den Auftrag irgendwann nicht mehr vergeben. Andererseits sind die deutschen Spediteure auch in hohem Maße auf uns angewiesen. 

Was tun Sie, wenn sich an der rechtlichen Situation nichts mehr ändert?
Die polnischen Unternehmen würden sicherlich einen Weg finden – wir erwarten hier eine Unterstützung seitens Branchenverband. Eine Beispiellösung wäre ein Werkvertrag mit einem Fahrer.
Die Frage ist wie das Ganze von den deutschen Behörden kontrolliert werden soll. Das ist aus meiner Sicht zu diesem Zeitpunkt und aktueller polnischen fiskalen und sozialen Gesetzgebung nicht darstellbar.

Das Interview führte VR-Redakteur Dietmar Winkler

Hintergrund:
Das Transportunternehmen Grabski in Posen wurde 1984 von Miroslaw Grabski gegründet. Als  typischer Familienbetrieb mit eigenem Fuhrpark (40 Einheiten) ist der polnische Frachtführer auf Export- sowie Importlieferungen zwischen Polen und anderen EU-Ländern mit Schwerpunkt Deutschland spezialisiert. Die Anforderungen an ausländische Unternehmer rund um den Mindestlohn hält er für unrealistisch. (diwi)

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